9-Euro-Ticket "Eine der besten Ideen" - ohne Zukunft?
Kanzler Scholz hat das 9-Euro-Ticket als "eine der besten Ideen, die wir hatten" gewürdigt. Eine direkte Anschlussregelung wird es dennoch nicht geben - und Finanzminister Lindner möchte das Geld lieber anders verwenden.
Ende August läuft das 9-Euro-Ticket aus - wovon nach Angaben des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) bis zum 8. August etwa 38 Millionen Stück verkauft wurden. Trotz des Erfolgs gibt es noch keine Anschlussregelung.
Beim Tag der offenen Tür der Bundesregierung hat auch Bundeskanzler Olaf Scholz das günstige Ticket gelobt. "Es war eine der besten Ideen, die wir hatten", sagte der SPD-Politiker im Kanzleramt. Das Ticket sei gut angenommen worden und habe vor allem gezeigt, wo Schwierigkeiten und Defizite im öffentlichen Nahverkehr lägen. Viele Bürgerinnen und Bürger wünschten sich einfachere Strukturen und große Tarifverbände, das Umsteigen müsse einfacher werden.
Scholz kündigte an, dass Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) mit den 16 Bundesländern prüfe, wie die "Bequemlichkeit, Benutzbarkeit, vielleicht auch die Bezahlbarkeit" im öffentlichen Nahverkehr besser geregelt werden könne. Genauer äußerte sich Scholz nicht zu einer möglichen Nachfolgeregelung.
Kritik an Wissings Zeitplan
Die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Dorothee Martin, forderte schnelle Gespräche mit den Ländern. Der von Wissing avisierte Zeitplan reiche dafür nicht aus, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Wenn wir zu Beginn 2023 ein neues bundesweites Ticket einführen wollen, muss der Prozess dafür jetzt beginnen und der Zeitplan klar sein. Im Oktober, wie vom Verkehrsminister avisiert, ist das zu spät", fügte sie hinzu.
"Nicht finanzierbar"
Wissings Parteifreund, Bundesfinanzminister Christian Lindner, wies Forderungen nach einer Verlängerung des 9-Euro-Tickets erneut klar zurück. "Das würde 14 Milliarden Euro kosten", sagte Lindner im ARD-Sommerinterview. Dieses Geld würde andernorts für die Bildung oder für Investitionen in das Schienennetz fehlen. Die Idee eines kostenfreien öffentlichen Nahverkehrs sei "nicht finanzierbar".
Sorge vor Preiserhöhungen
Die Verbraucherzentralen fordern hingegen ein Folgeangebot und warnen vor Preisanhebungen bei Bussen und Bahnen. Die Chefin des Bundesverbands (vzbv), Ramona Pop, sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Es ist wichtig, dass beides beibehalten wird: Ein kostengünstiges und einfaches Modell und dass man bundesweit damit fahren kann." Im Nahverkehr sei das 9-Euro-Ticket "so etwas wie eine Revolution" gewesen. "Es wäre sehr schade, die Menschen hier zu enttäuschen, die das wirklich sehr ausführlich genutzt haben in den letzten Monaten."
Pop warnte vor einem Rückschlag mit drastischen Preiserhöhungen im Herbst. "Die Erwartung ist, dass alle Verkehrsunternehmen in dieser schwierigen Lage nicht die Menschen weiter belasten. Das braucht aber eben natürlich auch ein politisches Backing, um Mehrkosten auszugleichen", warnte sie.
Wie geht es weiter?
Das 9-Euro-Ticket für den Nahverkehr in ganz Deutschland war als Teil des Entlastungspakets der Bundesregierung für die Monate Juni, Juli und August beschlossen worden, um Verbraucherinnen und Verbraucher angesichts der hohen Inflation zu helfen.
Als Anschlussangebote gibt es Vorschläge für ein 365-Euro-Jahresticket und Monatstickets für 29, 49 oder 69 Euro. Im Gespräch sind auch regionale Pauschalangebote, die deutlich günstiger als bisher sein sollen. Einige Verkehrsverbände warnen jedoch davor, dass günstige Angebote dringend notwendige Investitionen für einen attraktiveren ÖPNV gefährdeten.