Kommentar

Pannen beim Bundesverfassungsschutz Fromms Rückzug kann nur der erste Schritt sein

Stand: 02.07.2012 16:15 Uhr

So ganz klar sind die Gründe noch nicht, aus denen Verfassungsschutzchef Fromm abgetreten ist. Eines ist jedoch offensichtliche, meint ARD-Terrorismusexperte Holger Schmidt: Fromm wirkte und agierte unglücklich. Wichtig ist, dass die Behörde jetzt grundlegend reformiert wird.

Ein Kommentar von Holger Schmidt, SWR

Von Holger Schmidt, SWR, ARD-Terrorismusexperte

Wollte Heinz Fromm Schaden von seinem Amt abwenden? War er es schlicht leid, dass ständig neue Unterstellungen über die Fehler seiner Behörde bekannt wurden - oder tatsächliche handfeste Pannen wie die Aktenvernichtung im November 2011? Fromm hat sich dazu noch nicht selbst geäußert. Dem "Spiegel" sagte er für die heute erschienene Ausgabe, ein erheblicher Vertrauensverlust und eine gravierende Beschädigung des Amtes seien eingetreten. Das klingt schon nach vorweggenommener Demission.

Man muss Fromm zu Gute halten, dass er seit Ende 2011 immer wieder glaubhaft betont hat, dass ihn die Entdeckung der Terrorzelle NSU schockiert hat und er zutiefst bedauerte, dass seine Behörde trotz ihrer Personalstärke und den nachrichtendienstlichen Befugnissen keinen blassen Schimmer von der Dimension des rechten Terrors in Deutschland hatte.

Aber es war eben andererseits auch Fromm als Präsident, der es nicht schaffte, sein Amt auf die richtige Spur zu setzen. Als er vor einigen Wochen in einem Radiointerview gefragt wurde, ob es den in der Vergangenheit richtig gewesen sei, dass die Landesverfassungsschutzbehörden selbst entscheiden konnten, über welche Vorgänge sie sein Bundesamt informieren, sagte Fromm den entlarvenden Satz: So sei eben die Vorschrift gewesen, und zur Erstellung eines Bundeslagebildes hätten die Informationen ja ausgereicht. Ein Visionär oder ein "Macher" war er sicher nicht.

Kein Mann für die Öffentlichkeit

Fromm war kein glücklicher Verfassungsschutzpräsident. Jedenfalls wirkte er nicht so. Journalisten haben es immer wieder beschrieben, dass er auf öffentlichen Veranstaltungen kaum aufgefallen ist und fast selbst wie ein Agent eher im Verborgenen wirkte. Ich selbst habe ihn in den vergangenen Jahren wie jemand wahrgenommen, dem der Kontakt zur Öffentlichkeit geradezu unangenehm zu sein schien.

Während andere Verfassungsschutzpräsidenten auf Landesebene oder seine Vorgänger und Stellvertreter ihre Rolle zu genießen schienen, gerne auch mal dozierten oder in kleinerem Kreis Anekdoten aus der Welt der Nachrichtendienste erzählten, wirkte Heinz Fromm stets so, als sei ihm die jeweilige Veranstaltung unangenehm und er wolle am liebsten gleich wieder gehen. Gerne erzählte er von seiner Zeit im Justizvollzug in Hessen - und es wirkte manchmal so, als sehne er sich dorthin zurück, statt sich für Fehler seiner Behörde angreifen oder - besonders von Otto Schily als Innenminister rüde maßregeln zu lassen.

Jetzt muss es eine Neuausrichtung geben

Doch die Fehler - man muss wohl sagen die Rechtsbrüche - seiner Behörde treffen ihn als Präsidenten. Deswegen ist sein Schritt konsequent - aber es kann nur der erste Schritt auf einem langen Weg zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes sein.

Interessant wird deshalb auch sein, wen Bundesinnenminister Friedrich zum Nachfolger macht. Im Gespräch sind mit Alexander Eisvogel, der derzeitige Vizepräsident, Günter Heiss, der Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt oder Johannes Schmalzl, der Stuttgarter Regierungspräsident. Alle haben zu Zeiten der NSU-Taten Landesämter für Verfassungsschutz geleitet, Eisvogel in Hessen noch dazu in der Zeit, als bayerische Polizisten gegen einen seiner Beamten ermittelten, weil der am Tatort eines Mordes gewesen war - und darüber schwieg. Ein Neuanfang sähe anders aus.

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