Kinderreport 2022 Mehr Rechte für Jüngere gefordert
Die Politik soll die Interessen von Kindern und Jugendlichen mehr berücksichtigen - das wünscht sich laut dem Kinderreport 2022 eine Mehrheit der Menschen in Deutschland. Auch für Kinderrechte im Grundgesetz sind die meisten.
Eine sehr große Mehrheit der Deutschen wünscht sich einer Umfrage zufolge eine stärkere Berücksichtigung der Interessen von Kindern in der Politik. Das geht aus dem vom Deutschen Kinderhilfswerk in Berlin vorgestellten Kinderreport 2022 hervor. Demnach fordern 94 Prozent der Kinder und Jugendlichen sowie 84 Prozent der Erwachsenen, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Für eine entsprechende Grundgesetzänderung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag und im Bundesrat erforderlich.
Für den Kinderreport 2022 wurden im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerks vom Politikforschungsinstitut Kantar Public zwei Erhebungen durchgeführt. Befragt wurden den Angaben zufolge 645 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 10 und 17 Jahren sowie 1.046 Erwachsene.
Mehr Interesse von der Politik gewünscht
Aus Sicht der Befragten hat sich demnach in den vergangenen Jahren die Politik nicht ausreichend mit den Belangen der jungen Generation auseinandergesetzt: 83 Prozent der Minderjährigen und 79 Prozent der Erwachsenen waren dieser Meinung. Lediglich neun Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen sowie 16 Prozent der Erwachsenen gaben an, dass die Politik in den vergangenen Jahren die Interessen von Kindern und Jugendlichen bei Entscheidungen "stark berücksichtigt" hat.
Gesetze auf Jugendfreundlichkeit prüfen
94 Prozent der Kinder und Jugendlichen und 80 Prozent der Erwachsenen sprach sich zudem dafür aus, dass sich bei Bund, Ländern und Kommunen mehr Kinder- und Jugendbeauftragte um die Belange der jungen Menschen kümmern. Aber auch die Idee eines Ständigen Beirates aus Jüngeren finden viele Befragte gut: Die Schaffung solch eines Gremiums für Kinder- und Jugendbeteiligung bei der Bundesregierung, in dem Kinder und Jugendliche vertreten sind, unterstützen etwa 88 Prozent der Jüngeren und 66 Prozent der Erwachsenen. Dass neue Gesetze auf ihre Kinder- und Jugendfreundlichkeit geprüft werden, wollen 86 Prozent der Betroffenen sowie 76 Prozent der Erwachsenen.
Laut dem Kinderreport sind dabei 84 Prozent der Kinder und Jugendlichen und 78 Prozent der Erwachsenen der Meinung, dass das Geld für zusätzliche Staatsausgaben über eine zusätzliche Besteuerung sehr hoher Einkommen ausgeglichen werden sollte. Rund zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen (67 Prozent) und etwa die Hälfte der Erwachsenen (52 Prozent) spricht sich für die Streichung von Staatsausgaben an anderer Stelle wie Verteidigung, Straßenbau oder Wirtschaftsförderung aus.
"Symptomatische Vernachlässigung"
Der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes, Thomas Krüger, warf bei der Vorstellung des Reports der Politik mangelndes Interesse an Kindern und Jugendlichen vor. In der politischen Debatte gebe es "eine geradezu systematische Vernachlässigung der Belange junger Menschen". Kinder und Jugendliche fühlten sich nicht repräsentiert. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, stehe die Gesellschaft vor einer Zerreißprobe, warnte Krüger im 50. Jahr des Bestehens des Kinderhilfswerkes. Er plädierte dafür, Kinder- und Jugendpolitik als Investition in die Zukunft zu begreifen.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) erklärte bei der Vorstellung des Kinderreports, die gesellschaftliche Teilhabe der jungen Generation müsse gestärkt werden. Dies beginne mit der Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz - wie in der Verfassung von Rheinland-Pfalz bereits seit 2000 festgeschrieben - und reiche bis zur Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Um die Kinderarmut zu bekämpfen, brauche es eine Kindergrundsicherung.
Für den Kinderreport 2022 des Deutschen Kinderhilfswerkes machte das Politikforschungsinstitut Kantar Public zwei Umfragen in Deutschland - eine unter Kindern und Jugendlichen (10- bis 17-Jährige) und eine unter Erwachsenen (ab 18-Jährige). Befragt wurden insgesamt 1.691 Personen, davon 645 Kinder und Jugendliche sowie 1.046 Erwachsene.