Jusos im Bundestag Mehr Pragmatismus als lauter Krawall
Die Bundestagswahl 2021 hat die SPD-Fraktion verjüngt: Fast ein Viertel der Abgeordneten sind bei den Jusos. Der SPD-Nachwuchs trifft sich heute zum Bundeskongress. Was konnten die Jusos bislang in der Fraktion bewegen?
"Neuer Schwung tut natürlich immer gut", sagt Katja Mast, die schon seit 2005 für die SPD im Bundestag sitzt. Die Hälfte der Fraktion ist allerdings neu dabei seit der Wahl vor einem Jahr. Das bereichere die SPD-Politik, findet Mast, "weil damit ganz viele Biografien in den Bundestag gekommen sind, die wir bisher nicht hatten, viele junge Leute, viele mit Migrationshintergrund."
Die Wahl hat die SPD-Fraktion verjüngt: Ein Viertel der Abgeordneten ist jünger als 35 Jahre und damit Mitglied bei den Jusos, dem Partei-Nachwuchs. Der gilt als kompromissloser, linker als die Mutterpartei. Und er will den Kern des SPD-Programms durchsetzen, sagt Juso-Chefin Jessica Rosenthal, die auch seit 2021 im Bundestag ist: "Da hilft es dann natürlich auch sehr, dass wir viele Jusos im Parlament haben, die in vielen, vielen kleinen Berichterstatter-Gesprächen darauf achten, dass das auch wirklich passiert."
Viele kleine Gespräche, das klingt nicht nach der Revolte, die manche erwartet haben, als so viele Junge ins Parlament kamen. Als Parlamentarische Geschäftsführerin steuert Mast die Arbeit der Fraktion: "Also, ich sehe keinen Aufstand und die Jusos sind kein und waren auch nie ein homogener Block."
Unterschiedliche Bilanz
So fallen auch die Einschätzungen ganz unterschiedlich aus, wie viel Einfluss die Jungen haben. Erik von Malottki ist als Juso in den Bundestag gekommen. Inzwischen ist er 36 Jahre und gehört damit offiziell nicht mehr zur Nachwuchsorganisation. Seine Zwischenbilanz nach dem ersten Jahr im Bundestag: "Wir haben noch nicht die richtigen Mittel und Wege gefunden, wie wir uns sichtbar machen. Und natürlich liegt das an unsicheren Zeiten und diesen ganzen Sachen. Aber ich würde nicht sagen, das ist eine Ausrede. Ich kenne genug Leute, die das wollen. Natürlich sind viele unsicher, weil wir alles zum ersten Mal machen."
Die Juso-Vorsitzende Rosenthal sieht es anders. Die Jusos kämpften etwa bei den steigenden Energiepreisen klar dafür, die Ärmeren zu unterstützen und dass die Reicheren mehr Kosten tragen. "Da würde ich jetzt nicht sagen, dass wir als Jusos besonders leise gewesen sind, sondern im Gegenteil, wenn es um die Gasumlage zum Beispiel geht, haben wir extrem deutlich gemacht, auch ich persönlich, wo wir stehen. Und am Ende hat uns das ja auch Recht gegeben."
Mast: Neue im Bundestag gleich am ersten Tag gefordert
Dennoch fallen die Jusos keineswegs damit auf, ständig über ihren SPD-Kanzler Olaf Scholz oder die Regierungsarbeit zu meckern. Mast wundert das nicht. Gerade für die Neuen im Bundestag seien all die Krisen herausfordernd: "Vom ersten Tag ist man in der Verantwortung gefordert gewesen, die ich so noch nie gesehen habe. Wir waren noch in Corona. Es gab den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg von Putin, der ganz neue Fragen mit der Zeitenwende an uns gestellt hat."
Und die SPD hat ihren Nachwuchs in die Pflicht genommen: als rechtspolitische Sprecherin, Integrationsbeauftragte oder stellvertretende Vorsitzende der Fraktion - alle nicht älter als 35. Auch in diesen Positionen braucht es oft mehr Pragmatismus und weniger Krawall.