Ampel-Streit um Haushalt Ein Warnsignal zum richtigen Zeitpunkt
Finanzminister Lindner zeigt seinen ausgabefreudigen Koalitionspartnern die finanziellen Grenzen auf. Das ist richtig. In Zeiten hoher Inflation kann sich der Staat das Schuldenmachen nicht mehr leisten.
Das ist ein Warnsignal für die Bundesregierung. Finanzminister Christian Lindner muss den ersten wichtigen Termin für die Aufstellung des Bundeshaushalts 2024 verschieben. Die Ampelparteien bekommen es derzeit offenbar nicht hin, sich über die Finanzen zu verständigen. Und am Geld hängt bekanntlich fast alles.
Das kommt nicht ganz überraschend. Denn in der Koalition gehen die Vorstellungen weit auseinander, was sich der Staat leisten kann und leisten soll. Dem Bremser Lindner stehen ausgabefreudige Sozialdemokraten und insbesondere Grüne gegenüber.
Und der Haushalt des kommenden Jahres wird ein entscheidender. Zum ersten Mal soll die Schuldenbremse das Grundgesetzes tatsächlich wieder voll greifen. Ein wirklich solider Etat soll aufgestellt werden.
Krisen mit Geld zugeschüttet
Für den laufenden Haushalt 2023 hatte die Ampelkoalition noch auf hohe Rücklagen zurückgegriffen und sich über Schattenhaushalte, die sogenannten Sondervermögen, zusätzliche Schulden gegönnt. Nach dem "Corona-Wumms" folgte der "Doppel-Wumms" gegen hohe Energiepreise - kalkuliert mit 200 Milliarden Euro, was fast einem halben regulären Bundeshaushalt entspricht. Dazu kamen noch 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr.
Die Ausnahmejahre seit Beginn der Corona-Krise haben in der Finanzpolitik die Mentalitäten verschoben. Seit 2020 hat gegolten, dass die Krisen mit Geld zugeschüttet werden. Geld, das man aber gar nicht hatte und deshalb entsprechend Schulden aufnehmen musste. Als könne der Staat immer mehr auf Pump finanzieren.
Manche Krisenhilfe dürfte dabei völlig übertrieben gewesen sein. Man denke nur an die großzügigen Einmalzahlungen zu Beginn der Corona-Pandemie oder auch den Tankrabatt. Und der 200 Milliarden Euro schwere "Doppel-Wumms" zur Bewältigung der Energiekosten erweist sich dank gefallener Energiepreise inzwischen auch als überdimensioniert.
Ampel braucht einen Mentalitätswechsel
Das Problem: Kredite gibt es in Zeiten hoher Inflation längst nicht mehr für umsonst. Im kommenden Jahr wird der Bund wohl 40 Milliarden Euro nur für Zinsen ausgeben müssen. 40 Milliarden Euro sind mehr Geld, als das Verkehrsministerium zur Verfügung hat. Und weiteres Schuldenmachen erhöht nicht nur die Zinskosten, sondern befeuert auch die Inflation.
Es braucht deshalb jetzt einen Mentalitätswechsel. Das bedeutet, nicht immer neue Ausgabenwünsche draufzusatteln, was insbesondere für Grüne und SPD gilt. Bürgergeld, Kindergrundsicherung, umfangreiche Staatshilfen für die Energie- und Klimawende - alles schön und gut. Man muss es sich nur leisten können.
Es ist deshalb richtig, dass Finanzminister Lindner in dieser Lage darauf pocht, dass solide gewirtschaftet wird und die Schuldenbremse tatsächlich eingehalten werden muss. Darauf hatte sich schließlich auch die Ampel in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt - mit Kanzler Olaf Scholz an der Spitze. Vielleicht muss Scholz seinen ausgabefreudigen Kabinettskollegen klar machen, wo die Grenzen sind. Dann hätte das Warnsignal der Haushaltsverschiebung am Ende auch etwas Gutes.