Fragen und Antworten zur Pkw-Maut Wer zahlt, wer profitiert?

Stand: 31.10.2013 18:13 Uhr

Kommt sie oder kommt sie nicht? Die Pkw-Maut ist einer der Streitpunkte bei den Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD. Was für Modelle werden derzeit diskutiert? Wer profitiert von einer Maut? Und was würde die Einführung kosten? Hintergründe von tagesschau.de.

Von Jan Ehlert, tagesschau.de

Was würde eine Pkw-Maut einbringen?

Hier kursieren unterschiedliche Zahlen. Nimmt man ausschließlich die Mautgebühren durch ausländische PKW als Grundlage, dann rechnet der Mautbetreiber Ages mit Zusatzeinnahmen von rund 900 Millionen Euro. Das Unternehmen geht dabei von einer Jahresgebühr in Höhe von 100 Euro pro Vignette aus.

Der ADAC kommt dagegen zu einem deutlich geringeren Einnahmenplus. Mauteinnahmen durch ausländische Pkw könnten maximal Einnahmen von 260 Millionen Euro generieren, heißt es in einer aktuellen Studie des Verbandes. Auch der ADAC hat für diese Berechnung eine Jahresmautgebühr von 100 Euro angenommen. Allerdings gehen beide Studien von unterschiedlichen Annahmen darüber aus, wie häufig besonders grenznah wohnende Ausländer die deutschen Autobahnen nutzen.

Beide Studien bleiben in ihren Berechnungen deutlich unter dem Betrag, den Verkehrsminister Peter Ramsauer für den Ausbau des Straßennetzes veranschlagt hat. Im Wahlprogramm forderte die Union fünf Milliarden Euro mehr für die Bundesfernstraßen.

Was kostet die Einführung einer Maut?

Allgemein gehen Experten von Erhebungskosten in Höhe von rund 10 Prozent aus. Darin ist jedoch nur die Produktion und Ausgabe von Vignetten berechnet, nicht ein möglicher Kontrollmechanismus. Nach Angaben von Ages würden dadurch jedoch keine Mehrkosten entstehen: Die Kontrolle der Vignetten könne sich durch die erhobenen Bußgelder für Mautsünder finanzieren.

Unterschiedliche Annahmen gibt es jedoch darüber, welche Kosten durch die Erhebung der Mautgebühren bei deutschen Autofahrern entstehen. Ages rechnet hierfür keine weiteren Kosten ein, da die Mautgebühr direkt mit der Kfz-Steuer erhoben werden könnte. In seiner Studie geht Ages daher von einem Reingewinn in Höhe von 800 Millionen Euro aus. Der ADAC schlägt dagegen Erhebungskosten für alle Autofahrer an, also auch für die deutschen Pkw-Besitzer. Wenn also tatsächlich die Maut vollständig mit der Kfz-Steuer verrechnet werden sollte, bliebe überhaupt kein Gewinn mehr übrig, sagt Jürgen Albrecht vom ADAC gegenüber tagesschau.de.

Was bedeutet das für deutsche Autofahrer?

Nach Angaben des Verkehrsministeriums sollen durch eine Maut keine Mehrkosten für deutsche Pkw-Besitzer entstehen. Zwar müssten auch sie eine Maut entrichten, also zum Beispiel eine Vignette kaufen. Die entstehenden Kosten sollen aber mit der Kfz-Steuer verrechnet werden. CSU-Parteichef Seehofer schlug beispielsweise vor, den deutschen Bürgern mit ihrem Steuerbescheid automatisch eine Vignette mitzuschicken.

Verkehrsexperte Thomas Puls vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln befürchtet durch eine Vignette dagegen Nachteile für deutsche Autofahrer. So würden etwa Besitzer von modernen, emissionsarmen Pkw, die bislang eine geringere Kfz-Steuer zahlen, durch eine allgemeine Maut zusätzlich belastet. Negative Auswirkungen befürchtet er auch für die Unfallstatistik. Viele Autofahrer würden auf Bundesstraßen ausweichen, um die Vignettenpflicht zu umgehen. Die Zahl der Verkehrsunfälle auf diesen Strecken werde also deutlich ansteigen.

