Energiekrise Wie Kliniken Energie sparen können
Krankenhäuser sind Großverbraucher in Sachen Energie. Ihre Einsparmöglichkeiten sind gering. Einige Kliniken versuchen es trotzdem, wie etwa das Krankenhaus Hubertus in Berlin.
Der Motor des Blockheizkraftwerks im Evangelischen Krankenhaus Hubertus in Berlin-Zehlendorf rattert so laut, dass Michael Schröder den Kellerraum nur mit Ohrstöpseln betreten darf. "Das sind 80 Dezibel", erklärt der Techniker. 360 Kilowatt pro Stunde produziere die Anlage tagsüber. Damit hat das Krankenhaus nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr 90 Prozent seines Strombedarfs gedeckt.
Obwohl einige Gebäude für das akademische Lehrkrankenhaus der Berliner Universitätsmedizin Charité aus dem 19. Jahrhundert stammen, hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) es vor 21 Jahren als erstes bundesweit mit dem Siegel "Energie sparendes Krankenhaus" ausgezeichnet. "Natürlich sind wir stolz darauf", sagt Geschäftsführer Matthias Albrecht. "Wir haben unseren CO2-Fußbabdruck seit 2001 trotz steigender Patientenzahlen um 40 Prozent verringert", erzählt der gelernte Kinderarzt, der das Krankenhaus seit 14 Jahren leitet. "Trotzdem sind wir noch weit weg davon, CO2-neutral zu sein."
Das Blockheizkraftwerk versorgt das Krankenhaus größtenteils mit Energie.
Krankenhauschefs warnen vor weiteren Insolvenzen
Auch sein Krankenhaus sei abhängig von Gas, erzählt der Geschäftsführer. Im Blockheizkraftwerk treibt zum Beispiel ein Erdgasmotor den Generator an. "Biogas gibt es nicht in ausreichenden Mengen", meint Albrecht. "Mit Photovoltaik allein kann man kein Krankenhaus betreiben." Das bestätigt das Universitätsklinikum Brandenburg an der Havel. Es bekommt laut Geschäftsführerin Gabriele Wolter nur fünf Prozent seines Stromverbrauchs aus Solaranlagen, obwohl fast alle Flachdächer des Klinikums voll mit Photovoltaikanlagen seien. Das Universitätsklinikum betreibt ebenfalls ein Blockheizkraftwerk - mit Gas.
Wolter hatte bereits im vergangenen August vor Pleiten gewarnt. Im brandenburgischen Landkreis Spree-Neiße hatte das Krankenhaus Spremberg im September Planinsolvenz beantragt - unter anderem auf Grund der Covid-19-Pandemie und steigender Kosten. "Es ist schwierig", meint Albrecht. "Die Gaskosten haben sich fast verfünffacht. Das ist mehr, als wir stemmen können." Krankenhäuser dürften ihre Preise nicht einfach erhöhen wie Energieunternehmen oder Automobilkonzerne, ergänzt er.
Das Krankenhaus Spremberg musste Planinsolvenz beantragen.
Krankenhäuser sind Großverbraucher
Deswegen hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach den Kliniken in der vergangenen Woche eine Finanzspritze in Höhe von acht Milliarden Euro zugesagt. "Ich glaube, dass wir mit dem Geld rechtzeitig auf dem Platz sein werden", sagte der SPD-Politiker. "Es wird kein Krankenhaus in unmittelbare Not geraten auf der Grundlage gestiegener Energiepreise. Das kann ich ausschließen."
Die Berliner Krankenhausgesellschaft (BKG) begrüßt die Zusage zwar, kritisiert den Minister aber. "Er hat etwas angekündigt, von dem wir noch nicht wissen, wann und wie es uns erreichen wird", meint BKG-Geschäftsführer Marc Schreiner.
Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) fordert weitere Investitionen von Bund und Ländern. Letztere sind unter anderem für Krankenhausgebäude zuständig. "Als Großverbraucher trifft die Krankenhäuser natürlich auch die Inflation sehr schwer", erklärt der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß. "Ein Krankenhausbett verbraucht etwa so viel wie ein Einfamilienhaus. Ein MRT-Gerät benötigt täglich die Strommenge, mit der man eine Waschmaschine 1000 Mal bei 40 Grad laufen lassen könnte." Die Gelder müssten bald fließen, weil die Krankenhäuser jetzt ihre Wirtschaftspläne für das kommende Jahr aufstellten.
Aus dem Bundesgesundheitsministerium heißt es nur: "Es wird angestrebt, eine schnelle Finanzhilfe für den Zeitraum von Oktober 2022 bis April 2024 zur Vermeidung von Insolvenzen von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen zu gewähren." Das Ministerium arbeite mit Hochdruck daran, dies umzusetzen und stimme sich dafür mit allen beteiligten Ressorts ab, schreibt Pressereferentin Parissa Hajebi. Ob der Bund niedergelassene Ärzte ebenfalls unterstützen wird, wie Krankenhäuser weiter Energie sparen sollten und die Energiekrise die Krankenhauslandschaft in Deutschland verändern wird, beantwortet sie nicht.
Klima-Managerin: "Wir diskutieren nicht, wir machen"
Im Evangelischen Krankenhaus Hubertus in Berlin wollen sie nicht auf die Politik warten. Hier haben sie unter anderem Heizungspumpen und Lampen ausgetauscht, wandeln im Sommer überschüssige Wärme in Kälte um und sammeln in einem alten Heizöltank Regenwasser, das sie für den Garten, Toiletten und Feuerlöscher nutzen.
"Wir diskutieren nicht, wir machen", sagt Krankenhaus-Klimamanagerin Laura-Marie Strützke. "Es ist unfassbar, was zerredet wird." Es müsse auch erlaubt sein, zu scheitern - wie mit umweltfreundlichem Streusalz, dessen Qualität schlechter gewesen sei, obwohl es mehr gekostet habe, meint die Intensivpflegekraft.
Pilotprojekt zur Reduktion von Narkosegasen
Im Krankenhaus experimentieren sie schon mit einem weiteren Pilotprojekt, damit weniger klimaschädliche Anästhesiegase in die Atmosphäre gelangen. "Sie machen momentan in einem normalen Krankenhaus rund zehn Prozent des CO2-Fußabdrucks aus", erklärt Geschäftsführer Matthias Albrecht. Ziel sei, wenn Patienten Narkosegase ausatmeten, sie in Filterbehältern zu recyclen.
Techniker Michael Schröder wünscht sich außerdem, dass das Blockheizkraftwerk auch nachts voll laufen darf, wenn das Krankenhaus selbst weniger Energie braucht. Momentan müsse er es nachts drosseln, erklärt der Techniker. Da das gemeinnützige Krankenhaus nach eigenen Angaben keine Gewinne erwirtschaften darf, dürfe es keinen Strom an andere abgeben. "Das ist eigentlich eine Katastrophe", meint Michael Schröder. Rund 280 Kilowatt pro Stunde gingen so jede Nacht verloren.