Bei Zeugen Jehovas Tote und Verletzte nach Schüssen in Hamburg
In Hamburg hat ein Unbekannter in einem Gebäude der Zeugen Jehovas mehrere Menschen erschossen und weitere verletzt. Die Polizei stuft den Vorfall als Amoktat ein. Ein Täter ist laut Polizei "möglicherweise" tot, nach weiteren wird gefahndet.
Mehrere Menschen sind während einer Veranstaltung der Zeugen Jehovas in Hamburg durch Schüsse getötet oder verletzt worden. Der Vorfall ereignete sich gegen 21 Uhr.
Offizielle Informationen über die Zahl der Toten und Verletzten gibt es bislang nicht. Laut Medienberichten starben sechs oder sieben Menschen. Zudem sollen acht weitere Personen verletzt worden sein. Diese Zahlen bestätigten zunächst weder die Polizei noch die Hamburger Innenbehörde. "Es ist nach ersten Erkenntnissen so, dass mehrere Tote unter den Opfern zu beklagen sind", sagte ein Polizeisprecher.
Polizei spricht von Amoktat
Nach Informationen aus Sicherheitskreisen stuft die Hamburger Polizei die Schüsse als Amoktat ein. "Die Toten haben alle Schussverletzungen", hieß es. Die Polizei sprach von einer Großlage. Die Hintergründe der Schüsse im Stadtteil Alsterdorf waren nach Angaben der Ermittler zunächst unklar.
Anders als zunächst gemeldet, gibt es keinen Hinweis auf einen flüchtigen Täter, wie ein Polizeisprecher erklärte. Vielmehr deute einiges darauf hin, dass er unter den Toten sei.
Polizei: Täter "möglicherweise" tot
Demnach habe die Spezialeinheit der Hamburger Polizei USE kurz nach den Schüssen das Gebäude betreten. Die Einsatzkräfte hätten zunächst Tote und Verletzte gesehen und dann einen Schuss "aus dem oberen Teil des Objekts" gehört. Im oberen Stockwerk fanden die Beamten dann einen Menschen, wie ein Polizeisprecher sagte.
Dieser sei "möglicherweise" der Täter oder einer der Täter, so der Polizeisprecher weiter. Absolute Gewissheit gebe es zwar noch nicht, die Lage sei derzeit aber "soweit beruhigt". Es bestehe deshalb auch keine Gefahr mehr für die Bevölkerung rund um den Tatort.
Dennoch fahndet die Polizei noch nach möglichen weiteren Tätern. "Um die Beteiligung weiterer Täter auszuschließen, führen wir Überprüfungen durch und fahnden umfassend", schrieb die Polizei auf Twitter.
Nachbarin berichtet von "vier Schussperioden"
Eine Nachbarin berichtete von mehreren Schüssen bei der Veranstaltung der Zeugen Jehovas. "Es waren ungefähr vier Schussperioden. In diesen Perioden fielen immer mehrere Schüsse, etwa im Abstand von 20 Sekunden bis einer Minute", berichtete eine Augenzeugin.
"Ich habe dann weiter aus dem Fenster geschaut und bei den Zeugen Jehovas eine Person ganz hektisch vom Erdgeschoss ins erste Geschoss laufen sehen." Später seien Menschen von Polizisten an Händen und Füßen auf die Straße getragen worden.
Spezialkräfte der Polizei nach Schüssen in Hamburg-Alsterdorf
Großaufgebot der Polizei
Streifenwagen mit Blaulicht hatten den Tatort am Abend weiträumig abgesperrt. Beamte mit Maschinenpistolen sicherten den Bereich zusätzlich ab. Unmittelbar nach den Schüssen waren alle Fenster des Gebäudes hell erleuchtet, ein Hubschrauber war in der Luft, zahlreiche Rettungswagen standen in den Straßen.
Entschärfer in schwerer Schutzausrüstung betraten später am Abend das Gebäude der Zeugen Jehovas. Laut Angaben der Polizei handelt es sich bei dem Vorgehen um Routine. Vier Stunden nach den tödlichen Schüssen betrat schließlich die Spurensicherung den Tatort.
Innensenator Andy Grote schrieb bei Twitter: "Die @PolizeiHamburg ist in GroßBorstel mit einem Großaufgebot einschließlich Spezialkräften im Einsatz, um vor Ort für Sicherheit zu sorgen und die näheren Umstände der Tat schnell vollständig aufzuklären." Grote kündigte für den Mittag eine Pressekonferenz an, bei der Details zu der Tat und zum Stand der Ermittlungen bekanntgegeben werden sollen.
Amtliche Gefahrendurchsage: "extreme Gefahr"
Kurz nach den Schüssen waren die Bürger über eine amtliche Gefahrendurchsage der Behörde für Inneres gewarnt worden. Darin war die Rede von einer "extremen Gefahr". "Am heutigen Tage gegen 21.00 Uhr schoss(en) ein oder mehrere unbekannte Täter auf Personen in einer Kirche", hieß es in dem Text. Die Polizei sei gegen 21.15 Uhr telefonisch über die Schüsse informiert worden.
Kurz nach 3.00 Uhr morgens hob das Bundesamt für Bevölkerungsschutz die Gefahrenwarnung rund um den Tatort schließlich wieder auf.
Welche Art von Veranstaltung in der Gemeinde der Zeugen Jehovas abgehalten wurde, war zunächst unklar. Auf der Internetseite der Zeugen Jehovas war für den Donnerstagabend eine von zwei wöchentlichen Zusammenkünften geplant. Dazu ist den Informationen zufolge auch die Öffentlichkeit eingeladen.
Die Zeugen Jehovas sind eine christliche Gemeinschaft mit eigener Bibel-Auslegung. Die Anhänger glauben an Jehova als "allmächtigen Gott und Schöpfer" und sollen sich strengen Vorschriften unterwerfen. Sie sind davon überzeugt, dass eine neue Welt bevorsteht und Gott die Menschheit richten wird. Weltweit haben die Zeugen Jehovas etwa acht Millionen Mitglieder. Die "Weltzentrale" ist in New York. Die deutsche Gemeinschaft mit weniger als 200.000 Mitgliedern gehört zu den größten in Europa.
Bürgermeister Tschentscher bestürzt
In einer ersten Reaktion zeigte sich Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher bestürzt. "Die Meldungen aus Alsterdorf/Groß Borstel sind erschütternd", schrieb er bei Twitter. "Den Angehörigen der Opfer gilt mein tiefes Mitgefühl. Die Einsatzkräfte arbeiten mit Hochdruck an der Verfolgung der Täter und der Aufklärung der Hintergründe."
Auch Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank zeigte sich erschüttert über den Vorfall. "Ich bin schockiert über die Schießerei in Groß Borstel, bei der es mehrere Tote & Verletzte gab", schrieb die Grünen-Politikerin bei Twitter. "Mein tiefes Mitgefühl gilt den Familien & Freunden der Opfer. Dank an alle Einsatzkräfte, die mit Hochdruck an der Verfolgung der Täter & der Aufklärung dieser grausamen Tat arbeiten."