Coronavirus Wo und wie geimpft werden könnte
Ein Corona-Impfstoff ist in Deutschland noch nicht zugelassen, aber die Vorbereitungen für Impfungen werden konkreter. Wo Impfzentren entstehen sollen, wie die Impfstoffe gelagert werden und wer das alles bezahlen soll - ein Überblick.
Wo soll geimpft werden?
Die nationale Impfstrategie sieht vor, dass der Bund die Impfdosen beschafft und sie an feste Lager-Standorte in jedem Bundesland verteilt. Inzwischen sollen noch im Dezember die ersten Impfzentren entstanden sein. Dort wird später geimpft. Für Alten- und Pflegeheime sind hingegen mobile Teams vorgesehen. Die Impfzentren sollen von den Bundesländern mit Unterstützung der niedergelassenen Ärzte und Krankenhaus-Ärzte betrieben werden.
In Berlin werden beispielsweise derzeit sechs Impfzentren mit je 15 Impfplätzen geplant. Laut RBB ist die Berliner Messe ein möglicher Standort. Der Senat rechnet damit, dass dort künftig 20.000 Menschen pro Tag geimpft werden können. In Rheinland-Pfalz sollen 36 Impfzentren entstehen. Dort rechnet Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler damit, dass die Zentren bereits Mitte Dezember bereit stehen.
In Sachsen ist pro Landkreis oder kreisfreier Stadt mindestens ein Impfzentrum oder eine Anlaufstelle zum Impfen geplant, berichtete der MDR. In Sachsen-Anhalt sollen es 14 Zentren sein. Mecklenburg-Vorpommern plant etwa, bis Mitte Dezember Corona-Impfzentren in Rostock und Greifswald aufzubauen. In Thüringen sind landesweit 29 Impfstellen geplant. I
In Brandenburg soll unter anderem ein Corona-Testzentrum mit integrierten Impfstellen entstehen. Ein Konzept dazu werde derzeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung erarbeitet, sagte Astrid Tributh, Vize-Vorsitzende des Hausärzteverbands Brandenburg, der Deutschen Presse-Agentur. Wie viele Mediziner dort impfen, wird laut Tributh in den nächsten Wochen besprochen.
Warum sind Impfzentren nötig?
Das Verteilen und Lagern der Impfstoffe, aber auch die Organisation der Impfung ist komplex - und natürlich von der Art des Impfstoffes abhängig. Das Gesundheitsministerium geht davon aus, dass die Impfungen deshalb zunächst nur in Impfzentren kontrolliert und effizient durchgeführt werden können.
So dürfte etwa der Umgang mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer eine logistische Herausforderung werden. Die Fläschchen müssen gefroren bei rund minus 70 Grad bis zum Impfzentrum transportiert werden. Für die Lagerung von Impfdosen ist laut Pfizer ein besonderer Thermo-Koffer entwickelt worden. Darin könnten die Impfdosen mit Trockeneis bis zu zehn Tage bei einer Temperatur von etwa minus 75 Grad Celsius gelagert werden. Der Thermo-Koffer ist so groß wie ein Handkoffer und wiegt voll beladen mehr als 30 Kilo. An den Impfzentren könnten kleine, tragbare Ultra-Niedrig-Temperatur-Gefrierschränke angeschafft werden, die die Haltbarkeit auf bis zu sechs Monate verlängern könnten, so die Nachrichtenagentur dpa.
Sobald es die Rahmenbedingungen erlauben, könnten später Impfstoffe aber auch dezentral über die Ärzteschaft und Apotheken verteilt werden, so das Gesundheitsministerium.
Wo würde der Impfstoff zwischengelagert?
Der Bund rechnet mit insgesamt rund 60 Lager-Standorten. Die Bundesländer sollten bis zum 10. November Vorschläge melden. Das könnten zum Beispiel Kasernen oder Kliniken sein. Das Gesundheitsministerium hat nach eigenen Angaben aber bisher noch keinen Überblick erstellt. Bayern hat bereits angekündigt, die Lieferungen an neun geheim gehaltenen Orten zwischenzulagern. Dafür hat das Land Ultra-Tiefkühlschränke bestellt. In Brandenburg sollen Coronaschutz-Impfstoffe zunächst beim Zentraldienst der Polizei gelagert und von dort aus an Impfzentren weitergeleitet werden. Die Logistik sei sehr "anspruchsvoll", sagte Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher dem RBB. "Der Impfstoff muss bewacht werden."
