Beschluss des Kabinetts 67 Maßnahmen für mehr Gleichstellung
Mehr Frauen in Führungspositionen, bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Das Kabinett hat die erste nationale Gleichstellungsstrategie beschlossen. Familienministerin Giffey sprach von einem "Meilenstein".
Die Bundesregierung will die Gleichstellung von Frauen und Männern durch ein umfangreiches Maßnahmenpaket voranbringen. Das Bundeskabinett beschloss die erste ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie. So soll die Gleichberechtigung in Deutschland künftig in allen Gesetzen und Förderprogrammen des Bundes stärker berücksichtigt werden.
In der Strategie sind neun Ziele mit insgesamt 67 Einzelmaßnahmen formuliert. Zu den Zielen gehört etwa die Entgeltgleichheit, die Stärkung der sozialen Berufe und die Stärkung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dafür sollen Erwerbsarbeit und unbezahlte Sorgearbeit gerechter verteilt werden. Verbessert werden sollen außerdem die Karrierechancen von Frauen, sie sollen künftig auch stärker in den Parlamenten vertreten sein. Weitere Ziele sind die gleichberechtigte Präsenz in Kultur und Wissenschaft sowie mehr Frauen in Führungspositionen des Bundes.
Lohn- und Rentenlücke
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey sprach von einem "Meilenstein", der auch für künftige Bundesregierungen Maßstäbe setzen werde. Es werde vieles gebündelt, was bereits begonnen sei, es bleibe aber noch viel zu tun, so die SPD-Politikerin.
Nach wie vor gebe es eine Lohnlücke von mehr als 20 Prozent zwischen Männern und Frauen. "Diese Lohnlücke zieht sich dann fort hin zu einer Rentenlücke von über 50 Prozent. Und das ist eine Situation, die ungut ist und die eben nicht absichert, dass es eine eigenständige Absicherung im Lebensverlauf für Männer und Frauen gleichermaßen gibt." Es gebe viel mehr Frauen in Teilzeit mit geringeren Einkommen, als das bei den Männern der Fall sei.
Um hier eine Verbesserung zu erreichen, sei eine verbindliche Frauenquote in vielen Bereichen nötig - auch in Unternehmen und auch, wenn das nicht immer auf Verständnis treffe:
Wenn Unternehmen mir sagen: 'Wissen Sie, wir sind hier ein technisches Unternehmen. Wir haben keine guten Frauen.' Dann sage ich immer: Im Abitur und im Studium waren die noch da. Wo sind die denn alle hin? Das kann man nicht gelten lassen. Wir reden nicht darüber, dass unqualifizierte Menschen in Führung aufgenommen werden. Wir reden darüber, dass es nicht sein kann, dass wir unter zehn Prozent Frauen haben, die geeignet und befähigt sein sollen. Das kann ich so nicht akzeptieren.
SPD-Chefin appelliert an Union
Erst am Dienstag hatte sich die Große Koalition auf die Gründung einer Bundesstiftung zur Gleichstellung geeinigt. Union und SPD wollen damit ein Vorhaben aus ihrem Koalitionsvertrag umsetzen. Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Klara Geywitz appellierte an die Union, den Weg für das zweite Führungspositionen-Gesetz frei zu machen. Frauen müssten endlich besser in Unternehmensvorständen repräsentiert sein, erklärte sie.
Auch die Vizechefin der FDP-Fraktion, Katja Suding, beklagte, dass Frauen "viel zu selten" den Sprung in die Führungsetagen von Unternehmen und Verwaltung schafften. "Vage Zielvorstellungen allein bringen aber noch lange keinen echten Kulturwandel in Gesellschaft und Unternehmen." Die FDP werde Giffey daran messen, "mit welchen Maßnahmen sie die gesteckten Ziele erreichen will".
DGB für "Gleichstellungscheck"
Die Union nannte als Ziel eine bessere Bezahlung in den sozialen Berufen, in denen häufig Frauen arbeiten. "In der Corona-Krise haben wir erlebt, dass die partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit oft daran gescheitert ist, dass Frauen weniger verdienen als ihre Partner", erklärte die stellvertretende Fraktionschefin Nadine Schön. Deswegen hätten die Frauen den größeren Anteil an der Familienarbeit übernommen.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) brachte einen "Gleichstellungscheck" ins Gespräch. Damit könnten die Auswirkungen gesetzlicher Regelungen auf Frauen und Männer geprüft und frühzeitig angepasst werden, erklärte DGB-Vizechefin Elke Hannack. Giffeys Gleichstellungsstrategie müsse institutionell verankert und über die jetzige Legislaturperiode hinaus angewendet werden.