Geplatzte Pkw-Maut Bund prüft Regressforderung gegen Scheuer
Wegen der geplatzten Pkw-Maut muss der Bund 243 Millionen Euro zahlen - und prüft nun Regressforderungen gegen Ex-Verkehrsminister Scheuer. Der verteidigt sich: Es sei "weder ein alleiniges CSU- noch ein Scheuer-Projekt" gewesen.
Das Bundesverkehrsministerium prüft im Fall der geplatzten Pkw-Maut Regressforderungen gegen den früheren Verkehrsminister Andreas Scheuer. Das sagte ein Sprecher von Scheuers Amtsnachfolger Volker Wissing auf eine entsprechende Frage. Es stehe aber noch nicht fest, ob Forderungen gegen den CSU-Politiker geltend gemacht würden.
Seit Mittwoch ist klar, dass der Bund eine hohe Summe Schadenersatz an die vorgesehenen Betreiberfirmen zahlen muss. Scheuer hatte das Projekt als Verkehrsminister in der damaligen Bundesregierung vorangetrieben, doch der Europäische Gerichtshof (EuGH) stoppte es im Juni 2019 als rechtswidrig. Der Bund kündigte daraufhin die Verträge mit den vorgesehenen Betreibern, welche zunächst 560 Millionen Euro forderten. Es folgte ein Schiedsverfahren, in dieser Woche kam es zur Einigung: Demnach muss der Bund 243 Millionen Euro zahlen.
Wissing sprach von einer "bitteren" Summe und nannte die Pkw-Maut einen schweren Fehler. Er bedauere, dass die Schadenersatzsumme nicht für Investitionen zur Verfügung stehe, so der FDP-Politiker.
Hofreiter: Scheuer "direkt persönlich verantwortlich"
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Anton Hofreiter erklärte, er sehe "Herrn Scheuer direkt persönlich verantwortlich für das Scheitern der Pkw-Maut und damit auch für die anstehenden Zahlungen". Scheuer müsse persönlich zur Verantwortung gezogen werden, forderte er in der "Bild". "Hierbei müsste man auch eine stärkere persönliche finanzielle Haftung diskutieren, auch generell bei ähnlich gelagerten Fällen."
Die CSU-Spitze hat sich bisher trotz Anfragen nicht zu dem finanziellen Schaden für die deutschen Steuerzahler geäußert. Scheuer selbst sagte den Zeitungen der Mediengruppe Bayern: "Ich kann den Unmut gut verstehen. Die Kritik nehme ich mir sehr zu Herzen." Über das gescheiterte Projekt ärgere er sich wohl selbst am allermeisten.
Scheuer betonte aber auch, die Pkw-Maut sei "weder ein alleiniges CSU- noch ein Scheuer-Projekt" gewesen. "Bundesregierung, Bundestag, Bundesrat und Bundespräsidenten haben die Gesetze vor meiner Zeit als Bundesminister verabschiedet. Meine Pflicht war es, dann Gesetz umzusetzen."
Können (Ex-)Minister haftbar gemacht werden?
Bereits 2010 hatte die Grünen-Abgeordnete Bärbel Höhn schriftlich den Bundestag gefragt, ob Mitglieder der Bundesregierung auf Schadenersatz in Regress genommen werden können. Höhn bezog ihre Anfrage konkret auf den Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge im Namen der Bundesrepublik und mögliche Grenzen einer Vertretungsvollmacht. Die Antwort damals lautete: "Das Bundesministergesetz enthält keine haftungsrechtlichen Regelungen für Mitglieder der Bundesregierung."
Das Bürgerliche Gesetzbuch legt in Paragraf 839 zwar fest, dass ein Beamter, der mit Vorsatz oder zumindest fahrlässig seine Amtspflicht gegenüber Dritten verletzt, ihnen den entstehenden Schaden ersetzen muss. Dieser Paragraf muss nach Angaben der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags aber im Zusammenhang mit Grundgesetz-Artikel 34 gesehen werden. Demnach geht die Haftung auf den Staat über. Der hat dann die Möglichkeit, in Fällen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit Regress bei seinem Beamten zu nehmen.
Diese Möglichkeit des Staats bedürfe jedoch eines entsprechenden Gesetzes oder einer vertraglichen Grundlage, schrieb der Wissenschaftliche Dienst. Das Bundesministergesetz sehe eine solche Rückgriffsmöglichkeit nicht vor. Für die strafrechtliche Verantwortung von Amtsträgern würden dagegen andere Regeln gelten - doch dabei gehe es um Delikte wie Bestechlichkeit oder Nötigung.