Umsetzung einer EU-Richtlinie Ampel einigt sich auf neue Form von Sammelklagen
Durch eine EU-Richtlinie soll Verbrauchern erleichtert werden, gesammelt gegen Konzerne zu klagen. Die Ampelfraktionen einigten sich dabei nun auf Details: Betroffene sollen sich etwa noch spät Klagen anschließen können.
Die Ampelkoalition hat sich auf Details für eine neue Form von Sammelklagen geeinigt. Die Bundestagsfraktionen von SPD, Grünen und FDP teilten mit, Verbraucherinnen und Verbraucher könnten auch noch deutlich später als ursprünglich vorgesehen solchen Sammelklagen beitreten.
Die SPD-Abgeordnete Luiza Licina-Bode sprach von einem Meilenstein. Verbraucher könnten sich nun bis zu drei Wochen nach Schluss der mündlichen Verhandlung einer sogenannten Verbandsklage anschließen. Das war der strittigste Punkt. Der Kabinettsentwurf hatte ursprünglich vorgesehen, dass Verbraucher ihre Ansprüche spätestens bis zwei Monate nach dem ersten gerichtlichen Termin in einem Klageregister anmelden müssen. Wirtschaftsverbände hatten hingegen auf einen noch früheren Zeitpunkt gedrängt, um Planungssicherheit zu haben.
Der fertige Gesetzentwurf soll nun in der kommenden Woche vom Bundestag verabschiedet werden. Damit soll eine EU-Richtlinie verspätet in deutsches Recht umgesetzt werden. Verbraucher dürften dann schneller als bisher eine Entschädigung bekommen können, ohne selbst alleine vor Gericht ziehen zu müssen. Die Justiz soll durch die Klageform entlastet werden.
Leichter juristische Schritte möglich
Verfehlungen von Unternehmen sollen durch die Richtlinie leichter juristisch aufgearbeitet werden. Dies könnte zum Beispiel zur Anwendung kommen, wenn Flüge annulliert werden und zahlreiche Verbraucher ähnliche Entschädigungsansprüche haben. Gewährleistungsansprüche wegen fehlerhafter Produkte könnten ebenfalls Gegenstand einer Klage sein, ebenso Ansprüche von Bankkunden bei unwirksamen Vertragsklauseln.
Verbände sollen künftig die Sammelklage nutzen können, wenn sie mindestens 50 betroffene Verbraucher vertreten. Kleine Unternehmen sollen Verbrauchern gleichgestellt werden und auch von Sammelklagen gegen größere Konzerne profitieren können.
Verbraucherschützer zeigen sich zufrieden
Verbraucherschützerin Ramona Pop sprach von einer guten Einigung und einem wirkungsvollen Instrument. Nun müssten Bundestag und Bundesrat möglichst noch vor der Sommerpause zustimmen. Der Verbraucherschutzverband VZBV werde dann zügig von der neuen Klagemöglichkeit Gebrauch machen, so Pop.
Der Justizexperte der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Stephan Wernicke, bezeichnete die Frist von drei Wochen nach Schluss der mündlichen Verhandlung als "extrem spät". Insgesamt sei angesichts der "schwierigen" EU-Vorgaben aber ein "akzeptabler Kompromiss" gelungen. Es bleibe allerdings ein Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen in den EU-Ländern. Davon seien auch deutsche Unternehmen betroffen, "denn die grenzüberschreitende Durchsetzung bleibt möglich".
Sammelklagen sind in vielen europäischen Ländern noch nicht üblich. In Deutschland wurde der Volkswagen-Abgasbetrug mit einer sogenannten Musterfeststellungsklage aufgearbeitet, die nun mit dem neuen Gesetz weiterentwickelt werden soll. Eine EU-Richtlinie für Verbraucherklagen, die ebenfalls auf den Dieselskandal zurückgeht, machte dann weitergehende Vorgaben. Die Bundesregierung musste die Gesetzgebung in Deutschland deshalb anpassen. Das Bundeskabinett hatte den Gesetzentwurf Ende März im Parlament eingebracht.