Treffen im Kanzleramt Keine Einigung zwischen Scholz und Merz
CDU-Chef Merz hat Kanzler Scholz punktuelle Zusammenarbeit angeboten - unter der Bedingung eines früheren Termins für eine Vertrauensfrage. Den lehnt Scholz jedoch ab. Ein Treffen im Kanzleramt brachte keine Einigung.
Ein knapp halbstündiges Gespräch im Kanzleramt zwischen CDU-Chef Friedrich Merz und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Kanzleramt über eine punktuelle Zusammenarbeit im Bundestag ist nach Angaben aus der Unionsfraktion ergebnislos geblieben.
Merz habe Scholz demnach angeboten, die Union sei jederzeit bereit, über anstehende Tagesordnungspunkte oder Gesetze im Bundestag zu sprechen, aber erst, wenn vom Bundeskanzler in den kommenden Tagen die Vertrauensfrage gestellt worden sei. Scholz wolle aber am Zeitplan für die Vertrauensfrage im kommenden Jahr festhalten.
Merz fordert frühere Vertrauensfrage
In dem etwa 25-minütigen Gespräch sei es "um die politische Instabilität", in die Olaf Scholz Deutschland manövriert hat", gegangen, hieß es aus der Unionsfraktion weiter. Merz habe deutlich gemacht, dass die Union erwarte, dass es jetzt keine mehrere Monate dauernde Hängepartie geben könne. Die Lage in Deutschland, Europa und der Welt erfordere eine innen- wie außenpolitisch handlungsfähige Bundesregierung.
Die Unionsfraktion im Bundestag hatte den Kanzler einstimmig aufgefordert, die Vertrauensfrage sofort, spätestens aber Anfang nächster Woche, zu stellen. Ein Wahltermin in der zweiten Januar-Hälfte sei möglich, so Merz. Man werde dann prüfen, welche Gesetzesprojekte die Unionsfraktion bis dahin noch mit der Regierung verabschieden könne, sagte Merz.
Scholz hingegen will die Vertrauensfrage in der ersten Sitzungswoche des Bundestages im neuen Jahr am 15. Januar stellen, um noch im Dezember Gesetze verabschieden zu können. Dafür hatte er Merz um Zusammenarbeit gebeten. Auch heute bekräftigte Scholz, er wolle die Vertrauensfrage erst 2025 stellen. Er werde nun das tun, was für das Land notwendig sei, sagte der SPD-Politiker in Berlin.
Treffen zwischen Merz und Steinmeier
Am Nachmittag will Merz auch mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in dessen Amtssitz, dem Schloss Bellevue in Berlin, zusammenkommen, um über das weitere Verfahren zu sprechen.
Nach dem Stellen der Vertrauensfrage habe der Bundespräsident Zeit, den Bundestag innerhalb einer Frist von 21 Tagen aufzulösen. Man habe in diesen 21 Tagen genug Zeit, herauszufinden, ob es Themen gebe, die man gemeinsam beschließen müsse. "Wir sind selbstverständlich bereit, Gespräche zu führen, selbstverständlich bereit, auch hier Verantwortung für unser Land zu übernehmen", so Merz.
Forderungen nach schnellerer Vertrauensfrage bereits gestern
Bereits gestern hatten sich Forderungen nach einer zügigeren Vertrauensfrage gemehrt. CSU-Chef Markus Söder schrieb etwa auf der Plattform X, es müsse schnellstmöglich Neuwahlen geben: "Taktische Verzögerungen darf es nicht geben." Den anvisierten Termin für die Vertrauensfrage im Bundestag Mitte Januar findet er zu spät. "Die Vertrauensfrage muss sofort und nicht erst im nächsten Jahr gestellt werden. Damit könnten Neuwahlen sogar noch im Januar stattfinden."
Gleiche Töne kamen auch vom CDU-Abgeordneten Roderich Kiesewetter. "Das Vertrauen ist heute verspielt worden, da kann die Vertrauensfrage nicht im Januar gestellt werden."
AfD ebenfalls für umgehende Vertrauensfrage
Die AfD schloss sich der Forderung an. "Olaf Scholz sollte spätestens nächste Woche die Vertrauensfrage stellen und den Weg für einen Neuanfang frei machen", erklärten die Fraktionschefs Alice Weidel und Tino Chrupalla in einer gemeinsamen Erklärung gestern. Der Kanzler habe längst jede Kontrolle verloren. Keinem Bürger sei "dieses Chaos noch vermittelbar". Das Bündnis aus SPD, Grünen und FDP habe das Land mit großen Schritten an den wirtschaftlichen Abgrund geführt.
Wagenknecht: "Politische Insolvenzverschleppung"
Die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht sprach in Bezug auf Scholz' Zeitplan gar von "politischer Insolvenzverschleppung". Im Portal t-online kritisierte sie zudem den Plan von Scholz, die Schuldenbremse über eine Notlage aufzuheben, um Mittel für die Waffenlieferung an die Ukraine zu haben, "während in Deutschland Brücken und Schienen verrotten und Millionen Rentner in Armut" lebten, zeige, "dass diese Regierung zurecht gescheitert ist".