Raub im Grünen Gewölbe Einige Schmuckstücke erheblich beschädigt
Wenige Wochen nach der Rückgabe von Beutestücken aus dem spektakulären Kunstraub in Dresden haben Zeugen über den teils schlechten Zustand der Schätze berichtet. Vier Angeklagte stimmten unterdessen einem Deal des Gerichts zu.
Im laufenden Prozess zum Juwelendiebstahl aus dem Dresdner Grünen Gewölbe sind durch Zeugenaussagen wichtige Details zu den 31 kurz vor Weihnachten zurückgegebenen Schmuckstücken und zu den noch fehlenden Beutestücken bekannt geworden. Die Restauratorin Eve Begov von den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) erklärte bei ihrer Zeugenvernehmung am Landgericht Dresden, dass manche Gegenstände so gut wie unbeschädigt seien, andere dagegen stark. Sie berichtete von abgebrochenen Stücken, Deformationen und Schäden durch Feuchtigkeit.
Beim "Bruststern des Polnischen Weißen Adler-Ordens" sei beispielsweise eine Spitze abgetrennt worden. Bei der "Hutagraffe" diagnostizierte die Restauratorin Rostablagerungen und Feuchteinträge zwischen Fassung und Steinen. Sie könnten entweder von der Lagerung oder einem Reinigungsversuch stammen. Andere Teile hätten ebenfalls mechanische Beschädigungen sowie Kratzer oder Roststellen. Wahrscheinlich seien einzelne Schmuckstücke bereits bei dem Diebstahl in mehrere Teile zerbrochen, so die Restauratorin.
Beim "Bruststern des Polnischen Weißen Adler-Ordens" soll nach dem Raub eine Spitze abgetrennt worden sein.
Polizeitaucher suchten vergeblich nach Degenklinge
Begov äußerte sich auch zu den Stücken, die bislang noch fehlen. Dazu gehört die Epaulette mit dem "Sächsischen Weißen", einem Brillanten von fast 50 Karat. Der Brillant werde zu den weltweit wichtigsten Diamanten gerechnet, sagte Begov.
Die 31 bisher zurückgegebenen Stücke waren nach einer Absprache zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung im Dezember vergangenen Jahres an die Ermittler der Sonderkommission "Epaulette" übergeben worden. Ein Kriminalhauptkommissar der Sonderkommission berichtete von einer Übergabe am späten Abend des 16. Dezember in einer Berliner Anwaltskanzlei. Er habe auch als Kunstlaie sofort gesehen, dass einzelne Teile beschädigt waren, so der Polizist vor dem Landgericht. Von einem diamantbesetzten Degen habe zudem die Klinge gefehlt.
Im Prozess kam in diesem Zusammenhang nun auch zur Sprache, was Polizeitaucher aus mehreren Bundesländern am 25. Dezember im Berliner Schifffahrtskanal im Stadtteil Neukölln vergeblich suchten: die Klinge des Degens der Diamantgarnitur, von dem nur der Griff zurückgegeben worden war. Mehrmals sei ein Bereich von 170 Metern Länge abgesucht, aber nichts aus der Beute gefunden worden.
Deal ermöglicht geringere Strafen für Angeklagte
Zwischen Verteidigung, Staatsanwaltschaft und Gericht gibt es mittlerweile eine Verständigung. Der sogenannte Deal betrifft fünf der sechs Angeklagten. Sie sollen für die Rückgabe des Großteils der Beute und "glaubhafte" Geständnisse eine geringere Strafe erhalten, wie der Vorsitzende Richter Andreas Ziegel nach einem Gespräch mit den Beteiligten sagte. Vier von ihnen stimmten dem zu und kündigten Erklärungen für den nächsten Verhandlungstag (17. Januar) an, der fünfte will sich bis dahin entscheiden.
Nach vorheriger Ankündigung soll es Haftstrafen zwischen fünf Jahren und neun Monaten sowie sechs Jahren und neun Monaten für drei Beschuldigte geben, die nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden. Das Strafmaß bei den anderen soll zwischen vier Jahren und drei Monaten sowie fünf Jahren nach Jugendstrafrecht liegen. Ein weiterer Angeklagter bestreitet unter Verweis auf ein Alibi in der Tatnacht eine Beteiligung an dem Einbruch.
Beschuldigter startete Initiative
Die Initiative zu dem möglichen Deal ging nach Angaben des Richters vom ältesten Beschuldigten aus. Der 29-Jährige habe darauf hingewirkt, dass die noch vorhandenen Beutestücke zurückgegeben werden, berichtete Richter Ziegel.
Die Angeklagten könnten nach der Vereinbarung zudem gegen Auflagen gleich nach dem Urteilsspruch auf freien Fuß kommen. Voraussetzung dafür ist laut Ziegel, dass sie sich konkret zu Tatentschluss, -planung,- ablauf und dem Geschehen danach sowie zum jeweiligen Tatbeitrag und zur Beteiligung äußern und Nachfragen glaubhaft beantworten. Ziegel teilte darüber hinaus mit, dass die Kammer abweichend von der Anklageschrift davon ausgeht, dass die Angeklagten nicht als Mitglieder einer Bande handelten.
Diamanten und Brillanten im Wert von über 113 Millionen Euro
Am 25. November 2019 waren aus dem Grünen Gewölbe Schmuckstücke mit insgesamt 4300 Diamanten und Brillanten im Gesamtwert von mehr als 113 Millionen Euro gestohlen worden. Der Einbruch sorgte international für Schlagzeilen. In dem Fall müssen sich derzeit sechs Männer zwischen 23 und 29 Jahren unter anderem wegen Bandendiebstahls und schwerer Brandstiftung vor Gericht verantworten. Zwei von ihnen verbüßen derzeit eine jeweils mehrjährige Jugendstrafe wegen des Diebstahls der Goldmünze aus dem Bode-Museum Berlin 2017.