Arbeitsminister Heil Der Solitär
Ab sofort gilt ein höherer Mindestlohn - und das liegt auch an Hubertus Heil. Der Arbeitsminister setzte seine Pläne zuletzt meist ohne großes Brimborium um. Wie macht er das bloß?
Hubertus Heil weiß offensichtlich, wie man einen Startvorteil nutzen muss. Als einziger Minister der aktuellen Bundesregierung hatte er das Amt schon im Vorgängerkabinett inne und konnte so mit einem weitgehend eingearbeiteten Apparat loslegen. Bürgergeld, Zwölf-Euro-Mindestlohn, Rentenpaket I sind in der Spur. Noch in diesem Jahr sollen Rentenpaket II und ein Fachkräfte-Qualifizierungsgesetz folgen, so der SPD-Politiker.
Manchmal knackt es aber auch im Gebälk. Nicht alle in der Koalition fanden es gut, als der Arbeits- und Sozialminister mit seinem Vorschlag zum Klimageld im Frühjahr einen nicht abgestimmten Versuchsballon steigen ließ. Er selbst scheint da weitgehend mit sich selbst im Reinen. Er hätte bestimmt die Grundrente in der Großen Koalition nicht durchgesetzt, wenn er seinen Kabinettskollegen nicht ständig gehörig auf die Nerven gegangen wäre, sagt Heil.
Kritik für das Bürgergeld
Apropos Klimageld. Ulrich Schneider, Vorsitzender des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, lobte den Minister ausdrücklich für den Vorschlag. Verena Bentele, Vorsitzende des Sozialverbandes VdK, sagt, Heil tue viel für die Stabilisierung des Rentenbeitragsniveaus. Auch wenn es beim Thema Bürgergeld von beiden Kritik gibt, ist das für einen Sozialminister, für den die Sozialverbände oft der Endgegner sind, keine schlechte Geschäftsgrundlage.
Weniger harmonisch ist das Verhältnis zu führenden Unionspolitkern. Die jüngste Kritik des bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder am Bürgergeld bringt Heil auf die Palme. "Unanständig" findet er, Geringverdiener und Bürgergeldempfänger gegeneinander auszuspielen. Auch Jens Spahn und Heil werden sicher keine Freunde mehr.
In der Koalition hingegen läuft es, seiner Ansicht nach, gut. Es brauche manchmal längere Diskussionen, aber dann finde man tragfähige Kompromisse. Er hätte sich noch vor einiger Zeit nicht vorstellen können, mit einem Finanzminister Lindner einen Mindestlohn von zwölf Euro zu vereinbaren. Der einzige schwere Fehler sei gewesen, dass man beim Energiegeld zunächst Rentner und Studierende vergessen habe. "Das hat uns die Kommunikation versaut", so Heil drastisch.
Skandalfreies Regierungshandeln
Relativ erfolgreich und skandalfreies Regierungshandeln: Dies macht den Minister mit dem, immer noch, größten Etat im Kabinett fast schon zum Solitär in der Regierungsmannschaft. Eine wichtige Stütze für den Kanzler, der nichts weniger brauchen kann als einen weiteren Problemfall im Kabinett mit entsprechend negativer Presse.
In der SPD ist Heil als langjähriger Generalsekretär ohnehin gut vernetzt. Weitergehende Machtansprüche leitet er hieraus nicht ab. Seine Gestaltungsmacht wird allerdings durch seinen Beitrag zum aktuellen Grundsatzprogramm der Partei deutlich.
Heil und die Krisen
Dass die vielfältigen Krisen und die beschränkten finanziellen Möglichkeiten der Bundesregierung seinen Handlungsspielraum für den Rest der Legislaturperiode einschränken könnten, sieht Heil nicht so. Er sei zuversichtlich, dass alles was er sich bis 2025 vorgenommen habe, auch umgesetzt werden könne. Als "Berufsoptimisten" hat "Die Zeit" Heil vor Kurzem bezeichnet.
Er selbst verortet sich anders. Er habe in den vergangenen Krisen zwei Negativbeispiele von Politikern kennengelernt: Die, die sich selbst für Superhelden halten, und die, die fachlich nichts umgesetzt bekämen. Er tue alles, um nicht dazu zu gehören.