Greenpeace Deutschland wird 30 "Nicht immer legal, aber legitim"
Vor knapp 30 Jahren hinderten Aktivisten auf der Weser zum ersten Mal einen Giftmülltanker am Auslaufen. Zeitgleich blockierten andere eine Verladebrücke und kippten zentnerweise kranke Fische vor das Bayer-Werk in Brunsbüttel: Der Beginn von Greenpeace Deutschland, die heute die bekannteste Umweltschutzorganisation ist. Über die bibbernden Anfänge und die Herausforderungen heute spricht tagesschau.de mit Mitbegründerin Monika Griefahn.
tagesschau.de: Sie waren am 13. Oktober 1980 dabei und verhinderten schließlich, dass giftige Dünnsäure weiterhin ins Meer geleitet wird. Woran erinnern Sie sich, wenn Sie heute an diese erste Aktion denken?
Monika Griefahn: Das war eine unglaublich spannende Zeit. Ich war mit zwei Freunden nachts um etwa ein Uhr auf dem Weg nach Nordenham. Wir waren eingemummt in Rettungswesten, denn wir wollten den Giftmülltanker "Kronos" am Auslaufen hindern. Ich erinnere mich noch an das Bibbern und die Kälte. Wir waren dann auch in abwechselnden Schichten vier Tage lang in einem Boot auf dem kalten Wasser. Wir waren sehr aufgeregt.
tagesschau.de: Hatten Sie keine Angst, erwischt zu werden?
Griefahn: Nein. Das Gefühl war nicht Angst. Wir fühlten uns vielmehr wie unter Hochspannung. Natürlich fragten wir uns, ob wir wohl erwischt würden, aber wir waren auch voller Vertrauen darauf, dass wir alles gut vorbereitet hatten - schließlich waren wir einen Tag zuvor die Wege noch einmal abgelaufen und hatten uns die Aktion im Detail überlegt. Außerdem waren wir der festen Überzeugung, dass wir genau das Richtige tun. Es war vielleicht nicht immer legal, aber legitim.
tagesschau.de: Aus dieser Aktion entwickelte sich dann der deutsche Ableger von Greenpeace, der heute eines der wichtigsten Länderbüros der Organisation ist. Haben Sie damit gerechnet?
Griefahn: Der Erfolg war schnell abzusehen, weil wir bei und nach der ersten Aktion viel Zuspruch bekamen. Organisiert war sie von Greenpeace-Aktivisten aus Holland und einigen anderen deutschen Umweltschutzvereinen, aber es kamen einige 100 Menschen dazu: eine bunte Gruppe von Menschen, die nicht nur diskutieren, sondern etwas machen wollten. Studenten, Rentner, Kapitäne oder Elektriker, hauptsächlich handfeste und praktische Menschen waren dabei. Das waren die ersten Greenpeace-Anhänger in Deutschland.
tagesschau.de: Wie sind denn die heutigen Greenpeace-Aktivisten?
Griefahn: Heute ist die Mentalität meiner Ansicht nach eine andere. Viele Menschen wollen für eine große Organisation arbeiten, weil es ein guter Job ist. Sie erfüllen diesen auch mit großem Engagement, bringen ihre fachliche Qualifikation mit ein, werden dann aber auch vielleicht wieder etwas anderes machen. Wir waren damals ganzheitlich engagiert. Die Menschen waren unsere Familie - und sind es heute noch.
tagesschau.de: Greenpeace ist bekannt für spektakuläre, medienwirksame Aktionen. Besteht dabei nicht die Gefahr, dass die PR schließlich das Handeln von Greenpeace dominiert?
Griefahn: Nein. Sie brauchen große Bilder, um deutlich zu machen, warum Umweltschutz auch im Kleinen wichtig ist. Bei der ersten Aktion haben wir beispielsweise die Aufmerksamkeit auf die Gefahren durch Dünnsäure gelenkt. Wer die Bilder der Kampagne sah, zog dann vielleicht den Schluss, selbst zu Hause keine Weißmacher zu verwenden, bei deren Herstellung die Säure entsteht. Heute ist das häufig schwieriger, weil es für viele Themen wie etwa Gentechnik oder Weichmacher keine guten Bilder gibt. Das sind Herausforderungen für Greenpeace.
Das Gespräch führte Monika Manke für tagesschau.de