Umstritten ist auch ein weiterer Punkt, nämlich die Frage, wohin mögliche Mehreinnahmen aus der Maut fließen könnten. Verkehrsminister Ramsauer bekräftigte, dass die Einnahmen zum Ausbau oder zur Erneuerung des Straßennetzes verwendet werden sollen: "Wir wollen, dass Mittel, die aus der Straße kommen, wieder zweckgebunden und unmittelbar in die Straße investiert werden."

Verkehrsexperte Thomas Puls vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln bezweifelt dies und verweist auf die Einnahmen aus der LKW-Maut. Trotz der zusätzlichen Einnahmen von rund drei Milliarden Euro seien die Gesamtinvestitionen in das Bundesfernstraßennetz seit Einführung der Maut 2005 nahezu konstant geblieben.

Welche Erfassungsmodelle werden diskutiert?

Im Gespräch sind derzeit hauptsächlich zwei Modelle: Eine Einmalzahlung in Form einer Vignette und eine kilometerbezogene Erhebung. Verkehrsminister Ramsauer sprach sich in mehreren Interviews für eine Vignette aus. Dies wäre "am einfachsten, schnellsten und billigsten", sagte er der AutoBild. Andere Modelle, die an Tageszeiten oder Entfernungen anknüpfen oder satellitengestützt seien erschienen vielleicht zunächst gerechter: "Aber all das dauert natürlich länger und ist technisch anfälliger."

Der ADAC hält eine Vignette dagegen für ungerecht. Menschen, die seltener die Autobahn benutzen, würden damit stärker belastet als Vielfahrer, kritisiert der Verband. Auch Thomas Puls vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln hält eine kilometergebundene Maut für die einzig sinnvolle Variante. Allerdings sei diese nicht ohne großen Mehrkostenaufwand und weitreichende institutionelle Reformen zu realisieren.

Wie ist die Maut in anderen EU-Ländern geregelt?

In 21 europäischen Ländern wird von Autofahrern eine Maut erhoben. 13 Länder, darunter die deutschen Nachbarstaaten Frankreich, Italien und Polen, erheben eine streckenbezogene Maut. Hier zahlen Autofahrer also anhand der Kilometer, die sie tatsächlich auf den Schnellstraßen der Länder unterwegs sind. In acht europäischen Staaten gibt es eine Vignettenpflicht für die Autobahnnutzung. Diese variiert von 28 Euro pro Jahr in Rumänien bis zu 145 Euro pro Jahr in Ungarn. Die deutschen Pläne orientieren sich allgemein am Vignettensystem in Österreich. Hier zahlen Autofahrer rund 80 Euro pro Jahr.

Durch europäisches Recht ist festgelegt, dass es neben den Jahresvignetten auch die Möglichkeit geben muss, für kürzere Zeiträume eine Benutzungserlaubnis für Autobahnen zu erwerben. In der Regel sind dies Zeiträume von zehn Tagen und einem Monat. In Slowenien und Rumänien gibt es dagegen eine Vignette für sieben Tage, in Österreich für zwei Monate.

Wie stehen die Parteien dazu?

Die Forderung nach einer Pkw-Maut geht auf die CSU zurück. Pläne dafür gibt es bereits seit längerem im CSU-geführten Verkehrsministerium. Allerdings wurde das Thema erst im Wahlkampf durch Parteichef Horst Seehofer öffentlich diskutiert.

SPD, Grüne und Linkspartei lehnen eine Pkw-Maut weiter ab. Für die SPD liegt das Problem dabei jedoch nicht in einer Mautgebühr für ausländische Pkw-Fahrer. "Für uns war das Problem, dass deutsche Autofahrer belastet werden. Das wird der Knackpunkt bleiben", sagte SPD-Verkehrsexperte Florian Pronold.

Die Bundesverkehrsministerkonferenz schloss auf ihrer Sonderkonferenz Anfang Oktober eine Pkw-Maut dagegen nicht ausdrücklich aus. "Hinsichtlich der Neuschaffung von Gebühren/Abgaben für Pkw gilt, dass diese EU-rechtskonform sein müssen", heißt es in dem Abschlusspapier des Treffens. Diese Frage sei weiterhin offen, sagte ein Sprecher des sozialdemokratischen Verkehrsministers Reinhard Meyer, der derzeit Vorsitzender der Ministerkonferenz ist.