Sitzvolleyballer bei den Paralympics Highspeed-Sport im Sitzen
Nach den Olympischen Spielen fiebert Paris nun den Paralympics entgegen. Als erstes Team sind die Sitzvolleyballer in die französische Hauptstadt gereist. Sie machen sich in diesem Jahr Hoffnung auf eine Medaille.
"#Road to Paris" steht auf einem großen Banner, das die deutsche Mannschaft an Gleis 8 am Kölner Hauptbahnhof aufgespannt hat. Endlich geht es los, mit dem Zug nach Paris, zu den Paralympics. Die Aufregung ist groß, schließlich haben alle die eindrucksvollen Bilder der Olympischen Spiele im Kopf.
"Ich danke schon den Französinnen und Franzosen. Die haben etwas abgeliefert, das war einmalig. Und das erhöht natürlich Vorfreude, Kribbeln und aufgeregt sein", freut sich Friedhelm Julius Beucher. Der Präsident des Deutschen Behindertensportverbands (DBS) begleitet das deutsche Sitzvolleyball-Team im Zug nach Paris. Symbolisch und stellvertretend für alle Sportlerinnen und Sportler des Team D wurde die Reisegruppe bereits am Sonntag in Köln verabschiedet.
Der Kapitän der Sitzvolleyballer ist bereits ein alter Hase. Jürgen Schrapp ist zum siebten Mal bei den Paralympischen Spielen dabei. Er blickt zuversichtlich auf die kommenden Tage: "Wir haben letztes Jahr ein extrem erfolgreiches Jahr gehabt, Vize-Europameister und Dritter beim Weltcup. Das hat uns letztendlich auch das Ticket für Paris gebracht, recht früh. Darauf bin ich sehr stolz - und auf die Zeit, wie wir uns jetzt in drei Jahren entwickelt haben und uns da auch in eine Position gebracht haben, wo wir wirklich angreifen können", so Jürgen Schrapp.
Mit großen Erwartungen nach Paris
Der Deutsche Behindertensportverband reist mit großen Erwartungen nach Frankreich. Auch die Behindertensportfamilie träumt von einem magischen Sportfest in der französischen Hauptstadt. "Ich bin fest davon überzeugt, dass der Funke von Olympia zu den Paralympics überspringt", sagt Beucher. Ziel sei es, wieder zu den "zehn besten Parasport-Nationen der Welt" zu gehören. Beucher ist "fest davon überzeugt", dass dies gelinge.
Sitzvolleyball ist auch für den Zuschauer anspruchsvoll, denn es geht rasant zur Sache. Die Spieler sitzen auf dem Boden, während sie den Ball über das ein Meter hohe Netz spielen. Heiko Wiesenthal sagt, beim Sitzvolleyball handele es sich um eine der schnellsten Ballsportarten überhaupt. "Es ist technisch sehr anspruchsvoll, man muss sich mit den Händen bewegen und gleichzeitig den Ball spielen. Eine der schwierigsten Ballsport-Arten der Welt", ist der Spieler überzeugt.
Vorfreude steigt jeden Tag
Sein Teamkollege Francis Tonleu ergänzt: "Die Bälle sind so schnell. Wenn du eine Millisekunde nicht aufpasst, Pech gehabt." Wenn Tonleu auf dem Feld stehe, dann sei das für ihn "ein Moment voller positiver Energie". Die Vorfreude auf die Paralympics steigt bei der Mannschaft von Tag zu Tag.
"Das Feuer ist natürlich immer ein Highlight, wenn das entzündet wird. Also das wird schon mal die erste emotionale Situation werden. Ich glaube, da fängt es so richtig an, in einem zu brodeln, dass man gute Wettkämpfe machen will", so Heiko Wiesenthal. Der Koblenzer ist zum vierten Mal dabei.
Im Alter von 20 Jahren hatte er einen schweren Unfall. Bei der Bundeswehr sollte er auf einen Panzer klettern, der auf einem Eisenbahnwagen stand. "Dabei ist der Funke von der Oberleitung übergesprungen. 15.000 Volt in den Kopf rein, durch den Körper durchgeflossen und einem Bein raus. Und das Bein war dann so weit verbrannt, dass man es abnehmen musste", erinnert sich Heiko Wiesenthal.
Deutsche Sitzvolleyballer haben Medaillenchancen
Nach der Amputation habe er auch mal eine Nacht geweint, dann habe er sich aber mit der neuen Situation arrangiert, sich neue Ziele gesteckt, "die ich aber erstmal relativ klein gehalten habe. Ich habe die alle übertroffen und bin deswegen auch nie in ein Loch gefallen. Und habe das wirklich dann eigentlich innerhalb von ein paar Tagen für mich abgeschlossen", so Wiesenthal.
Francis Tonleu wuchs in Kamerun auf. Mit neun Jahren wollte er eine Mango vom Baum pflücken, als der Ast, auf dem er saß, brach. "Das ging so schnell, man kann es nicht glauben. Und dann fiel ich auf den Boden. Und da lag ich. Und dann Totenstille." Seitdem ist sein Fuß steif. Der Sport hat beide geprägt und zusammengebracht. Nachdem sie bei den letzten Paralympics in Tokio leer ausgingen, hoffen sie nun auf Paris. Die Mannschaft ist zwar nicht Gold-Favorit, aber ein Medaillen-Kandidat sind die Sitzvolleyballer auf jeden Fall.
Starke Ersatzbank
"Am Ende ist viel von der Tagesform abhängig, wir bereiten uns, so gut es geht, vor. Unser Ziel ist es schon, eine zu gewinnen", sagt Bundestrainer Christoph Herzog. Er ist überzeugt, diese Generation habe es wirklich drauf. "Weil wir das erste Mal, und das haben wir in den letzten zwölf Jahren nicht gehabt, eine Bank haben, die eins zu eins ersetzen kann. Das können viele Mannschaften nicht, außer vielleicht der Iran, aber nach dem Iran keine andere Mannschaft. Da sind wir die stärkste Mannschaft, die im Hintergrund eine Bank hat, wo wir den Wechsel machen können und der kann genauso stechen", so die Hoffnung des Bundestrainers.
Wiesenthal hat eine Medaille jedenfalls fest im Blick. "Unser Ziel ist schon, ins Halbfinale zu kommen, um mit um die Medaillen spielen zu können. Aber die Leistungsdichte ist sehr hoch, auch in der Vorrunde. Ausscheiden ist durchaus möglich, aber ich denke, wir haben uns sehr gut vorbereitet."
Die ersten Wettkämpfe beginnen am Donnerstag, die deutschen Sitzvolleyballer starten am Freitag ins paralympische Turnier.