Überschwemmungen in Süddeutschland Mit aller Kraft gegen die Wassermassen
Für viele Menschen in den Flutgebieten in Baden-Württemberg und Bayern gibt es weiter keine Entwarnung: Vielerorts mussten sie bereits in Sicherheit gebracht werden, Dämme halten nicht stand. Starke Einschränkungen gibt es im Bahnverkehr.
Überflutete Straßen, vollgelaufene Keller, unermüdliche Einsatzkräfte: Während in manchen Teilen der Hochwassergebiete Süddeutschlands die Wasserstände langsam zurückgehen, bleibt die Lage in anderen Teilen kritisch. Ein Überblick:
Die Lage in Baden-Württemberg
In einigen Überschwemmungsgebieten Baden-Württembergs spitzt sich die Hochwasserlage zu. In der stark betroffenen Gemeinde Ebersbach an der Fils südöstlich von Stuttgart sind Anwohnerinnen und Anwohner mehrerer Straßenzüge in Sicherheit gebracht worden. Die Menschen waren schon vorgewarnt gewesen und von der Stadt angehalten worden, Dokumente und das Nötigste zusammenzupacken. Das Landratsamt hatte eine außergewöhnliche Einsatzlage angeordnet.
Besonders kritisch war die Lage am Morgen zudem im Rems-Murr-Kreis. Für Teile des Kreises warnte das Landratsamt vor einer extremen Hochwasserlage. Dazu gehören unter anderem die Gemeinden Winnenden, Schorndorf und Winterbach. Die Behörde forderte die Bewohnerinnen und Bewohner auf, bei Überschwemmungsgefahr nicht in Keller oder Tiefgaragen zu gehen. In der Gemeinde Rudersberg sind nach Polizeiangaben Menschen in ihren Häusern eingeschlossen. Am Morgen wurde demnach ein Pflegeheim in Steinheim an der Murr evakuiert. Die Bewohnerinnen und Bewohner wurden auf andere Heime verteilt.
"Auch wenn derzeit kein starker Regen fällt, erwarten wir weiterhin einen Anstieg des Wasserstands von Rems und Murr", sagte Landrat Dietmar Allgaier. Der Führungsstab beobachte die Lage und koordiniere die Einsatzkräfte.
Im Ostalbkreis waren in der Nacht wegen vorhergesagter Überflutungen vorsorglich Menschen in Teilen der Gemeinden Leinzell, Heuchlingen und Göggingen aus ihren Häusern gebracht worden, wie eine Sprecherin des Krisenstabs mitteilte. Die Gemeinde Täferrot sollte komplett evakuiert werden.
Inzwischen entspannte sich die Situation jedoch etwas. Die Abflussmenge, die die Lein herunterkomme, sinke, hieß es aus dem Krisenstab. Man stufe die Lage deshalb zurück von einem sogenannten Extremhochwasser- zu einem Jahrhunderthochwasser-Ereignis. Ein Großteil der Menschen könne nach der Evakuierung wieder zurück in die Häuser. Aber es gebe immer noch Häuser in überschwemmten Gebieten.
In den betroffenen Kommunen bleiben am Montag Schulen und Kindergärten geschlossen.
Die Lage in Bayern
Auch in Bayern bleibt die Hochwasserlage angespannt. In den schwäbischen Landkreisen Günzburg und Donau-Ries mussten am Sonntagabend mehrere Orte evakuiert werden. In Günzburg kamen dabei auch Luftrettungsspezialisten der Wasserwacht mithilfe eines Hubschraubers zum Einsatz. Wie das Bayerische Rote Kreuz in der Nacht mitteilte, waren dort aufgrund der Wassermassen ein Verlassen des Hauses und auch eine Evakuierung etwa mit einem Flachwasserboot nicht mehr möglich.
Im Donau-Ries-Kreis wurde die Bevölkerung der Orte Heißesheim und Auchsesheim erneut aufgefordert, das Gebiet umgehend zu verlassen, weil Dämme nachgeben könnten. "Mit einer Überflutung der gesamten Ortsgebiete muss gerechnet werden", teilte die Kreisbehörde in Donauwörth mit.
Im Landkreis Pfaffenhofen wurden nach einem Dammbruch im Bereich Ebenhausen-Werk nach Behördenangaben bis zu 800 Menschen evakuiert. Am Morgen brach laut Landratsamt zudem ein weiterer Damm in Manching-Pichl. Die Bewohner werden aufgefordert, umgehend das Erdgeschoss in ihren Häusern und Wohnungen zu verlassen und höhere Stockwerke aufzusuchen.
Zunehmend konzentriert sich das Hochwasser auf die Donau, wo nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vielfach die höchste Meldestufe 4 gilt. Und die Scheitelpunkte des Hochwassers seien vielerorts noch nicht erreicht.
