Gesetzentwurf zur Teillegalisierung Kabinett bringt Cannabis-Legalisierung auf den Weg
Die geplante Teillegalisierung von Cannabis kann kommen. Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Lauterbach verabschiedet. Die Neuregelungen wurden im Vorfeld vor allem von Union und Verbänden heftig kritisiert.
Das Bundeskabinett hat einem Gesetzentwurf zur Teillegalisierung des Cannabis-Anbaus und -Konsums zugestimmt. Der Entwurf von Gesundheitsminister Karl Lauterbach sieht unter anderem vor, dass der Besitz von 25 Gramm Cannabis für erwachsene Privatpersonen straffrei sein soll. Zudem können Privatpersonen mit bis zu drei Pflanzen selbst Cannabis anbauen.
In neu zu gründenden Vereinen von bis zu 500 Personen soll zudem für den privaten Konsum Cannabis angebaut werden dürfen. Die Abgabe soll für Mitglieder auf 25 Gramm pro Tag und 50 Gramm pro Monat beschränkt werden. Die Bundesländer entscheiden aber selbst, ob sie solche Anbaugruppen zulassen. Verkehrsminister Volker Wissing will Obergrenzen für den Konsum des Rauschmittels beim Autofahren vorlegen.
Heftige Kritik von Union und Verbänden
Nach dem Beschluss im Kabinett muss das Gesetz noch durch Bundestag und Bundesrat. In der Länderkammer ist es nach Angaben des Gesundheitsministeriums aber nicht zustimmungspflichtig. Mit einem Inkrafttreten rechnet das Ministerium bis zum Jahresende.
Der Gesetzentwurf wurde im Vorfeld heftig diskutiert. Zwischen den Ampel-Parteien und der oppositionellen Union sowie einigen unionsgeführten Ländern ist etwa umstritten, ob die Teillegalisierung den Cannabis-Konsum fördert oder lediglich aus der Illegalität holt. Zudem ist die Frage einer ausreichenden Prävention vor Suchtgefahren und einer möglichen weiteren Belastung der Justiz umstritten.
CDU befürchtet "kompletten Kontrollverlust"
Sachsens Innenminister Armin Schuster von der CDU warnte im Vorfeld der Kabinettsentscheidung gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sogar vor einem "kompletten Kontrollverlust", der mit dem geplanten Gesetz einherzugehen drohe. Bei ihrer Kritik führen die Christdemokraten vor allem eine größere Gefährdung für Minderjährige an und eine mögliche Überlastung von Justiz und Behörden.
Schon in den vergangenen Wochen hatten CDU-Politiker wiederholt vor negativen Auswirkungen einer - wenn auch eingeschränkten - Legalisierung von Cannabis gewarnt, durch welche junge Menschen nicht etwa vor Drogenkonsum gewarnt, sondern regelrecht an Drogen herangeführt würden, wie es die stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Dorothee Bär formulierte.
Im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF warnte auch CDU-Gesundheitsexpertin Simone Borchardt vor Cannabis als "Einstiegsdroge", die oft verharmlost werde. Sie warnte vor drohenden gesundheitlichen Schäden, vor allem für jüngere Menschen, da das menschliche Hirn erst mit 25 Jahren voll entwickelt sei.
Buschmann verteidigt Gesetzespläne
Lauterbach selbst warb für seinen Gesetzentwurf mit den darin enthaltenen strikten Auflagen in Sachen Jugendschutz und betonte, dass mit der Teillegalisierung die Justiz sogar entlastet werden könne. Nicht nur dadurch, dass weniger Delikte Straftatbestand werden, sondern auch finanziell. Immerhin rechnet sein Ministerium mit milliardenschweren Entlastung für Strafverfolgungsbehörden, Gerichte und Gefängnisse.
Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann verteidigte die Pläne im Gespräch mit der Funke-Mediengruppe erneut: "Ich bin sehr zuversichtlich, dass eine pragmatischere Drogenpolitik zu einer Entlastung der Gerichte führen wird." Die Einwände der CDU, welche auch vom Deutschen Richterbund geteilt werden, weist er mit dem Argument ab, "dass man generell bei diesem Vorhaben politische Vorbehalte hat".
Die repressive Drogenpolitik der vergangenen Jahrzehnte habe aus Sicht des Buschmanns "den Konsum nicht eingedämmt, sie hat unzählige Menschen in die Kriminalität gedrängt und einen blühenden Schwarzmarkt geschaffen". "Wir müssen Realismus mit Prävention verbinden", forderte der FDP-Politiker und verwies auf die im Gesetzentwurf enthaltenen Vorgaben, die "Aufklärung und Prävention" von Jugendlichen garantieren sollen.
Drogenbeauftragter fordert mehr Mittel für Prävention
Einer der Befürworter von Lauterbachs Gesetzesentwurf ist der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert. Allerdings macht auch er den Schutz von Kindern und Jugendlichen zur wichtigsten Grundvoraussetzung. Dafür müssten die Mittel für eine umfassende Prävention aufgestockt werden. "Wirklich gelingen wird die neue Politik nur, wenn ein zentraler Baustein von Beginn an mitbedacht und umgesetzt wird: die Prävention und der Blick auf den zusätzlichen Jugendschutz", mahnte Blienert gegenüber "Zeit Online".
Eine ausführliche Prävention und Aufklärung gehört aus Sicht Blienerts an jede Schule. Gerade darum müsse Schluss sein mit "der Rotstiftmentalität" - "nicht nur wegen Cannabis, aber auch". Der Drogenbeauftragte räumte aber auch ein, dass jede Prävention ihre Grenzen habe: "Eine Schule ohne Drogen ist offen gestanden Wunschtraum und Illusion zugleich und sicher nicht die Realität."
Grote fürchtet "Cannabis-Überwachungsbürokratie"
Doch nicht alle in den Reihen der Ampelkoalition stehen hinter einer Teillegalisierung von Cannabis. "Wenn wir irgendetwas jetzt nicht brauchen, dann ist es dieses Gesetz", sagte Hamburgs Innensenator Andy Grote dem NDR. Der SPD-Politiker stimmt umfassend in die Kritik der CDU ein. "Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass mit der Legalisierung der Konsum deutlich zunimmt - mit allen Risiken und Nebenwirkungen", warnte er und bezweifelte, dass der illegale Handel mit Cannabis durch eine begrenzte Legalisierung eingedämmt werden könne. "Es ist zu befürchten, dass illegales Cannabis aufgrund höherer Wirkungsgrade und günstiger Preise stark nachgefragt wird und sich Schwarz- und Legalmarkt hier vermischen", betonte Grote. Der Kampf gegen diesen Schwarzmarkt und eine gleichzeitige Kontrolle der legalen Cannabis-Vereine drohe zu einer "umfangreichen Cannabis-Überwachungsbürokratie" auszuarten.