Pro-Palästina-Demos in Deutschland Wie Hamas-Unterstützung rechtlich geahndet werden kann
Nach den Angriffen der Hamas auf Israel gab es in Deutschland öffentliche Sympathiekundgebungen für die Terroristen. Wann und wie kann der Staat einschreiten? Ein Überblick.
Können sich Pro-Hamas-Demonstranten strafbar machen?
Direkt nach den Terrorangriffen der Hamas in Israel haben mehrere Männer in Berlin-Neukölln die Angriffe gefeiert, auch andernorts in Deutschland kam es zu Sympathiebekundungen. Dadurch könnten die jeweiligen Personen den Tatbestand der "Belohnung und Billigung von Straftaten" nach Paragraf 140 Strafgesetzbuch erfüllt haben.
Voraussetzungen für eine Strafbarkeit nach dieser Vorschrift sind: Jemand muss öffentlich bestimmte Straftaten billigen, wie zum Beispiel Mord, Totschlag, Vergewaltigung oder Geiselnahme. Und sein Verhalten muss auch geeignet sein, den öffentlichen Frieden zu stören. Als Tat, die gebilligt wird, kommen hier die Angriffe auf israelischem Staatsgebiet in Betracht.
Auch wenn es dazu noch keine höchstrichterliche Entscheidung gibt - die meisten Juristen sagen: Es müssen keine Straftaten sein, die im Inland begangen worden sind. Und bei brutalen Terrortaten wie den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA oder auch jetzt in Israel ist es durchaus denkbar, dass deren Billigung den öffentlichen Frieden auch in Deutschland stört. Wer die Terrortaten der Hamas bei Demos oder öffentlich auf der Straße feiert, kann sich also strafbar machen.
Ist es strafbar, öffentlich Israel-Flaggen zu verbrennen?
Ja, inzwischen ist das der Fall. Früher war es straflos, Staatsflaggen öffentlich zu verbrennen. Das ist gerade in Bezug auf Israel immer wieder vorgekommen und hat stets für heftige Diskussionen gesorgt.
Im Jahr 2020 hat der Gesetzgeber reagiert und das Strafgesetzbuch geändert. Seitdem ist es nach Paragraf 104 Strafgesetzbuch strafbar, wenn man "öffentlich die Flagge eines ausländischen Staates zerstört oder beschädigt und dadurch verunglimpft". Der Paragraf gilt also für alle ausländischen Staatsflaggen, nicht nur für die israelische.
Das Gesetz erfasst auch Flaggen, die der Flagge eines ausländischen Staates "zum Verwechseln ähnlich sehen". Das soll gewährleisten, dass beispielsweise auch selbst angefertigte Flaggen, die nur leicht vom Original abweichen, nicht straflos verbrannt werden dürfen.
Wann können Demos verboten werden?
Verschiedene pro-palästinensische Initiativen wie "Palästina spricht" und das "Palästinensische Aktionskomitee" haben unter dem Motto "Für ein freies Palästina" zu einer Demonstration in Berlin aufgerufen. Die Polizei teilte mit, dass die Veranstaltungen untersagt werden. Sie seien eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung.
Allgemein sind die Voraussetzungen für ein Demonstrationsverbot sehr hoch. Das hat auch das Bundesverfassungsgericht immer wieder betont. Das Verbot einer Versammlung ist immer das letzte Mittel. Vor einem Verbot muss die Polizei genau prüfen, ob sie nicht zum Beispiel mit bestimmten Auflagen verhindern kann, dass es bei einer Demo zu Straftaten kommt. Oder ob sie die Versammlung erst einmal stattfinden lässt und dann im Notfall auflöst.
Auf jeden Fall muss die Polizei eine Gefahrenprognose erstellen. Wichtig dabei: Kam es in der Vergangenheit bei ähnlichen Demos schon zu Vorfällen, die ein Verbot rechtfertigen können? Und hat die Polizei bereits Erfahrungen mit bestimmten Organisatoren?
In den vergangenen Jahren wurden in Berlin immer wieder antisemitische und volksverhetzende Parolen bei Pro-Palästina-Demos skandiert. Erst im April wurde eine Kundgebung deshalb verboten. Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht Berlin hatten das Verbot damals bestätigt. Ausrufe wie "Bombardiert Tel Aviv" oder Transparente mit der Aufschrift "Juden=Kindermörder" seien Straftaten und eine erhebliche Störung des öffentlichen Friedens. Die Polizei habe zurecht die Gefahr solcher Taten angenommen, so die Berliner Gerichte.
