Lindner bei Caren Miosga "Ich spüre jeden Tag die Grenzen, an die wir stoßen"
Bei Caren Miosga hat Bundesfinanzminister Lindner seine Sparpläne und die Schuldenbremse verteidigt. Die Zukunft der Ampel-Regierung ließ er hingegen offen.
In der ARD-Talksendung Caren Miosga hat sich Bundesfinanzminister Christian Lindner zu aktuellen Streitthemen in der Koalition geäußert - und gleichzeitig die Zukunft der Ampel offen gelassen.
Angesprochen auf die Landtagswahl in Thüringen am 1. September dieses Jahres und den anstehenden Wahlkampf erklärte Lindner: "Ich werde mich in Thüringen nicht engagieren."
Kritischer Blick auf Thüringen
Es sei eine alte Vereinbarung, dass die Bundespartei sich nicht am Wahlkampf beteilige, sollte Thomas Kemmerich als Spitzenkandidat antreten, so Lindner. Kemmerich wurde am vergangenen Samstag in Weimar als Spitzenkandidat der FDP bei der Landtagswahl bestätigt.
Der Thüringer FDP-Chef hatte sich 2020 mit den Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten wählen lassen, was eine Regierungskrise in Thüringen auslöste und nach Intervention sowohl aus der Bundes-FDP wie auch anderen Parteien zum anschließenden Rücktritt Kemmerichs führte.
Lindner verteidigt Auftritt auf Bauern-Demo
Seinen Auftritt bei der Demonstration der Bauern vor dem Brandenburger Tor in Berlin im Januar dieses Jahres verteidigte Lindner in der Sendung. Bei der Demonstration hatte der FDP-Chef erklärt, anders als die Klimakleber "ehren die Bauern das Brandenburger Tor".
Bei Caren Miosga erklärte sich der Finanzminister: "Ich bin zunächst mal hingegangen und hab mich mal ausbuhen lassen." Anfang des Jahres sei die Stimmung aufgeheizt gewesen. Es wären Galgen aufgestellt worden, und er sei froh gewesen, dass der Protest friedlich abgelaufen sei.
Dazu hätte auch sein Auftritt beigetragen, so Lindner, ebenso wie die teilweise Rücknahme der geplanten Kürzungen von Subventionen für die Landwirtschaft: "Ich habe dort gesagt, ich habe ein Angebot für euch", so Lindner. Die Ampel hätte seither die Situation der Bauern verbessert und damit die Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit der Landwirte gesichert.
Klare Haltung zur Schuldenbremse
Im zweiten Teil der Sendung waren zusätzlich zum Finanzminister der Ökonom Jens Südekum von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und die Journalistin Kristina Dunz, stellvertretende Leiterin der Hauptstadtredaktion des Redaktionsnetzwerks Deutschland, zu Gast. Südekum kritisiert die Schuldenbremse als nicht angemessen für die aktuellen Herausforderungen. Internationale Experten würden diese schon länger als Problem sehen.
Erst vergangenen Herbst war der Bundeshaushalt an einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gescheitert. Dieses hatte die geplante Umwidmung des Sondervermögens für Corona-Hilfen zur Finanzierung des laufenden Haushalts als nicht verfassungskonform erklärt. Als Antwort hatten zahlreiche Ökonomen eine Reformierung der Schuldenbremse und die Aufnahme von Schulden gefordert, um den Haushalt dennoch finanzieren zu können.
Finanzminister Christian Lindner hatte stattdessen einen Sparkurs verordnet - und möchte diesen beim kommenden Haushalt ebenfalls fortführen, wie er bei Caren Miosga erklärte: "Es gehört zur ökonomischen Vernunft, dass Deutschland stabil bleibt", so Lindner. "Am Ende muss das immer jemand zahlen, und das sind die Bürger."
Lindner setzt auf steigende Steuereinnahmen
Angesprochen auf das Haushaltsloch von 30 Milliarden Euro erklärte der Finanzminister, er wolle dieses mit gestiegenen Steuereinnahmen durch eine boomende Wirtschaft stopfen. Laut Ökonom Südekum ist das eine unmögliche Aufgabe: "Es ist ein Denkfehler, den Herr Lindner hat, dass er Strukturreformen kombinieren will mit einem Sparkurs." Es sei völlig illusorisch, 30 Milliarden Euro durch einen Sparkurs einzufahren. Der Ökonom schlug stattdessen ein Konjunkturprogramm vor, bei dem zunächst durch Kredite Investitionen finanziert werden und anschließend die Schuldenbremse reformiert werden solle.
Auch Journalistin Kristina Dunz kritisierte Lindners Sparpläne. Sie erklärte, dass der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine bereits besondere finanzielle Kosten verursache, die gedeckt werden müssten und es noch gravierender werden könne: "Wenn die Ukraine diesen Krieg verliert, dann wird es für uns unvergleichlich teurer." Dunz verwies außerdem darauf, dass die marode Infrastruktur für die junge Generation zum Problem werde - nicht nur eine steigende Schuldenlast.
Zukunft der Ampel-Regierung ungewiss
Zuletzt war im Zuge der Auseinandersetzungen über die künftige Haushaltspolitik immer wieder darüber spekuliert worden, ob die FDP aus der Ampel-Regierung aussteigt. Auch Journalistin Kristina Dunz sieht dafür Anhaltspunkte. Zu Finanzminister Lindner gewandt sagte sie bei Caren Miosga: "Es ist ja interessant, dass Sie auf die Frage, ob Sie die Koalition platzen lassen, nie sagen, 'Nein, mache ich nicht.'"
FDP-Chef Lindner entgegnete hierauf: "Es gibt keinen Blankoscheck in der Politik. Dann wäre ich ja erpressbar." Er habe das Ziel, einen guten Haushalt vorzulegen und eine Wirtschaftswende in dem Stil zu erreichen, wie er es beschrieben habe. Es gebe durchaus unterschiedliche Sichtweisen innerhalb der Ampel-Regierung, und das führe zu Streit, so Lindner: "Ich spüre jeden Tag die Grenzen, an die wir stoßen." Trotzdem hätte die Ampel-Regierung es bisher immer geschafft, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.