Lindner auf FDP-Parteitag "Wir haben eigene gute Ideen"
Christian Lindner bleibt FDP-Chef. Mit 88 Prozent wurde er beim Parteitag im Amt bestätigt. Zuvor hatte er klare Grenzen gezogen - vor allem zum grünen Koalitionspartner, aber auch zur Union.
Manche Delegierte hatte schon befürchtet, Klima-Aktivisten könnten den Zugang zum FDP-Parteitagsgelände blockieren, doch es blieb beim Verteilen von Flugblättern und dem Hochhalten von Plakaten. Zuvor war bekannt geworden, dass Verkehrsminister Volker Wissing Anfang Mai Vertreter der Gruppierung "Letzte Generation" treffen will.
Parteichef Christian Lindner kritisierte die sogenannten Klima-Kleber in seiner Parteitagsrede aber deutlich: "Kein noch so edles und nachvollziehbares Motiv kann darüber hinwegtäuschen, dass das Blockieren von Autobahnen und andere Maßnahmen nichts anderes ist als physische Gewalt", sagte er. "Und physische Gewalt darf niemals Mittel demokratischer Auseinandersetzung sein."
Klimaschutz lasse sich nur technologieoffen erreichen, so Lindner, der auch die jüngste Debatte um das Verbot neuer Gas- und Ölheizungen ansprach. Er bekräftigte seine Skepsis gegenüber dem vorliegenden Gesetzentwurf der Ampel, die er auch in einer Protokollerklärung zum Ausdruck gebracht hatte:
Ich hoffe darauf und bin mir sicher, dass im parlamentarischen Verfahren mit dem Sachverstand unserer Kolleginnen und Kollegen und mit der öffentlichen Debatte das Gebäudeenergiegesetz zu dem gemacht wird, was wir brauchen: ein technologieoffener, wirtschaftliche vernünftiger und sozial akzeptierter Weg, auch unsere Heizungen und Gebäude klimafreundlich zu machen - das ist unsere Aufgabe.
Keine "Dagegen-Partei"
Auch in anderer Hinsicht betonte der FDP-Vorsitzende Unterschiede gegenüber den Ampel-Partnern SPD und Grüne. Seine Partei kämpfe in der Regierung für ein modernes, nicht-linkes Deutschland. Zugleich trat der dem Eindruck entgegen, die FDP sei eine "Dagegen-Partei": "Wir sollten uns nicht darüber definieren lassen, ob wir für oder gegen die Ideen von anderen sind. Wir haben nämlich eigene gute Ideen, und für die kämpfen wir."
Einen Schwerpunkt legte Lindner auf die Wirtschafts- und Finanzpolitik. Angesichts einer zunehmenden Zinslast für den Bundeshaushalt warnte er erneut vor einer zu hohen Schuldenaufnahme. Auch einer Umwidmung von Schulden aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds, wie von SPD- und Grünen-Politikern ins Gespräch gebracht, erteilte der Finanzminister eine klare Absage.
Zugleich grenzte sich Lindner deutlich von den jüngst bekanntgewordenen Überlegungen der CDU zu höheren Steuern für Topverdiener ab. Die entsprechenden Pläne würden zu einem Spitzensteuersatz von mehr las 50 Prozent führen, warnte Lindner: "Ich betrachte es als schlicht ungerecht, wenn jemand mehr abgeben soll, als ihm von den Ergebnissen seiner Leistung selbst zusteht."
Wiederwahl mit 88 Prozent der Stimmen
Dreieinhalb Minuten stehender Applaus folgten auf die Rede - und am späten Nachmittag dann die Wiederwahl mit 511 von 579 abgegebenen Stimmen, was einem Ergebnis von 88 Prozent entspricht. Beim Parteitag vor zwei Jahren - damals hatte die Partei wegen der Corona-Pandemie virtuell getagt - war Lindner auf eine Zustimmung von rund 93 Prozent gekommen.
Die Delegierten wählten anschließend Wolfgang Kubicki (72 Prozent), Bettina Stark-Watzinger (86 Prozent) und Johannes Vogel (71 Prozent) zu Vizevorsitzenden. Mit 76 Prozent wurde Generalsekretär Bijan Djir-Sarai im Amt bestätigt.