Schutz von Politikern Innenminister wollen Übergriffe härter ahnden
Die deutschen Innenminister haben sich in einer Sondersitzung für eine Verschärfung des Strafrechts ausgesprochen, um Politiker besser vor Angriffen zu schützen. Bundesinnenministerin Faeser forderte in den tagesthemen "ein ganz deutliches Stopp-Signal."
Als Reaktion auf den gewaltsamen Angriff auf den SPD-Europaabgeordneten Matthias Ecke in Dresden wollen die Innenminister von Bund und Ländern eine Verschärfung des Strafrechts überprüfen. Das ist das Ergebnis einer virtuellen Sondersitzung der Innenministerkonferenz (IMK), wie der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen, mitteilte.
Das bestehende Strafrecht bilde die Bedrohung für Amts- und Mandatsträger, aber auch für Ehrenamtliche "nicht mehr hinreichend ab", sagte der CDU-Politiker. Dabei gehe es vor allem um die Straftatbestände Körperverletzung und Nötigung.
Diese Erkenntnis soll sich Stübgen zufolge nun in konkreten Gesetzesinitiativen zur Erweiterung des Strafgesetzbuches niederschlagen. Die aggressive Beeinflussung von Amts- und Mandatsträgern müsse mit ihrer besonderen Wirkung auf die Demokratie strafrechtlich schärfer gefasst und geahndet werden.
Zuspruch für Vorschläge aus Bayern und Sachsen
Die Innenminister stellten sich hinter eine Bundesratsinitiative von Bayern aus dem vergangenen Jahr, die eine höhere Strafzumessung zum besseren Schutz von ehrenamtlich aktiven Menschen vorsieht. Sie warben auch für eine Bundesratsinitiative Sachsens, die das Kabinett erst am Dienstag beschlossen hatte.
Im Kern geht es dabei um einen neuen Straftatbestand, der die Beeinflussung von Amts- und Mandatsträgern durch politisches Stalking ahnden soll. Damit sollen Entscheidungsträger gerade auch auf kommunaler Ebene vor bedrohlichen Übergriffen auf ihr Privatleben geschützt werden.
Faeser pocht auf schnellere Justizverfahren
Bundesinnenministerin Nancy Faeser sprach nach der Konferenz von einer "äußerst brutalen Gewalttat" gegen Ecke. Die Zahl der Angriffe auf Mandatsträger sei 2023 bereits im Vergleich zu 2022 um 53 Prozent gestiegen. "Wir erleben hier eine Eskalation antidemokratischer Gewalt", erklärte sie.
Im Interview mit den tagesthemen machte sie anschließend klar, dass "ein ganz deutliches Stoppsignal für Gewalttäter" nötig sei. Sie kündigte in diesem Zusammenhang eine Strafverschärfung an. "Ich werde mich dafür jetzt bei Bundesjustizminister Buschmann auch einsetzen", erklärte Faeser. Zudem gebe es einen Beschluss, auf den die Innenminister Bezug nehmen, der dem Deutschen Bundestag vorliegt. "Dort hat der Bundesrat eindeutig entschieden, dass bei der Strafzumessung etwas getan werden soll."
Dennoch dämpfte die Ministerin im Interview die Erwartungen, dass dies das Problem vollständig löse. Es brauche auch weitere Maßnahmen. "Wir haben uns heute deutlich ausgesprochen, dass die Delinquenten schnell merken müssen, dass sie was falsch gemacht haben", sagte sie. In dem Zusammenhang nannte die SPD-Politikerin schnellere Justizverfahren. Natürlich gelte es immer, "dass der Rechtsstaat mit voller Härte durchgreifen sollte". Im Bereich des Strafrahmens sei nach Ansicht Faesers aber "noch Luft nach oben".
Ermittlungen gegen vier mutmaßliche Täter
Der 41-jährige SPD-Politiker Ecke war am Freitagabend beim Plakatieren in Dresden von mehreren Personen angegriffen und so schwer verletzt worden, dass er operiert werden musste. Am Montag meldete er sich über die Plattform X zu Wort und dankte für die Anteilnahme.
Polizei und Staatsanwaltschaft beschuldigen vier junge Deutsche im Alter von 17 und 18 Jahren, den Angriff verübt zu haben. Die Hintergründe sind weiter unklar. Allerdings soll ein 17-Jähriger Verbindungen in das rechtsextreme Milieu haben.
"Das gefährdet unsere Demokratie"
Die Innenminister verurteilten die Angriffe auf Ecke und andere Mandatsträger. "Die erneuten Übergriffe stehen für eine gesellschaftliche Entwicklung, mit der die Menschen nicht nur mit Worten, sondern mit Gewalt, Hass und Hetze politische Ziele durchzusetzen versuchen", sagte Stübgen.
"Das gefährdet unsere Demokratie, unseren freiheitlichen Rechtsstaat insgesamt." Es könne Menschen Angst machen, ihre Meinung zu sagen und sich einzusetzen. "Die Polizei kann dabei die Verrohung im politischen Diskurs nicht alleine verhindern." Nötig sei eine breite gesellschaftliche Diskussion, die weit über die Zuständigkeit der Innenminister hinausgehe.
"Gesamtgesellschaftliche Frage"
Auch Faeser glaubt nicht, dass "Polizeipräsenz alleine" Amts- und Mandatsträger vor Übergriffen schützen könne. Es sei eine gesamtgesellschaftliche Frage, wie man der verhärteten und zunehmenden Gewalt und auch mit Hass und Hetze umgehe, sagte sie in den tagesthemen. "Wie können wir ein besseres gesellschaftliches Klima auch schaffen, damit es nicht mehr passiert?" In diesem Zusammenhang warnte die Innenministerin auch davor, weiter in politischen Debatten zuzuspitzen und dem Gegenüber keinen Respekt mehr entgegenzubringen.