Schrottimmobilien in Deutschland Enteignungen als letzte Option
Fahrstuhl kaputt, Wände verschimmelt, Vorgarten vermüllt. Manche Vermieter lassen Wohnungen verkommen, wie etwa in einem Hochhaus in Dortmund. Für die zuständige Ministerin könnte Enteignung eine Option sein.
Marco Krieg vom Verein "Mieter Netzwerk Dortmund" steht kopfschüttelnd in einer Wohnung. An einer Wand sind überall Schimmel- und Wasserflecken zu sehen. Die Mieterin der Wohnung zeigt ihm auf dem Handy, wie das Wasser kürzlich die Wand hinunter floss. Dann bricht sie in Tränen aus:
Keiner hat reagiert. Dabei bezahlen wir doch Miete, gehen Arbeiten. Wir fühlen uns wie Obdachlose.
Wasserschäden wie hier sind nur eines der Probleme in dem Dortmunder Hochhaus.
Müll, Ratten, Schimmel und Wasserschäden
Marco Krieg kennt solche Probleme aus dem Hochhaus. Immer wieder wenden sich verzweifelte Mieter und Mieterinnen an ihn. Die Themen sind dabei immer die gleichen: Müll, Ratten, Schimmel und Wasserschäden. Im vergangenen Winter gab es laut den Mietern monatelang keine Heizung.
Erst Mitte des Jahres war die nordrhein-westfälische Bauministerin Ina Scharrenbach vor Ort, um sich ein Bild von den Zuständen zu machen. Im Rahmen einer landesweiten Kontrollaktion wurde auch das Hochhaus im Dortmunder Norden unter die Lupe genommen. Doch ein Kontakt zu dem Eigentümer bestünde nicht, sagt die Ministerin von der CDU im Interview mit dem ARD-Politikmagazin Report Mainz: Der Name und die Handelsregistereinträge würden regelmäßig erneuert. "Da gibt es keine Kontakte."
Marco Krieg im Gespräch mit einer verzweifelten Mieterin. Oft sei es unmöglich, an die Eigentümer ranzukommen, sagt er.
"Sehr gute Verschleierungstaktik"
Auch Marco Krieg vom "Mieter Netzwerk Dortmund e.V." bewertet die Eigentümerstrukturen kritisch: "Als Mieter an die Eigentümer ranzukommen ist utopisch. Es ist eine Suche ins Leere. Selbst die Städte haben immer wieder ein Problem, da hinterher zu stöbern, weil die Verschleierungstaktik halt sehr gut ist."
Gegenüber Report Mainz antwortete die Eigentümergesellschaft auf Anfrage im Januar 2023, dass man ein sehr junges Unternehmen und erst seit 2022 operativ tätig sei. Und weiter wörtlich: "Die Wohnungen [...] werden in einen tadellosen Zustand versetzt, wie es unsere anderen Immobilien bereits sind. In den kommenden Monaten werden erhebliche Instandsetzungs- und Sanierungsmaßnahmen durchgeführt."
Im November teilte die Gesellschaft dann mit, dass die Probleme bei der neuen Hausverwaltungsfirma lägen: "Wir waren uns sicher, mit dieser Hausverwaltung eine sehr leistungsfähige Geschäftspartnerin gefunden zu haben und dass sämtliche Anliegen der Mieterinnen und Mieter zu aller Zufriedenheit gelöst werden. Diese Zuversicht hat sich indes nicht bestätigt."
Auch um den Müll vor dem Hochhaus kümmert sich die Verwaltung nicht.
"Kein redlicher Eigentümer"
Die nordrhein-westfälische Bauministerin Ina Scharrenbach sieht in Enteignungen ein Mittel, um für Mieter menschenwürdige Wohnverhältnisse zu schaffen, wenn der Vermieter Wohnungen verkommen lässt und Schäden nicht abstellt. "Enteignung ist immer ein hoher Tatbestand, weil Eigentum verpflichtet", sagte Scharrenbach gegenüber Report Mainz.
Wenn alle anderen Mittel ausgeschöpft seien, in einem Wohnungsbestand für haltbare Zustände zu sorgen, und es verbessere sich nichts, müsse man einen Weg zur Enteignung eröffnen können. Eine Stadt sollte die Möglichkeit haben zu sagen: "Dieser Eigentümer ist kein redlicher Eigentümer, und er ist eben nicht vom Schutzbereich des Grundgesetzes umfasst."