Impfung gegen HPV Krebs, der besiegbar ist
Eine HPV-Impfung ist nur was für Mädchen? Dieses Narrativ scheint immer noch in den Köpfen vieler junger Männer in Deutschland zu stecken. Doch auch sie müssten helfen, um Gebärmutterhalskrebs zu besiegen.
"Erst nach meiner Diagnose habe ich erfahren, was HPV überhaupt ist und was es auslösen kann", erzählt Leah Schwinghammer. "Vorher hatte ich keine Ahnung, obwohl ich jedes Jahr zum Frauenarzt gehe."
Schwinghammer ist 27 Jahre alt. Vor einem Jahr hat sie die Diagnose Gebärmutterhalskrebs bekommen. Zwar nur eine Vorstufe - die Zellen haben sich verändert, sind aber nicht bösartig mutiert. Trotzdem war eine Operation unumgänglich.
Zweimal wurden ihr seitdem Teile des Gebärmutterhalses entfernt. Beide Male gab es im Anschluss die niederschmetternde Nachricht: Wir haben nicht alle betroffenen Zellen erwischt. Jetzt steht ihre dritte Operation an.
"Ich muss sagen, als 27-jährige Frau ist das schwierig zu verarbeiten", sagt sie im Gespräch mit tagesschau.de. "Am Anfang war das natürlich ein großer Schock für mich."
Schwinghammer wünscht sich Kinder. Die Vorstufe zum Gebärmutterhalskrebs und die Operationen sind ein Risiko für ihren Familienwunsch.
Der Krebs ist besiegbar
Auslöser der Erkrankung ist HPV - das humane Papillomvirus. Ein sexuell übertragbares Virus, das für fast alle Fälle von Gebärmutterhalskrebs verantwortlich ist. Etwa 80 Prozent aller Menschen infizieren sich in ihrem Leben mit HPV.
In den meisten Fällen bekämpft der Körper die Viren erfolgreich. In einigen Fällen aber nistet sich das humane Papillomvirus in die Zellen ein und kann auch bis zu 30 Jahre nach der Infektion noch Krebs auslösen. Neben dem Gebärmutterhalskrebs kann es auch Genitalwarzen und weitere Krebsarten wie Rachenkrebs sowie in seltenen Fällen After- und Peniskarzinome hervorrufen.
Gleichzeitig ist es die einzige Krebsart, die die Menschheit schon hätte besiegen können. Denn gegen HPV gibt es einen effektiven Impfstoff.
Zu wenige Männer lassen sich impfen
"Hier können wir wirklich mit einer Impfung die Krebsentstehung verhindern", berichtet Felix Neis, der Leah Schwinghammer an der Uniklinik Tübingen behandelt. "Wir können unser Immunsystem so kompetent machen, dass diese Virus-Erkrankung - egal, wo sie im Körper auftritt - von uns selbst therapiert werden kann."
Seit 2007 empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) die Impfung für junge Mädchen. Und seit 2018 auch für junge Männer. Doch gerade die erreicht die Impfkampagne bisher kaum.
Nur jeder fünfte junge Mann in Deutschland ist geimpft. Viel zu wenig, um das Ziel der EU sowie der WHO zu erreichen, HPV bis 2030 zu besiegen. Dazu müssten sich schätzungsweise 90 Prozent der unter 18-jährigen Menschen impfen lassen. Also auch die Männer.
Eine Impfung ist nicht nur Selbstschutz
Viel zu oft seien die jedoch schlecht informiert und würden HPV als ein Problem der Frauen betrachten, weiß Thomas Iftner, der die Aufklärungsstelle Zervita leitet. "Es ist genau der Punkt, dass man eine vernünftige Aufklärung betreiben muss: Einerseits können die Jungen, wenn sie sich impfen lassen, auch die Mädchen schützen, weil sie dann die Mädchen nicht mehr anstecken können", erklärt der Professor für medizinische Virologie. Und zusätzlich würden sie sich selbst vor Tumoren im Rachenraum schützen. Doch darüber werde viel zu wenig gesprochen.
Iftner möchte mit der nationalen Aufklärungsstelle Zervita dazu beitragen, über die Gefahren von HPV und die Chancen durch die Impfung aufzuklären. Doch er ist auf Spenden angewiesen und kann sich eine größere Kampagne mit mehr Reichweite deshalb nicht leisten.
Gerade hat die zuständige EU-Behörde einen Fördermittelantrag abgelehnt. Trotzdem möchte er im Kampf gegen HPV und Gebärmutterhalskrebs nicht zurückstecken und will künftig auf TikTok informieren.
Auch nach 18 noch sinnvoll
Teil der aktuellen Kampagne ist Heike Maurer. Auch sie hatte eine Vorstufe zum Gebärmutterhalskrebs. Auch ihr wurde betroffenes Gewebe entfernt. Doch nach ihrer Operation kam es zu Komplikationen, Maurer verlor viel Blut. Bange Momente, die sie jeder anderen Frau ersparen möchte.
"Meine Familie und ich haben damals wirklich Ängste durchgestanden. Und es ärgert mich jetzt wirklich, dass sich nur so wenige junge Menschen gegen HPV impfen lassen", erzählt die zweifache Mutter tagesschau.de.
Die Impfung sei eine Errungenschaft, die jeder junge Mensch nutzen sollte. Bis zum 18. Lebensjahr bezahlen die Krankenkassen die Impfung für Jungen und Mädchen gegen HPV. Die Logik hinter der Altersgrenze ist, dass die meisten Menschen bis 18 über sexuellen Kontakt mit HPV in Berührung gekommen sind.
Aber auch danach ist eine Impfung in jedem Alter sinnvoll. Denn es gibt mehrere Arten des humanen Papillomvirus, gegen die eine Impfung effektiv schützt. Und alle verfügbaren Impfstoffe sind ohne Altersbegrenzung ab neun Jahren zugelassen.