Kleinkinderbetreuung Alternative: Tagesmutter?
Bei der Kleinkinderbetreuung setzen viele Kommunen auch auf Tagesmütter. Im Behörden-Deutsch heißen sie "Kindertagespflegeperson". Welche Gesetze gelten für sie, welche Ausbildung brauchen sie? Ein Überblick.
"Kindertagespflegeperson" - das ist Behörden-Deutsch für Tagesmütter und Tagesväter. Vor allem in Großstädten sollen sie jetzt überall dort einspringen, wo Plätze in Kindertagesstätten fehlen. Denn während der Kita-Ausbau wegen fehlender Räumlichkeiten und Fachkräfte viel Vorlauf braucht, lässt sich Tagespflege schneller und einfacher organisieren.
"Tagespflegepersonen sind unverzichtbar beim Ausbau der Betreuung von unter Dreijährigen, weil sie eine echte, eine gleichwertige Alternative zur Krippe oder zur Kita sind", bestätigt Uwe Lübking vom Deutschen Städte- und Gemeindebund. Für die unter Dreijährigen biete sich die Tagespflege besonders an, weil weniger pädagogisches Fachwissen nötig sei, sagt Lübking. Außerdem sei das häusliche Umfeld für Kinder in dem Alter ein wichtiger Faktor.
"Zahlenmäßig spielt die Kindertagespflege im Betreuungsangebot noch eine untergeordnete Rolle", sagt Eveline Gerszonowicz vom Bundesverband Kindertagespflege. Derzeit sind rund 15 Prozent aller Kinder unter drei Jahren bei einer Tagesmutter untergebracht.
Insgesamt gibt es in Deutschland im Moment rund 43.800 Tageseltern, darunter nur rund 1100 Tagesväter. Maximal fünf Kinder darf eine Tagesmutter gleichzeitig betreuen. Im Durchschnitt besteht eine Gruppe aus drei bis vier Kindern. Für die Aufsicht sind die örtlichen Träger der Jugendhilfe zuständig, in der Regel die Jugendämter.
Mehrere Schritte zur Qualifizierung
Das Familienministerium ermittelte, dass 78 Prozent aller bundesweit befragten Jugendämter das Betreuungsangebot mithilfe von Tageseltern aufstocken wollen. Inzwischen verfügen laut Familienministerium zwei Drittel aller Tageseltern über eine qualifizierte Ausbildung (2006: 33 Prozent), das heißt sie haben einen Qualifikationskurs mit bis zu 160 Unterrichtsstunden absolviert oder verfügen über eine pädagogische Ausbildung. Die Qualifizierung wird häufig vom Bund, den Ländern oder den Kommunen bezahlt, sodass für die angehenden Tageseltern in vielen Fällen keine Kosten anfallen. Der Bundesverband Kindertagespflege rät dazu, sich vor Ort über das jeweilige Finanzierungsmodell zu informieren. Darüber hinaus müssen Tageseltern an einem Erste-Hilfe-Kurs teilnehmen, ein polizeiliches Führungszeugnis und ein ärztliches Gesundheitszeugnis vorlegen. Nur dann bekommen sie vom Jugendamt eine Pflegeerlaubnis.
Hausbesuche vom Jugendamt
Grundsätzlich gibt es drei räumliche Varianten der Tagespflege: in der Wohnung der Tageseltern, in anderen dafür geeigneten Räumen oder in der Wohnung der Eltern. In den ersten beiden Fällen überprüft das Jugendamt durch Hausbesuche, ob die Wohnung kindgerecht eingerichtet und nutzbar ist. Dabei wird zum Beispiel geprüft, ob Steckdosen und Treppen kindersicher sind und wie Putzmittel aufbewahrt werden. Wer in seiner Wohnung als Tagesmutter oder Tagesvater arbeiten möchte, muss jedoch vorher die ausdrückliche Erlaubnis des Vermieters beziehungsweise des Eigentümers einholen.
Schlechte Bezahlung und wenig Sicherheit
Mehr als 90 Prozent der Tageseltern in Deutschland arbeiten als Selbstständige. Ihr Honorar wird von den Kommunen festgelegt. "Die Spanne reicht von zwei bis sieben Euro pro Kind und Stunde", erzählt Gerszonowicz vom Kindertagespflegeverband. Davon müssten die Tageseltern Essen, Spielzeug, Miete, Nebenkosten, Steuern und Sozialabgaben zahlen. Zwar gebe es eine zusätzliche Betriebskosten- und Verpflegungspauschale, die reiche laut Verband aber nicht immer aus, um die Ausgaben zu decken.
"Es gibt eine Diskrepanz zwischen armen und reichen Kommunen", erläutert Lübking vom Städte- und Gemeindebund. So zahle die Stadt Düsseldorf Tagesmüttern fünf Euro pro Kind und Stunde während es in Duisburg nur vier Euro je Kind und Stunde gebe. "In den reicheren Kommunen stellen kommunale Wohnungsbauunternehmen beispielsweise auch Räumlichkeiten zur Verfügung", weiß Lübking. Die Städte München und Leipzig werben mit diesen Mitteln laut Städte- und Gemeindebund offensiv um Tageseltern.
Kaum Festanstellungen
Eine Festanstellung bei einer Kommune oder in einem Unternehmen wäre für viele Tageseltern attraktiv, weil sie dann zumindest mehr Planungssicherheit hätten. "Bisher gibt es für dieses Modell aber sehr wenig Rückhalt in den Gemeinden", sagt Lübking.
Für Eltern darf Tagespflege nicht mehr kosten als ein Kita-Platz. So steht es im 8. Sozialgesetzbuch Paragaph 90. Trotzdem ist die Unterbringung von Kindern bei einer Tagesmutter für die Eltern in der Realität oft noch teurer als in einer Kindertagesstätte. "Das liegt daran, dass Tageseinrichtung und Tagespflege in der Kommune noch nicht gleichwertig etabliert sind", erklärt Gerszonowicz. Deswegen besserten Tagesmütter den niedrigen Stundensatz manchmal mit einem Zusatzobulus auf. Rechtlich sei das erlaubt. Besser sei natürlich, wenn die Kommunen Tageseltern leistungsgerecht bezahlen würden.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund glaubt, dass sich die Nachfrage nach Tageseltern in den nächsten Jahren verdoppeln wird. "Die Familienbilder und -strukturen ändern sich", sagt Lübking. "Außerdem müssen die Menschen immer weitere Wege zur Arbeit zurücklegen." Eine flexible Betreuung werde immer wichtiger - vor allem im ländlichen Raum, wo es sich aufgrund zurück gehender Kinderzahlen in Zukunft nicht mehr lohne, eine Kindertagesstätte aufzumachen.