Corona-Debatte im Bundestag Lauterbach verteidigt Lockerung von Regeln
Heute will die Bundesregierung das geänderte Infektionsschutzsgesetz durch Bundestag und Bundesrat bringen. Gesundheitsminister Lauterbach bewarb es als "richtigen Kompromiss". Die Union sieht das anders - und spricht von einem "Wirrwarr".
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat das neue Infektionsschutzgesetz gegen Kritik aus den Ländern verteidigt. Die geplante Neuregelung sei ein "richtiger Kompromiss", sagte der SPD-Politiker im Bundestag bei der abschließenden Beratung über Änderungen im Infektionsschutzgesetz, durch die viele Corona-Maßnahmen auslaufen.
"Das ist nicht Freiheit gegen Vorsicht", sagte der Minister. Die Neuregelung gewährleiste vielmehr, "dass wir überhaupt noch zielgerichtet reagieren können". Man müsse die rechtliche Lage beachten. Die Regierung könne nicht weiter das gesamte Land unter Schutz stellen, um eine kleine Gruppe von Impfunwilligen und denjenigen, die nicht bereit sind die Maßnahmen mitzutragen, zu schützen.
Durch die Omikron-Variante sei eine flächendeckende Überlastung der Kliniken nicht mehr zu befürchten, so Lauterbach. Er wies darauf hin, dass in Gebieten, wo dies zu erwarten sei, die sogenannte Hotspot-Lösung mit schärferen Maßnahmen zum Einsatz kommen könne. Zugleich sprach er sich dagegen aus, generell die Corona-Maßnahmen aufzuheben. Die Pandemie sei leider noch nicht vorbei.
Entscheidung über Hotspots bei Parlamenten
Das geänderte Gesetz sieht vor, dass künftig ein gewisser Basisschutz angeordnet werden kann, zu dem etwa die Maskenpflicht in Krankenhäusern, Pflegeheimen und dem öffentlichen Nahverkehr zählt. Die FDP setzte gegenüber SPD und Grünen durch, dass in Geschäften keine Maskenpflicht mehr gelten soll. Sollten die Kliniken in bestimmten Regionen überlastet sein, können die jeweiligen Landesparlamente diese Kreise als Hotspots ausweisen. Übergangsweise dürfen die Länder bis zum 2. April die bisherigen Regeln weiter gelten lassen.
Die Ampel-Koalition hat das neue Infektionsschutzgesetz auf den Weg gebracht, weil andernfalls am Samstag alle bisherigen Corona-Maßnahmen auslaufen würden. Heute wollen Bundestag und Bundesrat darüber entscheiden. Die Länder kritisierten bereits gestern, dass das neue Gesetz zu wenig konkret und schwerer umzusetzen sei. Auch bei SPD und Grünen gibt es Kritik, die FDP wehrte sich aber gegen strengere Regeln.
Auch die Grünen sind unzufrieden
Vor allem Politiker aus der Union stören sich daran, dass die bundesweiten Corona-Auflagen gelockert werden. Der CDU-Gesundheitspolitiker Tino Sorge sagte im Bundestag, die geplanten Regelungen erzeugten ein "Wirrwarr". Die Koalition habe nicht geklärt, wann genau eine Kliniküberlastung drohe. Das Gesetz sei "ein einziger unscharfer Rechtsbegriff", so Sorge.
Die Grünen machten deutlich, dass sie selbst unzufrieden mit dem Gesetzentwurf sind. Es sei kein Geheimnis, dass sie sich mehr gewünscht hätten, sagte die Grünen-Gesundheitspolitikerin Kirsten Kappert-Gonther. Auf die Länder komme nun eine große Verantwortung zu, die vorgesehene Übergangsfrist bis 2. April sowie die Regelungen für sogenannte Hotspots mit hohen Infektionszahlen zu nutzen. "Wenn die neuen Maßnahmen nicht ausreichen werden, müssen wir nachsteuern."
FDP hält Maßnahmen für angemessen
Aus Sicht der FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus sind die Neuregelungen "ein wichtiger Schritt in Richtung Normalität, aber bei gleichzeitiger Handlungsfähigkeit". Die Pandemie sei selbstverständlich noch nicht vorbei, sagte sie. Die Situation sei aber eine andere als vor zwei Jahren. Trotz "riesiger Inzidenzen" gebe es weniger Fälle auf den Intensivstationen. Der Schutz gefährdeter Gruppen werde angemessen und zielgerichtet umgesetzt.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Stephan Brandner, warf Lauterbach vor "Schreckenszenarien" zu verbreiten. Er bezeichnete den Minister als "Lügner". Es seien nicht Millionen Menschen gestorben, die nicht geimpft seien. "Wir brauchen eigentlich eher ein Injektionsschutzgesetz als ein Infektionsschutzgesetz, wenn Sie weiter hier als Bundesminister arbeiten wollen", sagte Brandner an Lauterbach gerichtet.