Virusvariante Wie gefährlich ist Omikron-Subtyp BA.2?
Derzeit breitet sich ein neuer Subtyp der Omikron-Variante aus, auch in Deutschland werden zunehmend Infektionen mit BA.2 nachgewiesen. Der Typ könnte ansteckender sein, aber ist er auch gefährlicher?
Die Ausgangslage
Derzeit dominiert in Deutschland die Omikron-Untervariante BA.1. Doch in immer mehr Ländern breitet sich nun ein neuer Subtyp aus - BA.2. In Dänemark ist dieser Omikron-Untertyp auf dem Weg zur dominierenden Coronavirus-Variante. Unter anderem auch in Österreich und Frankreich wurde er bereits nachgewiesen, vereinzelt auch in Deutschland.
Der Anteil von BA.2 in Deutschland ist laut RKI-Wochenbericht "nach wie vor sehr gering" mit 2,3 Prozent in der zweiten Woche des Jahres (Woche zuvor: 1,4 Prozent). Das RKI schreibt zu dem Subtyp: "International wird beobachtet, dass sich BA.2 stärker ausbreitet als BA.1." Das betreffe etwa Dänemark und das Vereinigte Königreich. Klinisch-epidemiologisch gebe es aber noch keine gesicherten Erkenntnisse für andere Eigenschaften.
Wie unterscheiden sich BA.1 und BA.2?
Wo der Subtyp BA.2 herkommt, ist Experten zufolge unklar. Neu ist er aber nicht. So konnte BA.2 schon kurz nach dem Auftreten von Omikron nachgewiesen werden. Der Subtyp ist eine "Schwesterlinie" von BA.1 - beide sind Omikron-Untervarianten, und es ist nicht etwa eine aus der anderen entstanden.
Auch wenn die beiden Varianten BA.1 und BA.2 weitgehend identisch sind, weisen sie unterschiedliche Mutationen auf.
BA.2 fehlt eine Mutation, die bei bestimmten PCR-Tests zunächst für eine Unterscheidung von Omikron und Delta herangezogen wurde. "BA.2 wurde deshalb anfangs fälschlicherweise als 'Tarnkappen-Mutation' beschrieben, weil diese Variante sich nicht von Delta in dieser Mutation unterscheidet", erklärt Virologin Sandra Ciesek. In der Regel würden jedoch entweder mehrere verschiedene Mutations-PCRs durchgeführt oder das Genom sequenziert, so dass Labore durchaus zwischen BA.1, BA.2 oder Delta unterscheiden könnten.
Ist BA.2 ansteckender und/oder gefährlicher?
Aufgrund der schnellen Verbreitung von BA.2 gehen Experten von einem Vorteil in der Übertragbarkeit gegenüber BA.1 aus. Inzwischen liegt auch eine noch nicht von externen Fachleuten begutachtete Untersuchung aus Dänemark zu BA.2 vor, ein sogenanntes Preprint.
Das Infektionsrisiko bei BA.2 ist demnach mehr als doppelt so hoch wie bei Subtyp BA.1. Das gilt sowohl innerhalb der Gruppe der Ungeimpften, als auch bei Menschen mit Grundschutz und bei Geboosterten. Das Risiko der Weitergabe des Virus sei bei infizierten Ungeimpften ebenfalls stark erhöht, nicht jedoch bei Geimpften und Geboosterten.
Ist der Impfschutz verringert?
Impfungen hätten auch mit dem Aufkommen von BA.2 einen Effekt gegen Infektion, Weitergabe und schwere Erkrankung, wenn auch verringert im Vergleich zu früheren Varianten, schreiben die Forscher. Die höhere BA.2-Anfälligkeit und -Übertragbarkeit bei Ungeimpften werde wahrscheinlich zu einer noch weiteren Steigerung von Übertragungen bei ungeimpften Kindern in Schulen und Kitas führen, halten sie fest.
Für das Preprint blickten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in Dänemark auf Ansteckungen mit BA.1 und BA.2 in Haushalten. Betrachtet wurde das Geschehen ausgehend von rund 8500 sogenannten Primärfällen Ende Dezember, Anfang Januar. "Wir schließen daraus, dass Omikron BA.2 von Natur aus wesentlich besser übertragbar ist als BA.1", heißt es im Fazit. BA.2 besitze auch Immunflucht-Eigenschaften, die die Schutzwirkung der Impfung gegen Infektionen weiter verringerten. Die Weitergabe durch Geimpfte mit Durchbruchinfektion werde aber nicht erhöht.
Auch die Frankfurter Virologin Ciesek hatte bereits vermutet, dass neben einer höheren Übertragbarkeit auch eine stärkere Immunflucht dazu führen könne, dass sich immer mehr Menschen mit BA.2 infizierten. Immunflucht bedeutet, dass eine durchgemachte Infektion oder eine Impfung weniger gut vor dem Erreger schützen.
Führt BA.2 zu schwereren Verläufen?
Bislang deutet nichts darauf hin. Nach bisherigem Kenntnisstand verliefen Infektionen mit dem Subtyp nicht schwerer, sagt der französische Epidemiologe und Leiter des Instituts für Globale Gesundheit der Universität Genf, Antoine Flahault.
"Sehr frühe Beobachtungen aus Dänemark legen nahe, dass zwischen BA.1 und BA.2 in der Krankheitsschwere kein großer Unterschied zu sein scheint", unterstreicht Ciesek. Diese Auffassung teilt auch der Virologe Tom Peacock vom Imperial College in London.
Allerdings fehlen noch verlässliche klinische Daten. Eines ist laut des Biophysikers Richard Neher von der Universität Basel, einem Experten für Virusvarianten, hingegen sicher: Der Vorteil, den BA.2 über BA.1 hat, ist kleiner als der von Omikron über Delta.
Was heißt das für eventuelle Corona-Lockerungen?
Schnelle Öffnungsschritte bei sinkenden Infektionszahlen dürften damit wenig realistisch sein. Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen hält mit Blick auf Unsicherheiten rund um BA.2 Lockerungen der Corona-Maßnahmen in den kommenden vier Wochen eher für unwahrscheinlich. "Es ist möglich, dass sich die Trendwende um mehrere Wochen verzögern könnte", sagte Dahmen den Funke-Zeitungen. Die BA.2-Verbreitung werde den Höhepunkt der aktuellen Welle voraussichtlich weiter nach hinten verschieben. "Alles, was wir bislang über BA.2 wissen, legt nahe, dass die Infektionszahlen möglicherweise noch nicht im Februar zurückgehen werden."
Ganz ähnlich lautet die Einschätzung des Immunologen Carsten Watzl. "BA.2 wird sich auch bei uns durchsetzen", schrieb er auf Twitter. Dies könnte die Omikron-Welle verlängern.
Bund und Länder wollen sich am 16. Februar erneut zusammenschalten, um über die aktuellen Corona-Regeln zu sprechen. Trotz täglich neuer Rekordzahlen bei den Corona-Infektionen waren zuletzt vermehrt Forderungen nach Lockerungen bei den Schutzmaßnahmen laut geworden, zumindest als eine Öffnungsperspektive. Die Bundesregierung hält dies jedoch bislang für verfrüht.