Kanzlerkandidat der Union Nicht nur Rückenwind für Merz
Die Union hat ihre K-Frage entschieden. Friedrich Merz soll als Kanzlerkandidat der Union in den Bundestagswahlkampf führen. Aus den eigenen Reihen erhält er dafür viel Zuspruch, die Regierungsparteien geben sich kämpferisch.
CDU-Chef Friedrich Merz soll im Herbst 2025 als Kanzlerkandidat für die Union antreten. Das findet breiten Zuspruch aus den Reihen der eigenen Partei - so etwa von Hessens Ministerpräsident Boris Rhein: "Friedrich Merz ist exakt der richtige Mann zur richtigen Zeit", sagte er in Wiesbaden. Der Bundesparteichef habe die Union geeint. "Wir sind geschlossen wie nie zuvor", bekräftige der hessische CDU-Vorsitzende.
Merz selbst sieht die Union nach der Klärung der Kandidatenfrage bereit für den Wahlkampf. "CDU und CSU können ab sofort in einen Bundestagswahlkampf gehen", sagte er auf einer Pressekonferenz in Berlin. Schwerpunktthemen seien dabei unter anderem die Migrationspolitik sowie die Stärkung der Wirtschaftskraft und der sozialen Marktwirtschaft.
Zuspruch aus der CDU
Merz kann bei seiner Kandidatur mit Rückhalt aus der CDU rechnen. Der niedersächsische CDU-Landesvorsitzende Sebastian Lechner stellte sich klar hinter ihn. Nach der schweren Wahlniederlage 2021 habe Merz die Union wieder aufgebaut und geeint. "Seine entschlossene Art, die Probleme anzugehen, und sein Sachverstand werden unser Land wieder auf Erfolgskurs bringen." Angesichts der Herausforderungen in der Autoindustrie, der Energiepolitik und der maritimen Wirtschaft bezeichnete Lechner Merz zudem als "die beste Job-Garantie" für Niedersachsen.
Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther bekräftigte ebenfalls seinen Zuspruch für Merz als Kanzlerkandidaten. "Ich werde mit allen Kräften Friedrich Merz als Kanzlerkandidaten unterstützen", sagte er. Das Wichtigste sei nun die Geschlossenheit, dass die Union geschlossen hinter Merz stehe.
Dass Merz für eine neue Einigkeit in der Union steht, bekräftigte auch der saarländische CDU-Chef Stephan Toscani. "Wir als Union sind immer stark, wenn wir geschlossen sind", teilte er in Saarbrücken mit. "Deshalb begrüße ich die gemeinsame, einvernehmliche Klärung der Kandidatenfrage zwischen Friedrich Merz und Markus Söder."
Söder lässt Merz den Vortritt
Zuvor hatte der CSU-Vorsitzende Söder bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin erklärt, seinem Unionskollegen den Vortritt bei der K-Frage zu lassen.
Söder betonte, er unterstütze Merz ohne jedes Zähneknirschen. "Er hat meine volle Rückendeckung. Und zwar, und das ist wichtig, mit einer sehr hohen persönlichen Wertschätzung verbunden", sagte er. "Wir beide sind uns komplett einig." Es gebe für die Union nur ein Ziel, dies sei die "Ampel abzulösen und Deutschland wieder auf Vordermann zu bringen".
Umfragen zufolge ist die Union derzeit mit weitem Abstand stärkste Partei und kann sich gute Chancen ausrechnen, den nächsten Bundeskanzler zu stellen.
Regierung gibt sich kämpferisch
Gelassen reagierte Bundeskanzler Olaf Scholz, der im kommenden Jahr selbst wieder für die SPD antreten will, auf die Kandidatur des CDU-Chefs. "Es ist mir recht, wenn Herr Merz der Kanzlerkandidat der Union ist", sagte er auf die Frage eines Journalisten.
FDP-Parteichef Christian Lindner forderte Merz zu einem klaren politischen Kurs der Union auf. "Wir gratulieren Friedrich Merz und freuen uns auf den Wettbewerb mit ihm. Nach personeller Klarheit sollte jetzt die inhaltliche folgen", teilte Lindner mit. Die Freie Demokraten kämpften für eine Wirtschaftswende und gegen einen Schuldenstaat, für Freiheit und gegen Bevormundung.
"Von der Union kennen wir viel Kritik, aber noch keine Ideen, die Deutschland stärker machen könnten. Wir sind also neugierig, ob die Union zu einer Reformpolitik wie in ihrem Leipziger Programm zurückkehrt oder ob sie die Ära Merkel fortsetzt", so der FDP-Chef.
Zweifel bei den Grünen
Grünen-Chefin Ricarda Lang wertete die Entscheidung für Merz bereits als Richtungsentscheidung: Damit habe sich die Union "von der Ära Merkel verabschiedet", sagte sie dem "Tagesspiegel".
Die Grünen-Politikerin Claudia Roth stellte in der "Augsburger Allgemeinen" die Frage, "ob Friedrich Merz die Entwicklung hin zu einer klimaneutralen Lebensweise fortsetzt oder ob es mit ihm einen Rollback gibt".
Merz als "personelle Fehlentscheidung"
Harsche Kritik an Merz kommt hingegen von der Linken-Vorsitzenden Janine Wissler: "Kaum jemand in der CDU verkörpert so sehr den Typus des Rückwärtsgewandten wie Merz", sagte Wissler der "Rheinischen Post". Die Diskussionen um Bürgergeld und Einwanderung hätten deutlich gemacht, dass der CDU-Vorsitzende die Union auf den Kurs einer "herzlosen" Partei bringen wolle, die nur nach unten trete.
Der Chef des Forsa-Instituts, Manfred Güllner, sieht in Merz gar "die zweite personelle Fehlentscheidung der Union nach Armin Laschet 2021". Besonders bei zwei wichtigen Wählergruppen müsse der CDU-Vorsitzende noch punkten. "Frauen und junge Wähler finden ihn unsympathisch und mögen ihn nicht", sagte der Meinungsforscher. Ein Manko des Unions-Fraktionschefs sei, dass er zu konfrontativ auftrete - zuletzt etwa in der Migrationspolitik. "Das finden die Leute nicht gut", betonte Güllner.