SPD vor Landtagswahlen Flauer Rückenwind
Der Plan der SPD ist ehrgeizig: Sie will alle vier Landtagswahlen in diesem Jahr gewinnen. Doch der Rückenwind nach der Bundestagswahl hat spürbar nachgelassen. Kann sie ihre Ziele trotzdem erreichen?
Es sind anheizende Sätze wie "Seid tough, auch wenn der Wahlkampf hart wird" von der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer an die NRW-SPD oder auch ein "Holt euch das Morgen" von Olaf Scholz an den NRW-Spitzenkandidaten Thomas Kutschaty. Es sind Worte, die die SPD-Spitzenkandidaten vor den Landtagswahlen aufbauen sollen.
So steht auch nicht ganz zufällig zu Beginn der Woche Anke Rehlinger, die Spitzenkandidatin aus dem Saarland, im Berliner Willy-Brandt-Haus neben Lars Klingbeil. Der Parteivorsitzende lobt ihre Verdienste im Saarland und stellt sie quasi schon als zukünftige SPD-Ministerpräsidentin vor. Eine Formulierung, die sich Rehlinger vor Monaten sicher nicht hat träumen lassen und die sie sichtlich berührt.
SPD will vier Wahlen gewinnen
Die Bundes-SPD trommelt nun für ihre Landeskandidaten und greift nach den Sternen. Sie will alle vier Landtagswahlen in diesem Jahre gewinnen: im Saarland, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Damit würden die Sozialdemokraten neben dem Bundeskanzler, dem Bundespräsidenten und der Bundestagspräsidentin dann auch zehn der 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten stellen.
Soweit die Theorie. Doch nach einer anfänglichen SPD-Euphorie nach der Bundestagswahl flacht in der Bevölkerung nun die Begeisterung ab. Erst der ARD-Deutschlandtrend Anfang Februar, in dem die SPD plötzlich hinter der Union liegt und die Arbeit der Ampel-Regierung kritisch gesehen wird.
Genervt von Störgeräuschen
Und nun gibt es vielerorts bei den Umfragen zu den jeweiligen Landtagswahlen ein Kopf-an-Kopf-Rennen, klare SPD-Siege ungewiss. Themen wie Energiesicherheit und der Krieg in der Ukraine setzen die SPD zunehmend unter Druck und färben auch auf den Wahlkampf in den Ländern ab.
Auch, dass sich so manches SPD-Urgestein wie Sigmar Gabriel oder SPD-Altkanzler und Gas-Lobbyist Gerhard Schröder in der Vergangenheit als Russland-Versteher positionierten, poliert das Image der Sozialdemokraten gerade nicht auf. Die Bundes-SPD ist genervt von solchen Tönen.
NRW: Mit Sozialpolitik punkten
In Nordrhein-Westfalen distanziert sich Spitzenkandidat Thomas Kutschaty von Aussagen von Gerhard Schröder - und macht nun einfach Wahlkampf. Es könnte eng werden zwischen ihm und seinem Rivalen von der CDU: Hendrik Wüst, der frühere Verkehrsminister und amtierende NRW-Ministerpräsident.
Wüst lässt derzeit keine Bühne und Kamera für seine Botschaften aus. SPD-Generalsekretär Kühnert bezeichnete ihn als denjenigen, der "zur Schulhofschlägerei nach Berlin fährt, um sich am Kanzler zu messen". Einer, der also zum Raufen zur Ministerpräsidentenkonferenz fahre, um sich zu profilieren.
Der bisherige SPD-Oppositionschef Kutschaty setzt auf Sozialpolitik.
Thomas Kutschaty ist keiner, der bundesweit im Mittelpunkt steht. Stattdessen versucht er nun, in NRW mit sozialpolitischen Themen zu punkten: Bezahlbarer Wohnraum, kostenlose Kita-Plätze, mehr Investitionen in Bildung - Finanzierung dafür: offen. Klingbeil stärkt ihn mit Worten wie "Kutschaty trifft sich mit dem Kanzler, Wüst mit Söder".
Hilft der SPD das Entlastungspaket?
Fraglich, ob das die Wählerinnen und Wähler in NRW beeindruckt. Denn so mancher hat mit den Folgen der Pandemie und den steigenden Energiepreisen zu kämpfen - das weiß auch Kutschaty. Ob die Bevölkerung tatsächlich entlastet wird, daran wird die SPD gemessen.
Und so war es auch wichtig, dass die Ampel-Regierung ein Entlastungspaket beschlossen hat - von Heizkostenzuschuss, Abschaffung der EEG-Umlage bis hin zur Pendlerpauschale will man zeigen, dass man, zumindest ein bisschen, die hohen Energiepreise ausgleichen und die sozialdemokratischen Versprechen halten will.
Saarland: Rehlinger gilt als Favoritin
So hatte sich vor dem Beschluss Saarlands Spitzenkandidatin Anke Rehlinger auch schon klar für eine höhere Pendlerpauschale ausgesprochen, bezeichnete sie als "ein schnelles wirksames Instrument", um Bürger zu entlasten.
Der Wahlkampf hat auch für sie begonnen. Sie liegt in Umfragen vor ihrem CDU-Rivalen und Ministerpräsidenten Tobias Hans und gilt als Favoritin. Von einem Amtsbonus von Hans ist derzeit nichts zu sehen. Aber bis Ende März kann noch viel passieren und die rund 800.000 Wahlberechtigten könnten sich auch mehrheitlich für die Union entscheiden, das ist den Sozialdemokraten klar.
In Umfragen derzeit klar vorne: SPD-Spitzenkandidatin für das Saarland, Anke Rehlinger.
Das Saarland ist zwar das kleinste Flächenland und in den Landtagswahlen nicht so ein Schwergewicht wie NRW. Doch wenn Rehlinger gewinnen sollte, könnte von dem ersten Landtagswahlsieg ein Signal ausgehen und den anderen Spitzenkandidaten in NRW, Schleswig-Holstein und Niedersachsen womöglich einen positiven Schub geben. Das hoffen zumindest die Sozialdemokraten.
Niedersachsen: Weil hofft auf Amtsbonus
Aber siegessicher kann die SPD derzeit nicht sein. Denn auch in Schleswig-Holstein, wo die SPD den wenig bekannten Thomas Losse-Müller gegen den populäreren Daniel Günther antreten lässt, liegt mal die SPD, mal die Union vorne.
Einzig in Niedersachsen kann Stephan Weil auf seinen Amtsbonus als SPD-Ministerpräsident hoffen. Aber bis zu der Niedersachsen-Wahl im Oktober ist es noch lange hin. Bis dahin muss sich die SPD in einer Ampel-Regierung mit nichts geringerem als dem Krieg in der Ukraine, der Pandemie und der Energiekrise auseinandersetzen.