Auszeichnung für Text "Er putzt" Valeria Gordeev gewinnt Bachmann-Preis
Noch vor der Veröffentlichung ihres Debütromans hat Valeria Gordeev den Ingeborg-Bachmann-Preis gewonnen. Mit ihrem Text über einen Mann mit Putz-Neurose überzeugte sie die Jury im österreichischen Klagenfurt.
Der diesjährige Ingeborg-Bachmann-Preis geht an Valeria Gordeev. Die aus Tübingen stammende Autorin setzte sich bei den 47. Tagen der deutschsprachigen Literatur im österreichischen Klagenfurt gegen elf Mitbewerber durch.
Bei dem Wettlesen überzeugte Gordeev die Jury mit ihrer Kurzgeschichte "Er putzt". Darin beschreibt Gordeev präzise einen Mann mit Putz-Neurose - stellt ihn jedoch nicht als klinischen Fall dar, sondern als hingebungsvollen Menschen, der sich um seine Mutter und seine Schwester sorgt.
Durchbruch noch vor dem ersten Roman
Als "Plädoyer für die Empfindlichkeit" lobte Jury-Vorsitzende Insa Wilke den Text. Bei dem Literaturwettstreit lasen zwölf Autorinnen und Autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz von Donnerstag bis Samstag einer siebenköpfigen Jury ihre Texte vor.
Gordeev arbeitet seit einigen Jahren an ihrem Debütroman, der sich unter anderem mit der russischen Gegenwart auseinandersetzt. Ihre Eltern wanderten Ende der 1970-er Jahre aus der Sowjetunion aus, Gordeev wurde 1986 in Tübingen geboren. Die Autorin ist auch als Illustratorin und Liedtexterin tätig.
Knappe Jury-Entscheidung
Die Jury-Entscheidung war äußerst knapp: Während Gordeev 19 Punkte erhielt, vergaben die Jurorinnen und Juroren 18 Punkte an Anna Felnhofer und ihren Text "Fische fangen". Darin schildert sie auf ähnlich präzise Weise wie Gordeev das Geschehen. Es geht um die Qualen eines Jungen, der an Gesichtserkennungsschwäche leidet, und der sowohl von seiner trinkenden Mutter als auch von seinen Mitschülern misshandelt wird. Die Autorin und klinische Psychologin Felnhofer wurde mit dem Deutschlandfunk-Preis ausgezeichnet.
Martin Piekar aus Deutschland mit dem Kelag-Preis und dem BKS-Bank-Publikumspreis, Anna Felnhofer mit dem Deutschlandfunk-Preis, Valeria Gordeev mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis und Laura Leupi mit dem 3sat-Preis
Das Publikum konnte hingegen Martin Piekar am meisten überzeugen. Mit seiner so liebevollen wie erschütternden Hommage an seine verstorbene polnische Mutter gewann der aus Bad Soden am Taunus stammende Lyriker nicht nur den von der Jury vergebenen Kelag-Preis. Der emotionale und persönliche Text setzte sich auch in der Online-Abstimmung für den Publikumspreis durch.
Laura Leupi aus Zürich erhielt den 3sat-Preis für eine schonungslose Text-Perfomance mit dem Titel "Das Alphabet der sexualisierten Gewalt".
Der renommierte Literaturpreis, der an die österreichische Schriftstellerin Ingeborg Bachmann (1926-1973) erinnert, ist mit 25.000 Euro dotiert und wird von der Stadt Klagenfurt vergeben.