Gerhart Baum zum BKA-Urteil "Es geht hier um die Menschenwürde"
Mit seiner erfolgreichen Klage gegen das BKA-Gesetz sieht FDP-Politiker Gerhart Baum keine Behinderung der Terrorbekämpfung. Im nachtmagazin-Interview betonte er, man könne die Freiheit nicht verteidigen, indem man sie dort aufgebe, wo es nicht nötig sei.
Der frühere Bundesinnenminister ist beim Bundesverfassungsgericht ein alter Bekannter: Fünf Mal habe er dort geklagt, und wie er im Interview mit nachtmagazin-Moderatorin Gabi Bauer feststellte, musste er auch nie "mit leeren Händen aus Karlsruhe" zurückkommen. Auch mit dem Ausgang seiner gemeinsam mit seinem Parteifreund Burkhard Hirsch eingereichten Klage gegen das BKA-Gesetz sei er zufrieden.
Vorweg stellte Baum nochmal klar, worum es ihm ging: "Wir sind ja nicht gegen die Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Wir sind auch nicht gegen die Werkzeuge, die hier eingesetzt werden. Also die Wohnraumüberwachung, die Computerüberwachung - wir wollen diese Maßnahmen aber rechtsstaatlich begrenzt wissen." Am wichtigsten sei ihm, dass der Kernbereich der Privatheit geschützt bleibt: "Das heißt beispielsweise: In der Wohnung hat der Staat in der Regel nichts zu suchen."
"Hier geht es um die Menschenwürde"
Auch wenn sich eine Mehrheit der Bürger im Zweifel für mehr Sicherheit zu Lasten bürgerlicher Freiheiten aussprechen mag, bleibt Baum prinzipienfest: "Sie können ja nicht das Grundgesetzt außer Kraft setzen", sagte er. "Die Menschenwürde ist unantastbar, es geht hier um die Menschenwürde.
"Freiheit nicht dort aufgeben, wo es nicht nötig ist"
Wie weit darf der Staat gehen bei der Verteidigung der Freiheit? Welche Grenzen müssen wir ihm setzen?" Die Maßnahmen, gegen die er geklagt habe, seien gar nicht wichtig für die Verbrechensbekämpfung. "Das muss doch jeder vernünftige Mensch einsehen, dass wir nicht die Freiheit verteidigen können, indem wir sie dort aufgeben, wo es gar nicht nötig ist."
Rechtsstaatlichkeit und Verbrechensbekämpfung
Dass die jetztige Regelung einige Attentatspläne verhindert habe, bestritt Baum vehement: "Wenn man die Wohnung schützt oder sagt, eine Rundumüberwachung auch außerhalb der Wohnung muss die Privatheit schützen - das sind keine Hinderungsgründe für die Polizei, den Tätern nachzuspüren.
Ich möchte einen Fall wissen, wo rechtsstaatliche Vorkehrungen zu Verbrechen geführt haben, die hätten verhindert werden können." Dies gelte auch für die jüngsten Anschläge von Brüssel und Paris: Die Sicherheitsbehörden hätten viel über die mutmaßlichen Täter gewusst, nur hätten sie von dem Wissen keinen Gebrauch gemacht.
Keine Behinderung der Polizeiarbeit
Gegen den Vorwurf, er würde die Verbrechensbekämpfung behindern, verwahrte er sich. Er wolle einfach, dass auch dabei der Rechtsstaat gewahrt bleibe. "Das steht in unserer Verfassung, Artikel 1: Die Menschenwürde ist unantastbar. Und die Mehrheit der Bevölkerung muss sich auch daran richten, wenn sie anderer Meinung sein sollte."