Der Aufruf zu den neuen Demos wird auch von der Organisation "Samidoun" geteilt. Die Organisation hatte im Mai 2021, als es zu Kämpfen im Gaza-Streifen gekommen war, zu einer Demo in Neukölln aufgerufen. Damals hatte es dort schwere Ausschreitungen gegeben. Solche Umstände können berücksichtigt werden, wenn ein Verbot geprüft wird.
Können Hamas-Unterstützer-Vereine verboten werden?
Die Gruppierung "Samidoun Deutschland" war 2021 von der israelischen Regierung als Terrororganisation eingestuft worden. Sie gilt als zentraler Akteur der israelfeindlichen und antisemitischen Proteste in Berlin in den vergangenen Jahren. Gegründet wurde sie von Mitgliedern der Terrorgruppe "Volksfront zur Befreiung Palästinas" PFLP.
Der Bezirksbürgermeister von Neukölln, Martin Hikel, hat jetzt ein Verbot der radikalen Gruppe gefordert. Ein Vereinsverbot ist möglich und im Grundgesetz auch ausdrücklich vorgesehen bei Vereinigungen, "deren Zwecke oder deren Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten".
Zuständig für ein Verbot von Pro-Hamas-Vereinen wäre Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Ein Vereinsverbot hat aber gleichfalls hohe Hürden, denn Vereine können sich auf die Vereinigungsfreiheit berufen. Die ist ein Grundrecht und hängt auch oft mit anderen Freiheitsrechten zusammen, wenn Vereine Versammlungen organisieren oder eine gemeinsame Meinung kundtun.
Ein Verbot muss sich außerdem auf das gesamte Verhalten eines Vereins stützen. Strafbare oder verfassungsfeindliche Handlungen einzelner Mitglieder reichen für ein Verbot nicht aus.
Kann man Hamas-Sympathisanten aus Deutschland ausweisen?
Ob ein Ausländer ausgewiesen wird oder nicht, ist immer eine Einzelfallentscheidung. Dabei muss abgewogen werden, was für und was gegen eine Ausweisung spricht. Auf der einen Seite der Waage spielt unter anderem eine Rolle, ob der Aufenthalt des jeweiligen Ausländers eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt.
Wer Straftaten wie die beschriebenen begeht und es womöglich wieder tun wird, stellt wohl eine solche Gefahr dar. Auf der anderen Seite der Waage spielen dann aber Fragen wie die Dauer des Aufenthalts und die persönlichen Bindungen des Ausländers in Deutschland eine Rolle. Solche können dann wiederum gegen eine Ausweisung sprechen.
Laut Paragraf 54 Aufenthaltsgesetz wiegt das Ausweisungsinteresse allerdings wiederum besonders schwer, wenn ein Ausländer zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft. Davon sei unter anderem dann auszugehen, wenn er auf andere Personen gezielt und dauerhaft einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken. Ebenfalls nennt das Gesetz das Billigen von terroristischen Taten von erheblichem Gewicht, sofern der Ausländer davon nicht erkennbar und glaubhaft Abstand nimmt.
Wichtig dabei ist: "Ausweisung" ist nicht gleichbedeutend mit "Abschiebung". Die Ausweisung ist die Anordnung der zuständigen Behörde, mit der ein Ausländer aufgefordert wird, das Land zu verlassen. Sie sorgt also dafür, dass er sein Bleiberecht verliert. Die Abschiebung ist der Vollzug dieser Ausreisepflicht. Also eine Art zweiter Schritt, sofern die entsprechende Person nach der Ausweisung nicht freiwillig das Land verlässt.
Die Abschiebung kann in bestimmten Fällen verboten sein. Etwa dann, wenn dem Ausländer in dem Land, in das er abgeschoben werden soll, aufgrund seiner Religion oder seiner politischen Überzeugung, Folter oder Tod droht. Dass nach einer Ausweisung der betreffende Ausländer auch tatsächlich Deutschland verlässt, ist also nicht immer gesagt. In vielen Fällen scheitert eine Abschiebung auch an ganz praktischen Dingen, etwa weil der jeweilige Staat die betreffenden Personen schlicht nicht aufnimmt.