Kabinettsbeschluss zum Haushalt Lindner verschiebt Frist erneut
Eine Einigung im Haushaltsstreit der Ampel ist weiter nicht in Sicht: Finanzminister Lindner hat den geplanten Kabinettsbeschluss erneut verschoben. Die Union warf der Regierung Versagen vor und sprach von einem "Affront".
Der festgefahrene Streit über die Aufstellung des Bundeshaushalts für 2024 kommt nicht voran. Der geplante Kabinettsbeschluss zu den Details am 21. Juni sei nicht mehr zu halten, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner in der Nacht zu Donnerstag im Regierungsflieger auf dem Weg nach Japan, wo sich noch bis Samstag die Finanzminister der sieben führenden Industrienationen treffen. "Der 21. Juni gilt nicht mehr."
Im März hatte FDP-Chef Lindner bereits die sonst üblichen Eckwerte auf unbestimmte Zeit verschoben. Bis zum 21. Juni sollte aber ein Gesetzentwurf zum Etat innerhalb der Ampelregierung aus SPD, Grünen und FDP abgestimmt werden. Nun muss der Gesetzentwurf bis spätestens September ausgearbeitet werden. Wie dies gelingen kann, ist unklar.
Union: "Affront gegenüber dem Parlament"
Die Union warf der Regierung angesichts dessen Versagen vor. Die Koalition sorge mit der Verschiebung für einen "haushaltspolitischen GAU", sagte der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Christian Haase, der Nachrichtenagentur AFP. "Dies ist ein Affront gegenüber dem Parlament und zeugt von Unfähig- und Unwilligkeit bei der Problemlösung", fügte er hinzu. Haase forderte die Koalition auf, sich "in Haushaltsklausur zu begeben und endlich ehrlich zu machen".
SPD und Grüne fordern zeitige Lösung
Lindners Ankündigung komme "überraschend", erklärte der SPD-Haushaltsexperte Dennis Rohde. "Deshalb haben wir uns heute entschlossen, über den Zeitplan des regierungsinternen Aufstellungsverfahrens mit dem Minister persönlich in der nächsten Sitzung des Haushaltsausschusses zu diskutieren." Rohde betonte, der Regierungsentwurf müsse "vor der Sommerpause vorliegen". Dies sei nötig, "damit ein geordnetes parlamentarisches Verfahren gewährleistet ist".
Auch der Grünen-Haushälter Sven-Christian Kindler erklärte, der Kabinettsbeschluss müsse "bis zum Sommer" erfolgen. "Wir erwarten vom Finanzminister, einen im Kabinett einigungsfähigen Entwurf vorzulegen", fügte Kindler hinzu. "Wir wollen daher als 'Ampel' dem Finanzminister in der nächsten Sitzung des Haushaltsausschusses die Gelegenheit geben, seinen neuen Zeitplan zu erläutern."
Lindner sagte den Parlamentariern im Bundestag am Donnerstag zu, den Haushaltsentwurf für das kommende Jahr trotz der neuen Verzögerung regulär beraten zu können. "Die Bundesregierung wird jetzt gemeinsam die Prioritäten ordnen und dann einen Gesetzentwurf rechtzeitig beschließen, dass eine geordnete und gute Beratung des Deutschen Bundestages möglich ist", so Lindner nach seiner Ankunft im japanischen Niigata.
Mehrere Streitpunkte
Seit Wochen streiten SPD, Grüne und FDP über die Prioritäten für den Haushalt 2024 und die mittelfristige Finanzplanung. Es geht um sehr viel Geld: Die einzelnen Ministerien sollen Mehrbedarfe von zusammen rund 70 Milliarden Euro angemeldet haben. Streitpunkte sind beispielsweise die Kindergrundsicherung, die Verteidigungsausgaben sowie die Bereiche Energie und Klimaschutz.
Lindner will in den kommenden Jahren die Schuldenbremse unbedingt einhalten. Er schließt zugleich jegliche Steuererhöhungen kategorisch aus.
Neue Schätzungen zu den Steuereinnahmen
Am Nachmittag wurden neue Schätzungen zu den Steuereinnahmen des Staates vorlegt. Die Steuereinnahmen des Bundes fallen demnach in den nächsten Jahren deutlich niedriger aus als zuvor geschätzt - für Lindner ist das aber keine schlechte Nachricht: Die Ergebnisse der neuen Steuerschätzung zeigten, wie die Regierung Bevölkerung und Unternehmen finanziell entlaste, sagte er. Zugleich sieht sich Lindner in seiner Linie für die schwierigen Haushaltsverhandlungen in der Koalition bestätigt.
Der Haushalt des Bundes muss nach massiven Ausgabensteigerungen in der Corona-Pandemie und zur Abfederung der höheren Energiekosten als Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine deutlich konsolidiert werden. Gleichzeitig haben die einzelnen Ministerien aber zahlreiche Projekte angemeldet, die finanziert werden sollen.
Aktuell klafft bei den Plänen für 2024 Regierungskreisen zufolge noch eine Lücke von rund 20 Milliarden Euro. Lindner hat bereits deutlich gemacht, dass noch mehr gespart werden müsse. Neue Ausgaben solle es nur durch Einsparungen an anderer Stelle geben.