Nun rief auch Regensburg den Katastrophenfall aus. Hier war am Vormittag der Pegelstand von knapp sechs Metern Metern gemessen worden. Der Wert liegt zwar unter dem des Hochwassers von 2013 (6,82 Meter), allerdings werde der Pegelstand laut Mitteilung der Stadt tagelang hinweg über Pegelstufe 4 bleiben, sodass man sich Sorgen wegen eines sehr hohen Grundwasserspiegels mache.
Im Donauwörth erwarten die Experten den Hochwasserscheitel für Montagnachmittag, in Passau werde es wohl am Abend so weit sein. In Kehlheim werde der Fluss im Laufe des Tages in den Bereich eines 20-jährlichen Hochwassers steigen.
Zwei Tote in Bayern
In Oberbayern kostete das Hochwasser bislang zwei Menschen das Leben. In Pfaffenhofen war bereits in der Nacht auf Sonntag ein Feuerwehrmann tot geborgen worden, nachdem ein Schlauchboot gekentert und er ins Wasser gefallen war. In Schrobenhausen wurde zudem nach Polizeiangaben im Keller eines Hauses nun die Leiche einer Frau gefunden, die seit Sonntag gesucht worden war. Weiterhin vermisst bleibt ein weiterer Feuerwehrmann im schwäbischen Offingen.
Unterdessen entspannte sich die Lage nach Angaben des Hochwassernachrichtendienstes Bayern in Teilen Ober- und Mittelfrankens etwas. Die Scheitel der Flüsse im Obermain- und Regnitzgebiet seien überschritten. Gewarnt wird allerdings noch vor Überschwemmungen bebauter Gebiete unter anderem in den Städten und Landkreisen Bamberg, Coburg und Nürnberg. Insgesamt rechnen die Behörden in Franken aber nicht mit einem großen Hochwasser wie in der Mitte Bayerns.
Angesichts der teils dramatischen Lage mahnte Ministerpräsident Markus Söder dazu, der Rettung von Menschenleben uneingeschränkten Vorrang einzuräumen. Er rief die Bevölkerung auf, Evakuierungsanweisungen unbedingt Folge zu leisten. "Wenn eine solche Aufforderung kommt zur Evakuierung, dann auch wahrnehmen und machen", sagte er dem BR.
Beeinträchtigungen im Verkehr
Wegen der Unwetterschäden bleibt der Bahnverkehr im Süden Deutschlands am Montag stark beeinträchtigt. Die Deutsche Bahn teilte in der Nacht mit: "Wir raten von Reisen in die betroffenen Hochwassergebiete in Bayern und Baden-Württemberg ab und empfehlen, nicht notwendige Reisen zu verschieben. Bitte rechnen Sie zusätzlich damit, dass es bei den noch verkehrenden Zügen zu einer sehr hohen Auslastung kommt."
Der Fernverkehr könne München von Norden und Westen derzeit nicht anfahren. Auch der Nahverkehr in Bayern bleibe stark beeinträchtigt. Für die Nacht waren in Stuttgart, Nürnberg und München für Reisende Aufenthaltszüge eingerichtet worden.
Auch Autofahrer müssen mit starken Beeinträchtigungen rechnen. So geht etwa im schwäbischen Donauwörth über eine der zwei Hauptverkehrsbrücken nichts mehr - sie wurde gesperrt. Zudem sei die angrenzende Bundesstraße 2 zwischen Nordendorf und Mertingen nicht mehr befahrbar, teilte das Landratsamt Donau-Ries mit. Umleitungen seien eingerichtet.
Wie sehen die Wetterprognosen aus?
Der Deutsche Wetterdienst hob in der Nacht alle bestehenden Unwetterwarnungen vor schweren Gewittern mit Starkregen für Deutschland auf. Weiterhin gibt es demnach vor allem in Süddeutschland aber noch gebietsweise schauerartige Regenfälle mit Potenzial für Starkregen. Im Laufe des Tages erwarten Experten südlich der Donau und im Bayerischen Wald wieder Schauer und schauerartigen Regen, teils auch schwere Gewitter.
Bis zum Abend könnten sich die Unwetter allmählich auch nach Süden, bis zum Hochrhein und ins nördliche Alpenvorland ausbreiten, hieß es. Am Abend sind auch an den Alpen erste kräftige Gewitter mit Starkregen möglich. Auch für den Osten Deutschlands erwartet der DWD ab dem Nachmittag Gewitter mit Starkregen zwischen 15 und 25 Litern pro Quadratmeter in kurzer Zeit. Örtlich sind auch dort Unwetter mit Mengen um die 30 Liter pro Quadratmeter möglich.