Vorwürfe aus Ankara Deutschland bestellt türkischen Botschafter ein
Nach einer Razzia bei Journalisten einer türkischen Zeitung nahe Frankfurt am Main ist der türkische Botschafter in Berlin einbestellt worden. Die Regierung wies den Vorwurf aus Ankara zurück, die Meinungs- und Pressefreiheit in Deutschland werde nicht geachtet.
Kurz vor der Stichwahl um das Amt des türkischen Präsidenten am kommenden Sonntag ist es zu einem neuerlichen diplomatischen Eklat zwischen der Türkei und Deutschland gekommen.
Das Auswärtige Amt bestellte in Berlin den türkischen Botschafter ein und reagierte damit auf Vorwürfe der Regierung in Ankara gegenüber Deutschland. Dem Botschafter sei mitgeteilt worden, "dass die Bundesregierung die Vorwürfe der türkischen Regierung in Bezug auf die Meinungs- und Pressefreiheit sowie die Justiz in Deutschland entschieden zurückweist", erklärte das Auswärtige Amt auch im Kurzbotschaftendienst Twitter.
Razzia bei zwei Journalisten
Hintergrund sind Hausdurchsuchungen bei zwei Journalisten der türkischen Tageszeitung "Sabah" sowie des TV-Senders A Haber in Hessen vor einigen Tagen. Das Polizeipräsidium Südosthessen hatte mitgeteilt, dass im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Darmstadt die Privatwohnungen der beiden Journalisten in Mörfelden-Walldorf durchsucht worden seien. Es bestehe der Verdacht auf "gefährdendes Verbreiten personenbezogener Daten".
Beide Medien sollen Adressen, Wohnhäuser und Fotos von Exiltürken in Deutschland veröffentlicht haben, die Präsident Recep Tayyip Erdogan kritisch sehen. Die 46 und 51 Jahre alten Journalisten waren demnach wieder auf freien Fuß gesetzt worden.
Die Zeitung "Sabah" gehört zur Turkuvaz Media Group, die enge Beziehungen zur Familie von Erdogan unterhält. Ihr Frankfurter Büro ist der Hauptsitz für ihre Arbeit in Europa. Rund 90 Prozent der türkischen Medienorganisationen werden von der Regierung kontrolliert oder stehen ihr politisch nahe.
Vergangene Woche hatte die türkische Regierung wegen der Razzia der deutschen Behörden bereits den deutschen Botschafter einbestellt. Das Außenministerium in Ankara warf Deutschland vor, die türkische Presse "schikanieren und einschüchtern" zu wollen. Deutschland wolle "die ganze Welt über die Presse- und Meinungsfreiheit belehren" - gehe dabei aber mit "Doppelmoral" vor, hieß es in Ankara.