Debatte um Entlastungspaket Koalitionsausschuss berät
Nun soll es schnell gehen mit dem dritten Entlastungspaket: Ab dem Morgen will der Koalitionsausschuss über weitere Hilfen beraten. Die Gewerkschaft Ver.di droht mit bundesweiten Protesten, falls die Entlastungen zu gering ausfallen sollten.
Die Koalition erhöht angesichts des öffentlichen Drucks das Tempo bei den Beratungen über weitere Entlastungen für die Bevölkerung. Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios will der Koalitionsausschuss bereits am Samstagmorgen zusammenkommen, um über weitere Maßnahmen zu beraten. Dem Ausschuss gehören Vertreter von SPD, Grünen und FDP aus Partei, Fraktion und Bundesregierung an. Auch die in der kommenden Woche anstehenden Beratungen im Bundestag über den Bundesetat für das kommende Jahr steigern den Zeitdruck, einen konkreten Fahrplan für Mehrausgaben festzulegen, die durch ein weiteres Entlastungspaket entstehen werden.
Mützenich rechnet mit "belastbaren Ergebnissen"
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich zeigte sich im Gespräch mit NDR Info zuversichtlich, dass sich die Koalitionspartner noch an diesem Wochenende auf "belastbare Ergebnisse" in puncto Entlastungen einigen können. Gerade mit Blick auf die am Dienstag beginnende Haushaltsdebatte sei es wichtig, dass nun "Verlässlichkeit" einziehe. Mützenich sprach von schwierigen Monaten, die bevorstünden, doch aktuell gehe es darum, kurzfristige Maßnahmen zu ergreifen. Der Fraktionschef stellte dabei nicht nur finanzielle Hilfen, sondern auch "strukturelle Maßnahmen" in Aussicht.
Kostenfrage bis zum Schluss Knackpunkt
Schon Anfang der Woche war die Ampel-Koalition bei ihrer Kabinettsklausur in Meseberg darum bemüht, in Sachen weitere Entlastungen Geschlossenheit und Optimismus zu demonstrieren. Doch gewisse Streitpunkte blieben, etwa beim Schlagwort Übergewinnsteuer oder in der Frage, wieviel sich die Bundesregierung das dritte Maßnahmenpaket denn kosten lassen will.
Die ersten beiden Entlastungspakete umfassten insgesamt ein Finanzvolumen von rund 30 Milliarden Euro. Wenn es nach Bundesfinanzminister Christian Lindner geht, ist auch im kommenden Jahr wieder ein zweistelliger Milliardenbetrag für Entlastungsmaßnahmen drin. Im laufenden Jahr jedoch könne nicht mehr als ein einstelliger Milliardenbetrag aufgebracht werden. Für die Grünen ist das zu wenig - sie zweifeln daran, dass eine solche Summe bis Jahresende genügt.
Wirtschaftsweise für längere AKW-Laufzeiten
Für Veronika Grimm, Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung, sollten mit einem dritten Entlastungspaket vor allem auch mittlere und kleine Einkommen entlastet werden - etwa durch weitere Einmalzahlungen. Auch einen Gaspreisdeckel schließt die Wirtschaftsweise nicht aus, wie sie auf der Klausur der Unionsfraktionsspitze in Bayern sagte.
Abhilfe in der Energiekrise bieten aber vor allem alternative Energiequellen zu russischen Ressourcen. Darum plädierte Grimm dafür, die Laufzeit für Atommeiler zu verlängern. Atomkraftwerke sollten fünf Jahre länger am Netz bleiben, zumindest die drei AKW, die derzeit noch an das deutsche Netz angeschlossen seien, so Grimm.
Die Bundesregierung will für die Entscheidung über eine Laufzeitenverlängerung erst die Ergebnisse eines Stresstests für den Weiterbetrieb der Kraftwerke abwarten. Ergebnisse dieses Tests liegen Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums zufolge bislang aber nicht vor.
Ver.di plant Proteste bei zu geringer Entlastung
Auch Frank Werneke, Chef der Gewerkschaft Ver.di, drängt auf einen deutlich höheren Finanzrahmen für das geplante Entlastungspaket. "Um die finanziellen Härten durch die Energiepreis-Explosion auszugleichen, muss der Staat noch einmal 20 bis 30 Milliarden Euro in diesem Jahr zusätzlich in die Hand nehmen", forderte er in der "Augsburger Allgemeinen".
Sollte die Bundesregierung die Bürgerinnen und Bürger aus Sicht der Gewerkschaft nicht ausreichend entlasten, droht Ver.di damit, sich bundesweit an Protesten zu beteiligen. Schon jetzt befinde sich Ver.di mit anderen Gewerkschaften und Sozialverbänden im Gespräch, um mögliche Demonstrationen und Protestaktionen vorzubereiten. "Wann, wenn nicht jetzt, sollen Menschen ihre Forderungen auf die Straße und die Marktplätze tragen", betonte Werneke weiter.