Interview zum Ausbildungsbonus ''Geld allein reicht nicht''
Mit einem "Ausbildungsbonus" will die Bundesregierung im Rahmen der Qualifizierungsinitiative Betriebe belohnen, die Ausbildungsplätze für Altbewerber schaffen. "Ein guter Weg", meint Experte Braun im Gespräch mit tagesschau.de. Genauso wichtig sei aber Hilfe nicht-finanzieller Art.
Ein "Ausbildungsbonus" ist einer der sieben Punkte der sogenannten Qualifizierungsinitiative, die Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) am Mittwoch vorstellen will. Betriebe sollen Zuschüsse erhalten, wenn sie zusätzliche Ausbildungsplätze für Altbewerber schaffen. "Ein guter Weg", meint Frank Braun vom Deutschen Jugendinstitut im Gespräch mit tagesschau.de. Genauso wichtig sei aber Hilfe nicht-finanzieller Art.
tagesschau.de: Ist der geplante Bonus ein ernsthafter Anreiz für Betriebe, auch benachteiligte Jugendliche auszubilden?
Frank Braun: Ich glaube, er allein löst die Probleme nicht. Wir haben Betriebe gefragt, die Jugendliche mit schwierigen Voraussetzungen ausbilden. "Geld ist immer gut", heißt es da, aber vor allem ist Unterstützung wichtig.
tagesschau.de: Wie sollte die aussehen?
Braun: Die Situation in den kleineren Betrieben hat sich sehr verändert: Dass der Meister gleichzeitig der ruhige, entspannte Pädagoge ist, der sich um die Jugendlichen kümmert, entspricht nicht mehr der Realität. Es ist aber wichtig, dass es jemanden gibt, der den Kontakt zur Berufsschule sucht, wenn der Auszubildende Probleme mit der Fachtheorie hat, oder der sich darum kümmert, wenn die Jugendlichen zu Hause Stress haben und plötzlich nicht mehr zur Arbeit kommen. Wir nennen das "Ausbildungsassistenz". Manchmal leisten das Berufsschulen, manchmal Bildungsträger. Frau Schavan schlägt nun ehrenamtliche Ausbildungspaten oder Berufsberater vor. Das ist ein guter Weg.
tagesschau.de: Was sind die typischen Probleme von Altbewerbern?
Braun: Es gibt Jugendliche, denen fehlt nichts - bis auf den Ausbildungsplatz in der Region. Aber es gibt auch solche, die für sich klären müssen, welchen Beruf sie ergreifen wollen.
Realschüler schlechter vorbereitet als Hauptschüler
tagesschau.de: Helfen die Schulen bei der Orientierung nicht?
Braun: Teils, teils. In den Hauptschulen passiert sehr viel. Und das, obwohl sie stark in der Kritik sind. Die Lehrer dort sind sehr engagiert. Aber es gibt natürlich auch schlechte Schulen. Das gilt verstärkt noch für andere Schulformen. Die Realschüler sind nach unseren Beobachtungen schlechter vorbereitet als die Hauptschüler.
Dr. Frank Braun ist Erziehungswissenschaftler und leitet seit 1999 das Projekt "Übergänge in Arbeit" am Deutschen Jugendinstitut in München. Es beschäftigt sich mit der beruflichen Integration von so genannten Riskiojugendlichen.
tagesschau.de: Bund und Länder wollen die Zahl der Jugendlichen halbieren, die die Schule komplett ohne Abschluss verlassen. Dennoch wird es sie auch künftig geben. Was geschieht mit ihnen?
Braun: Wir haben hier in Bayern festgestellt, dass mit den richtigen Unterstützungs- und Vorbereitungsmaßnahmen die Jugendlichen sehr wohl in eine betrieblich Ausbildung kommen können, und dann auch stabil dabeibleiben. Der Schluss, das man Jugendliche ohne Schulabschluss nicht ausbilden könnte, ist falsch. Wenn Jugendliche und Betriebe unterstützt werden, kann auch ohne Abschluss ausgebildet werden.
tagesschau.de: Wie denn?
Braun: Von Bildungsträgern - und zwar sehr professionell und mit guten Ergebnissen. Es ist für diese Jugendlichen zunächst zwar schwieriger unterzukommen. Längerfristig kommen sie aber genauso gut in den Arbeitsmarkt wie betrieblich ausgebildete.
tagesschau.de: Ist der Ausbildungsbonus das Instrument, auf das vor allem die sogenannten Altbewerber gewartet haben?
Braun: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass der Weg in die Ausbildung für Jugendliche mit problematischem Hintergrund die höchste Hürde ist: Wenn sie erst mal in den Betrieb gekommen sind, dann bleiben sie sehr stabil dabei. Von daher würde ich sagen, jedes Mittel, das die Jugendlichen in einen Ausbildungsbetrieb bringt, ist gut.
Das Gespräch führte Nicole Diekmann, tagesschau.de.