Annalena Baerbock äußert sich vor der Presse, im Hintergrund eine Deutschlandflagge.

CNN-Interview Baerbock schließt erneute Kanzlerkandidatur aus

Stand: 10.07.2024 21:32 Uhr

2021 war Annalena Baerbock für die Grünen als Kanzlerkandidatin angetreten - für die kommende Bundestagswahl schließt sie eine erneute Kandidatur aus. Sie wolle sich "mit voller Kraft" auf ihre Aufgaben als Außenministerin konzentrieren.

Die Grünen-Politikerin Annalena Baerbock wird bei der Bundestagswahl nicht wieder als Kanzlerkandidatin für ihre Partei antreten. Sie schließe eine erneute Kandidatur aus, sagte sie in einem Interview mit dem Fernsehsender CNN und begründete ihre Entscheidung mit der Verantwortung, sich in ihrer derzeitigen Funktion als Bundesaußenministerin auf die internationalen Krisen zu konzentrieren.

"Die Welt ist offensichtlich eine ganz andere als zur letzten Bundestagswahl", sagte Baerbock und betonte:

Im Lichte des russischen Angriffskriegs und nun auch der dramatischen Lage im Nahen Osten braucht es nicht weniger, sondern mehr Diplomatie. Sonst füllen die Lücke andere.

Verantwortung übernehmen in "extremen Zeiten"

Angesichts dieser "extremen Zeiten" sehe sie es als ihre "staatspolitische Verantwortung" als Bundesaußenministerin, "statt in einer Kanzlerkandidatur gebunden zu sein, meine Kraft weiterhin voll und ganz meiner Aufgabe zu widmen, Vertrauen, Kooperation und verlässliche Strukturen zu bilden - für und mit so vielen Partnern weltweit und in Europa, die darauf bauen". 

Im Wahlkampf werde sie aber "alles tun, um meine Partei zu unterstützen", so Baerbock weiter.

2021 trat Baerbock als Kanzlerkandidatin an

Die 43-Jährige war 2021 für die Grünen in das Rennen um das Kanzleramt gestartet. Die Grünen holten damals 14,7 Prozent der Wählerstimmen und wurden drittstärkste Kraft hinter SPD und Union.

Laut dem jüngsten DeutschlandTrend müsste sich die Partei, würde jetzt ein neuer Bundestag gewählt werden, mit 13 Prozent und damit Platz vier abfinden. Auf Platz eins käme demnach die Union, vor AfD und SPD.

Noch Mitte Juni hatte Baerbock in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung betont, sie halte sich die Frage nach einer möglichen erneuten Kandidatur offen. "Als Außenministerin habe ich gelernt, dass alles möglich ist", sagte sie damals.

Nicht einmal zwei Wochen später klang das schon etwas anders. Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland führte Baerbock an, dass sie ihr Amt als Außenministerin "sehr, sehr liebe" und dass es mit Blick auf die Krisen dieser Welt ihr Job sei, alles dafür zu tun, dass die Lage nicht weitere eskaliere.

Alles deutet auf Habeck

Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Grünen in den Wahlkampf mit Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck als Kanzlerkandidaten ziehen.

Dieser gab sich allerdings bedeckt und würdigte Baerbocks Rolle als Außenministerin. "Erst einmal will ich sagen, dass Annalena Baerbock dafür gesorgt hat, dass Deutschland in den letzten Jahren ein Stabilitätsfaktor in der Außenpolitik gewesen ist und nach wie vor ist", sagte Habeck der Nachrichtenagentur dpa am Rande eines Termins in Dortmund. Sie mache "einen hervorragenden Job als Außenministerin".

Er fügte auf eine Frage nach seinem eigenen Anspruch, für seine Partei als Kanzlerkandidat anzutreten, hinzu: "Alles Weitere werden wir in den Gremien beraten und die richtigen Entscheidungen rechtzeitig verkünden." Im September 2022 hatten die Grünen festgelegt, dass die Parteibasis über den aussichtsreichsten Kandidaten per Urwahl entscheiden soll, falls es mehrere aussichtsreiche Kandidaten geben sollte. Doch eine Hängepartie, womöglich öffentlich ausgetragen, wollte man gerne vermeiden. Führende Grüne hofften stets, dass die beiden früheren Parteichefs sich gütlich einigen würden.

Grünen-Spitzen loben Baerbocks Entscheidung

Die beiden Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Bundestag, Katharina Dröge und Britta Haßelmann, erklärten jeweils auf X, es sei verantwortungsvoll, dass Baerbock sich in dieser Zeit auf die Außenpolitik konzentriere. Sie lobten Baerbock zudem für ihr "Teamplay". "Gut so, für unser Land und für uns Grüne", schrieb Haßelmann.

Ähnlich äußerten sich die Parteivorsitzenden Omid Nouripour und Ricarda Lang: "So ist Annalena Baerbock, und so schätzen wir sie: mit Verantwortung für das Ganze und als Teamspielerin." Dank Baerbock sei Deutschland ein verlässlicher Partner in der Welt. "Gerade jetzt braucht Deutschland eine engagierte Außenministerin wie Annalena Baerbock." Und auch von ihnen hieß es: "Alles Weitere entscheiden wir zum gegebenen Zeitpunkt."

Frei: Konsequente Entscheidung Baerbocks

Die Union begrüßte die Ankündigung Baerbocks. "Die Grünen haben drängendere Probleme, als die Frage einer Kanzlerkandidatur zu klären", sagte der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, der Rheinischen Post. Es handle sich um eine konsequente Entscheidung, so Frei. "Ich hoffe, dass bei der Ministerin die Einsicht wächst, dass ihre Partei nicht länger Politik gegen den erklärten Willen der Mehrheit der Bürger betreiben sollte."

In einer früheren Version dieses Textes haben wir den jüngsten DeutschlandTrend falsch zitiert. Wir haben die Passage korrigiert: Würde jetzt ein neuer Bundestag gewählt werden, käme die Union auf Platz eins vor AfD und SPD - die Grünen auf Platz vier.

Mehr zum Hintergrund dieser und anderer Korrekturen finden Sie hier: tagesschau.de/korrekturen

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 10. Juli 2024 um 20:00 Uhr.