40 Jahre nach Veröffentlichung "Hitler-Tagebücher" kommen ins Bundesarchiv
Die Veröffentlichung der gefälschten "Hitler-Tagebücher" im "Stern" 1983 hatte einen der größten Medienskandale des Landes ausgelöst. Jetzt übergibt Bertelsmann die Tagebücher an das Bundesarchiv.
40 Jahre nach dem Medienskandal um die im "Stern" veröffentlichten gefälschten Hitler-Tagebücher wird der Bertelsmann-Verlag diese an das Bundesarchiv übergeben. Das teilten das Unternehmen und das Bundesarchiv mit. Die 60 Originalhefte sollen dort aufgrund ihres zeitgeschichtlichen Werts dauerhaft verwahrt und für wissenschaftliche Analysen zur Verfügung gestellt werden.
"Stern" verzögerte Übergabe jahrelang
Der "Stern" hatte bereits zum 30. Jahrestag des Skandals die Übergabe der über Jahre hinweg unter Verschluss gehaltenen Fälschungen an das Bundesarchiv in Aussicht gestellt. Konkrete Schritte folgten aber nicht. Zuletzt war der mediale Druck für eine Herausgabe deutlich gestiegen. So hatte die ARD-Sendung "Reschke Fernsehen" die Affäre noch einmal aufgearbeitet und der NDR hatte die gefälschten Tagebücher im Internet veröffentlicht.
Bertelsmann-Vorstandschef Thomas Rabe erklärte nun: "Wir freuen uns, dass das Bundesarchiv, das vor 40 Jahren bereits die Fälschung der Tagebuchkladden zweifelsfrei nachweisen konnte, nun auch deren Archivierung übernehmen wird." Für sein Unternehmen sei es ein weiterer "Schritt in einem auf Transparenz, Wissenschaftlichkeit und Unabhängigkeit ausgerichteten Umgang mit der Unternehmensgeschichte". Die Quellen würden nun "fachgerecht" gesichert.
Eine der größten Medienaffären
Die Veröffentlichung der vermeintlichen Hitler-Tagebücher gilt als eine der größten Medienaffären der bundesdeutschen Geschichte. Der "Stern" stellte die Details der angeblichen historischen Sensation am 25. April 1983 auf einer Pressekonferenz vor.
Nur wenige Tage später entlarvten Expertinnen und Experten die Hefte als Fälschungen, die aus der Nachkriegszeit stammten. Die Glaubwürdigkeit des "Stern" litt schwer, führende Mitarbeiter mussten gehen.
"Dreister Versuch, Verbrechen menschlichen Anstrich zu geben"
"Die gefälschten 'Hitler-Tagebücher' sind als eigentümliche Zeugnisse der bundesrepublikanischen Zeitgeschichte im Bundesarchiv gut aufgehoben", teilte Archivpräsident Michael Hollmann mit. "Sie zeigen einen dreisten Versuch, den brutalen Verbrechen des Nationalsozialismus einen menschlichen Anstrich zu geben, der in den 1980er Jahren in der Gesellschaft auf Resonanz traf." Nach der Übergabe durch den Verlag würden sie am Standort Koblenz dauerhaft verwahrt.
Die angeblichen Hitler-Tagebücher waren einem "Stern"-Reporter unter falschem Namen von dem Fälscher Konrad Kujau für Millionenbeträge verkauft worden, vor der Veröffentlichung ließ der "Stern" sie nicht genau genug überprüfen. Kujau wurde später wegen Betrugs zu einer viereinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt.
Der Bertelsmann-Konzern, zu dem der "Stern" gehört, lässt die Geschichte des Magazins nach eigenen Angaben seit dem vergangenen Jahr vom Münchner Institut für Zeitgeschichte unabhängig aufarbeiten. Dabei geht es eigentlich um das Wirken von "Stern"-Gründer Henri Nannen zwischen 1948 und 1983 sowie persönliche und inhaltliche Verflechtungen mit der NS-Zeit. Der Forschungsauftrag wurde später um die Episode der Hitler-Tagebücher erweitert.