Bei der Verteilung des Impfstoffs hat das Bundesgesundheitsministerium die Bundeswehr um Hilfe gebeten. Dies gilt vor allem für die gesicherte Zwischenlagerung des Impfstoffs, so das Verteidigungsministerium.
Reichen die Spritzen und Kanülen?
Das Gesundheitsministerium in Rheinland-Pfalz geht davon aus, dass pro Impfung eine Spritze und zwei Kanülen benötigt werden. Vermutlich werden zwei Impfungen zum Schutz vor Covid 19 benötigt. In Nordrhein-Westfalen mit rund 18 Millionen Einwohnern hat das Gesundheitsministerium bislang und 2,6 Millionen Spritzen und etwa 8,8 Millionen Kanülen bestellt. Zudem wurde laut Behörde eine Bestellung weiterer rund 18 Millionen Spritzen einschließlich Kanülen fest vereinbart. Mecklenburg-Vorpommern (1,6 Millionen Einwohner) spricht von rund 3,2 Millionen Spritzen, die benötigt würden, um die gesamte Bevölkerung zu impfen. Das Land hat bislang Material für rund 500.000 Dosen bestellt. Bayern hat 34 Millionen Spritzen bestellt.
Wer zuerst?
Eine der großen Fragen bleibt: Wer erhält den Impfstoff zuerst? Der Deutsche Ethikrat, die Nationale Wissenschaftsakademie Leopoldina und die Ständige Impfkommission (Stiko) haben einen Leitfaden mit Empfehlungen ausgearbeitet. Laut Positionspapier sollen etwa Menschen mit Vorerkrankungen und ältere Menschen vorrangig geimpft werden.
Als zweite Gruppe werden Mitarbeiter im Gesundheitssystem wie etwa Klinikpersonal oder Altenpfleger genannt. Als dritte Gruppe wurden Mitarbeiter von Gesundheitsämtern und Sicherheitsbehörden, Polizisten, Feuerwehrleute, Lehrer und Erzieher identifiziert. Die Priorisierung müsse von den Verantwortungsträgern der Politik festgesetzt werden, so der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens. Und das könnte noch zu Diskussionen führen.
Ethikrat, Impfkommission und Leopoldina wollen ihre Empfehlungen noch verfeinern. Das geht laut Bundesgesundheitsministerium noch nicht, weil die Eigenschaften des Impfstoffs noch nicht klar sind. "Wenn zum Beispiel ein Impfstoff zugelassen wird, der für die Altersgruppe von 45- bis 50-Jährigen wirkt, macht es keinen Sinn, die über 60-Jährigen zuerst impfen zu wollen."
Bundesforschungsministerin Anja Karliczek kündigte eine Informations- und Aufklärungskampagne zur Corona-Impfung an. Die Bundesregierung wolle bei der Furcht vor Impfungen oder Nebenwirkungen auf volle Transparenz setzen, sagte sie der "Augsburger Allgemeinen". Eine Impfflicht soll es nicht geben.
Und die Kosten?
Die Impfstoffe sollen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Die Kosten für den Aufbau und die Organisation von Impfzentren sollen von Bund, Ländern und aus Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung sowie der Privaten Krankenversicherung erfolgen. "Zu finanzieren sind neben den Impfstoffen auch ärztliche Leistungen und Infrastruktur-Kosten", sagte der Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK), Martin Litsch, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Zu möglichen Kosten wollte sich das Bundesgesundheitsministerium zum jetzigen Zeitpunkt nicht äußern. Dies hänge auch von der Art des Impftstoffs ab.
Gibt es genug Ärzte?
Eine der großen Herausforderungen dürfte gerade in ländlichen Regionen sein, genügend medizinisches Personal für die Impfzentren zu finden. Der Epidemiologe Rüdiger von Kries, der Mitglied der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut ist, sagte im ARD extra. "Der öffentliche Gesundheitsdienst ist so weit ausgedünnt, dass der das sicherlich nicht stemmen kann." Man werde versuchen, andere Ärzte zu gewinnen - etwa Ärzte im Ruhestand. Auch NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hatte zuletzt angeregt, dafür Ärzte aus dem Ruhestand zu holen.