Corona-Isolationspflicht Kritik an Lauterbachs Schlingerkurs
Erst freiwillig, nun doch wieder verpflichtend: Das Zurückrudern von Gesundheitsminister Lauterbach bei der Corona-Isolation sorgt für Kritik. Zunehmend benommen und angezählt wirke Lauterbach, heißt es aus der Union.
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wegen dessen Zurückrudern bei der geplanten Aufhebung der Corona-Isolationspflicht kritisiert. Bis Dienstagabend sei man davon ausgegangen, dass die Pflicht aufgehoben werde, sagte Merz im Deutschlandfunk. "Das hat der Bundesgesundheitsminister gestern Nacht in einer Talkshow zurückgenommen."
Daran sei zu sehen, wie "kurzatmig" regiert werde, sagte Merz. Beschlüsse hätten nicht einmal 48 Stunden Geltung. "Diese Art der Politik - rein und raus, vor und zurück, über Talkshows anzukündigen, was man macht und was man zwei Tage später wieder nicht macht - den Weg gehen wir nicht mit", sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
"Zunehmend benommen und angezählt"
Kritik kam auch vom stellvertretenden Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Sepp Müller. Lauterbachs Pandemie-Politik und die Rücknahme der freiwilligen Isolation verwirrten die Menschen, sagte er. Der Bundesgesundheitsminister scheine "zunehmend benommen und angezählt".
Auch der SPD-Politiker und Bürgermeister von Bremen, Andreas Bovenschulte kritisierte den Rückzug Lauterbachs. "Da treffen Bund und Länder eine gemeinsame Entscheidung nach langer Diskussion in der Gesundheitsministerkonferenz und dann wird die zwei Tage später in einer Talkshow einfach abgeräumt. Das ist schon eine kommunikative Fehlleistung erster Güteklasse", so Bovenschulte. Das habe auch das Vertrauen der Bevölkerung in eine ordnungsgemäße Corona-Politik beschädigt, sagte er Radio Bremen.
Der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) kritisierte das Zurückrudern des Gesundheitsministers ebenfalls. "Freiwilligkeit, nicht Freiwilligkeit - das ist ja ein Chaos in der deutschen Politik zur Zeit leider", sagte BGA-Präsidiumsmitglied und Logistik-Manager Carsten Taucke.
"Hier habe ich einen Fehler gemacht"
Lauterbach hatte sich nach scharfer Kritik zuvor dann doch gegen eine Freiwilligkeit bei der Isolation von Corona-Infizierten ausgesprochen. "Die Beendigung der Anordnung der Isolation nach Coronainfektion durch die Gesundheitsämter zugunsten von Freiwilligkeit wäre falsch und wird nicht kommen", schrieb er auf Twitter. "Hier habe ich einen Fehler gemacht. Das entlastet zwar die Gesundheitsämter. Aber das Signal ist falsch und schädlich.
Er erklärte weiter: "Corona ist keine Erkältung. Daher muss es weiter eine Isolation nach Infektion geben. Angeordnet und kontrolliert durch die Gesundheitsämter."
"Verheerendes Signal"
Lauterbach hatte in der ZDF-Talkshow "Markus Lanz" seine Kehrtwende angekündigt. Die Regelung werde er "wieder einkassieren", sagte er. Zwar hätten die Gesundheitsämter die Freiwilligkeit gefordert - Lauterbach sehe nun jedoch ein, dass es ein "verheerendes Signal" wäre, wenn ein Infizierter "selbst entscheidet, ob er zuhause bleibt oder nicht".
Der Gesundheitsminister erklärte bei "Markus Lanz" weiter: "Das Signal, das davon ausgeht, dass jemand, der isoliert ist, das dann selbst entscheidet, ob er zu Hause bleibt oder nicht - das ist so negativ, so verheerend, dass man an diesem Punkt eine Veränderung machen muss." Man müsse in der Lage sein, Dinge, die nicht gut gelaufen sind, zu korrigieren, so Lauterbach.
Daher sollten die Gesundheitsämter auch nach dem 1. Mai weiter Isolationsbescheide ausstellen - obwohl "das nicht kontrolliert werden kann" und die Gesundheitsämter ohne den bürokratischen Aufwand "mehr Zeit hätten, was anderes zu machen".
Brysch und Mihalic begrüßen Lauterbachs Kehrtwende
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz begrüßte die Kehrtwende des Gesundheitsministers. "Infizierte stecken andere Menschen mit dem Virus an und gefährden gerade Immungeschwächte, die mitten unter uns leben", sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch der Nachrichtenagentur AFP. Deshalb sei es gut, dass Lauterbach "seinen Fehler eingesehen hat und die Pflicht zur Isolation von Infizierten aufrecht erhalten will".
Brysch verwies auf den Unterschied zwischen Isolation und Quarantäne: "Die Isolationspflicht eines infizierten Menschen ist etwas anderes als die Quarantäne einer Kontaktperson." Letztere sei praktisch schon eingestellt worden. Es sei aber wichtig, Angehörigen von vulnerablen Menschen bei einer Warnmeldung der Corona-App die Möglichkeit eines PCR-Tests einzuräumen, sagte er.
Auch die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Irene Mihalic, begrüßte Lauterbachs Ankündigung, die verpflichtende Isolation bei einer Corona-Infektion beizubehalten. Sie finde es "anerkennenswert, dass er diesen Fehler korrigiert hat", sagte Mihalic. "Mit Blick auf die Quarantäne- und Isolationsregeln braucht es eine klare Kommunikation und wirklich Eindeutigkeit, Klarheit", so Mihalic weiter. "Die war sozusagen in den letzten Äußerungen von Herrn Lauterbach nicht da." Dies habe der Minister selbst als Fehler bezeichnet.
Gesundheitsämter wünschten sich Freiwilligkeit
Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern hatten sich zuvor darauf geeinigt, dass sich Corona-Infizierte ab dem 1. Mai nicht mehr verpflichtend in Isolation begeben. Die neuen Quarantäne- und Isolationsregeln sollen dann auf "Freiwilligkeit" beruhen. An der Neuregelung hatte es scharfe Kritik von der Opposition und Sozialverbänden gegeben.
Lauterbach kündigte nun weitere Informationen an und bekräftigte: "Der Fehler lag bei mir und hat nichts mit der FDP oder Lockerung zu tun. Es ging um Entlastung der Gesundheitsämter."