Staatsfinanzen Kein Stillstand trotz fehlenden Haushalts
Der Bundeshaushalt für 2024 wird bis Jahresende nicht mehr beschlossen. Ein Shutdown wie in den USA steht Deutschland deswegen aber nicht bevor. Der Bund bleibt zahlungsfähig.
Die meisten Menschen in Deutschland werden es gar nicht merken, wenn die Bundesregierung ohne einen gültigen Haushalt ins neue Jahr geht: Lehrerinnen und Lehrer bekommen weiter ihr Gehalt, Rentnerinnen ihre Rente, Studenten ihr Geld aus dem BAföG. Alle regulären Ausgaben des Bundes laufen weiter. Mit einem Shutdown wie in den USA, also einem generellen Zahlungsstopp, hätte die haushaltslose Zeit in Deutschland nichts zu tun.
Einen Jahresbeginn ohne ein geltendes Haushaltsgesetz hat es in der Bundesrepublik auch schon öfter gegeben, zum Beispiel nach der letzten Bundestagswahl: Den Etat für 2022, also das erste volle Jahr der neuen Ampel-Koalition, konnte der Bundestag erst am 3. Juni 2022 verabschieden.
Bis dahin galt, wie immer in solchen Fällen, eine sogenannte vorläufige Haushaltsführung. Die regelt, dass der Staat auch ohne gültigen Etat alle laufenden Verpflichtungen erfüllen kann - nur neue Aufgaben dürfen nicht hinzukommen. Für den Fiskus ist die vorläufige Haushaltsführung ein bisschen wie ein Ersatzreifen im Kofferraum: Ein Stück kann man damit weiterfahren, aber dann muss der Wagen in die Werkstatt.
Mehrere Förderprogramme sind gestoppt
Wenn die Ampel-Koalition jetzt also die Verabschiedung des Bundeshaushalts für 2024 faktisch ins nächste Jahr verschiebt, dann ist das kein Drama. Auch wird der Bund weder zahlungs- noch handlungsunfähig.
Allerdings sind manche Förderprogramme gestoppt, solange es keinen geltenden Bundeshaushalt gibt - darunter fallen zum Beispiel Zuschüsse für altersgerechtes Wohnen, für Energieberatungen oder für elektrische Lastenräder. Und die Bauwirtschaft kritisiert, dass viele öffentliche Immobilienprojekte auf Eis liegen. Die Förderung der energetischen Gebäudesanierung dagegen läuft regulär weiter.
17 Milliarden Euro einsparen - nur wo?
Ein Ausweis von politischer Entscheidungsfreude ist es allerdings auch nicht, wenn SPD, Grüne und FDP auch drei Wochen nach dem Karlsruher Urteil zur Schuldenpolitik noch keinen Plan haben, wie man im Haushalt des kommenden Jahres 17 Milliarden Euro einsparen könnte. Insgesamt betragen die geplanten Bundesausgaben für nächstes Jahr rund 445 Milliarden Euro, es geht also um eine Einsparung von rund vier Prozent.
Und Vorschläge dafür liegen auf dem Tisch - aber alle drei Koalitionsparteien haben ihre Tabuzonen errichtet, in denen sie keinesfalls über die Haushaltssanierung sprechen wollen: Die SPD wehrt sich vehement gegen Sozialkürzungen, die Grünen beharren auf der Priorität für den Klimaschutz und die FDP sperrt sich gegen Steuererhöhungen oder eine Neufassung der Schuldenbremse im Grundgesetz.
Haushaltsbeschluss eventuell im Januar
Bundeskanzler Olaf Scholz wird bei seiner Rede an diesem Wochenende auf dem SPD-Parteitag also wohl noch keinen Durchbruch bei den Spitzenverhandlungen zur Haushaltskrise verkünden.
Doch selbst wenn sich der Kanzler, sein Finanzminister Christian Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck tatsächlich noch vor Weihnachten auf konkrete Sparmaßnahmen einigen können: Anschließend müsste zunächst der Haushaltsausschuss des Bundestages konkret beraten, auf welches Ressort welche Kürzungen zukommen.
Und wenn dann auch noch die Länder über den Bundesrat ihre Stellungnahme zu einem überarbeiteten Haushaltsgesetz abgegeben haben, dann könnte der Bundestag den Etat für 2024 im Laufe des Monats Januar beschließen.