Urteil des Verfassungsgerichts Richter erschweren Kennzeichen-Kontrollen
Auf der Suche nach Kriminellen nutzen viele Bundesländer automatische Kennzeichen-Scanner. Erlaubt ist das laut Verfassungsgericht aber nur bei besonderen Straftaten.
Schon vor mehr als zehn Jahren hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die massenhafte Erfassung von Autokennzeichen nur in engen Grenzen erlaubt ist. Nun haben die Richter die Vorgaben noch einmal deutlich verschärft und ihre bisherige Rechtsprechung damit sogar geändert.
Wie funktioniert der Abgleich?
Schon seit Jahren werden in vielen Bundesländern Kennzeichen auf bestimmten Strecken und an bestimmten Kontrollpunkten Kennzeichen automatisch erfasst.
Die Daten werden anschließend mit Fahndungsdateien abgeglichen. Dies soll der Polizei helfen, Straftaten zu verhindern. Ergibt der Abgleich keinen Treffer, werden die Daten sofort und automatisch vom Computer wieder gelöscht. Kommt es zu einem Treffer, prüft ein Polizeibeamter, ob das Foto tatsächlich mit dem Kennzeichen aus der Fahndungsdatei übereinstimmt.
Kennzeichen-Kontrollen werden in vielen Bundesländern eingesetzt.
Überwachung nur in engen Grenzen erlaubt
Das Bundesverfassungsgericht hat nun in zwei Beschlüssen deutlich gemacht, dass die automatisierte Erfassung von Kennzeichen nur in sehr engen Grenzen erlaubt ist. Die Richter stellen zunächst einmal fest, welches Recht jeder Autofahrer für sich beanspruchen kann: Zu einem freiheitlichen Gemeinwesen gehöre es, dass sich jeder fortbewegen kann, ohne dabei beliebig von der Polizei kontrolliert oder registriert zu werden. Mit einem Gefühl des ständigen Überwachtwerdens sei ein freiheitliches Leben nicht möglich.
Deshalb dürften Kontrollen von Kennzeichen auch nicht ins Blaue hinein erfolgen. Für solche Kontrollen müsse es in der Regel einen bestimmten Grund oder Anlass geben. Zulässig seien beispielsweise Kennzeichen-Kontrollen an den Grenzen, um grenzüberschreitende Kriminalität zu verhindern.
Ebenfalls wichtig: Die Kennzeichenerfassung ist nur erlaubt, um Rechtsgüter von erheblichem Gewicht zu schützen. Die Straftaten, die die Polizei verhindern will, müssen also schon von einem besonderen Gewicht sein, etwa Gewaltkriminalität oder organisierter Einbruchdiebstahl.
Schleierfahndung nur in Grenznähe
An den Regelungen in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen hat das Bundesverfassungsgericht dann einiges auszusetzen. So wird in Bayern die Kennzeichen-Kontrolle auch dafür eingesetzt, um eine unerlaubte Überschreitung der Landesgrenze zu verhindern. Für den Grenzschutz sei aber der Bund zuständig, so die Richter des ersten Senats. Das Land Bayern habe hier gar keine Gesetzgebungskompetenz.
In Baden-Württemberg und Hessen sehen sie ein Problem bei der Schleierfahndung. Diese ist in Baden-Württemberg und Hessen landesweit erlaubt, um die grenzüberschreitende Kriminalität zu verhindern. Das gehe zu weit, so die Richter. Eine Schleierfahndung dürfe nur in Grenznähe erfolgen.
Nachbesserungen bis Ende des Jahres
Bayern, Baden-Württemberg und Hessen müssen bis Ende des Jahres dafür sorgen, dass die Landesvorschriften geändert werden, damit sie den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entsprechen. Auch alle anderen Bundesländer, in denen Kennzeichen-Kontrollen erlaubt sind, sollten die beiden Beschlüsse aufmerksam studieren und ebenfalls prüfen, ob die landesrechtlichen Vorschriften angepasst werden müssen.