Hochwasser Evakuierungen, Deichriss und Rekordpegelstand
Die Hochwasserlage bleibt vielerorts kritisch. Betroffen sind unter anderem Bremen, Dresden und Magdeburg. Laut Feuerwehrverband gibt es bei den Einsätzen viele Probleme. Der Regen wird nur vorübergehend weniger.
An einigen Flüssen in Deutschland bleibt die Hochwasserlage angespannt. Betroffen sind unter anderem Gebiete an der Elbe sowie an der Weser. In Dresden soll am Abend die Sechs-Meter-Marke an der Elbe überschritten werden. Am flussaufwärts gelegenen Pegel Schöna nahe der tschechischen Grenze gilt die zweithöchste Alarmstufe 3, dort wurden am frühen Morgen schon 6,37 Meter gemessen. Dresden hatte die Alarmstufe 3 bereits am Dienstagabend ausgerufen.
Wehr erstmals seit mehr als zehn Jahren geöffnet
Zur Entschärfung der Hochwasserlage in Magdeburg und dem etwas südlich davon gelegenen Schönebeck öffnete der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft das Pretziener Wehr. Damit wird etwa ein Drittel des Elbe-Wassers an den beiden Städten vorbei durch einen Kanal geleitet, ehe es wieder in die Elbe fließt. Auf den umliegenden Deichen verfolgten am Vormittag Hunderte Menschen das Geschehen.
Das etwa 135 Meter lange Wehr war zuletzt im Juni 2013 geöffnet worden.
Deichriss in Lilienthal
An der Helme, die südlich des Harzes fließt, gilt voraussichtlich in den kommenden Tagen die höchste Hochwasseralarmstufe 4. In Niedersachsen rechnete der Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz vor allem an der Mittelweser und an den Oberläufen von Aller, Leine und Oker mit weiter steigenden Pegelständen.
In der Gemeinde Lilienthal bei Bremen riss nach Angaben der örtlichen Feuerwehr ein Deich, der betroffene Bereich wurde am Mittwochnachmittag evakuiert. Wegen eines durchweichten Deichs wurden in der Nacht zum Donnerstag weitere Straßen evakuiert.
Im angrenzenden Bremen ist die Hochwasserlage im Stadtteil Borgfeld ähnlich angespannt. Im Ortsteil Timmersloh konnte an den Deichen nachgearbeitet werden, sodass dort laut Feuerwehr keine Evakuierungen mehr stattfinden mussten.
300 Menschen müssen Wohnungen verlassen
Wegen des Aller-Hochwassers mussten in der niedersächsischen Gemeinde Winsen rund 300 Menschen ihre Wohnungen verlassen. Die Siedlungen Westohe und Südohe müssten evakuiert werden, teilte der Landkreis Celle am Mittwochabend mit. Der Wasserstand auf den Straßen sei dort auf rund 40 bis 50 Zentimeter gestiegen, aus Sicherheitsgründen sei daher der Strom abgestellt worden.
Im Ort Eissel bei Verden bietet die örtliche Feuerwehr einen Fährdienst für die Bewohner der vom Hochwasser eingeschlossenen Häuser an. Die Einwohner leben in Häusern auf einer kleinen Erhebung, die an Weser, Aller und einen Schleusenkanal grenzt. Der Ort kennt die Situation, von Wasser eingeschlossen zu sein.
Für die Einwohner von Eissel bei Verden bietet die örtliche Feuerwehr einen Fährdienst an.
Katastrophenalarmvorstufen in Niedersachsen
Mehrere Landkreise in Niedersachsen stellten eine Vorstufe des Katastrophenalarms fest - dadurch haben die Kreisverwaltungen unter anderem einen einfacheren Zugriff auf Hilfskräfte. Besonders betroffen war laut Landesbranddirektor Dieter Rohrberg die Stadt Sarstedt im Landkreis Hildesheim, wo die Flüsse Innerste und Leine zusammenfließen.
Am Oberlauf der Weser von Hann. Münden bis Höxter in Nordrhein-Westfalen sanken die Wasserstände am Mittwoch laut Landesbetrieb, für die Mittelweser wurden aber steigende Pegelstände vorhergesagt. Am Pegel Drakenburg im Landkreis Nienburg könne sogar der bisherige Rekordstand aus dem Jahr 1981, nämlich 8,34 Meter, überschritten werden.
Ministerpräsident Weil: 100.000 Menschen im Einsatz
Im Serengeti-Park im niedersächsischen Hodenhagen sind wegen des Hochwassers die ersten Tiere abtransportiert worden. In einigen Stallungen der Dschungel-Safari mit mehr als 200 Affen sei Wasser eingedrungen, sagte eine Sprecherin. Lemuren, Varis, Präriehunde und Erdmännchen mussten ihre Gehege verlassen und seien nun woanders auf dem Gelände nördlich von Hannover untergebracht. Niedersachsen Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und der SPD-Bundesvorsitzende Lars Klingbeil machten sich ein Bild von der Lage im Tierpark. An den Tierpark grenzt der Fluss Meiße, der über die Ufer getreten ist.
"Ein Hochwasser diesen Ausmaßes hat es hier bei uns zuvor nie gegeben", sagte Weil in einer Mitteilung. Man müsse in der Zukunft das Engagement in der Hochwasserprävention weiter verstärken sowie den Kohlendioxidausstoß dringend weiter reduzieren, betonte der Ministerpräsident. Laut Weil sind im Bundesland mehr als 100.000 Menschen im Einsatz gegen das Hochwasser.
Einwohner von Windehausen können zurückkommen
Die Bewohner des wegen Hochwassers evakuierten nordthüringischen Ortes Windehausen können unterdessen in ihre Häuser zurückkehren. Er habe die Evakuierungsanordnung aufgehoben, sagte der Bürgermeister Heringens, Matthias Marquardt, der Nachrichtenagentur dpa. Stromversorgung und Abwasserentsorgung funktionierten wieder.
Windehausen war Weihnachten von Schmelzwasser aus dem Fluss Zorge und nach oben gedrücktem Grundwasser überflutet worden. Inzwischen sei es wieder abgeflossen. Der Ort war geräumt worden, 400 der 500 Einwohner folgten der Aufforderung zur freiwilligen Evakuierung.
Feuerwehrverband kritisiert Probleme
Feuerwehren beklagen unterdessen den Diebstahl von Sandsäcken. "Sandsäcke, die an Deichen verbaut sind, werden von Anwohnern weggeholt, weil sie selber keine Sandsäcke haben, um ihre Häuser zu schützen", sagte der Präsident des Deutschen Feuerwehrverbands, Karl-Heinz Banse.
Er sprach von vielen Problemen bei den Einsätzen. "Es gibt Beleidigungen, es gibt Diskussionen mit Betroffenen, warum wird erst in der Straße A begonnen und nicht in der Straße B das Wasser abzupumpen. Warum hat mein Nachbar vorher die Feuerwehr im Keller als ich", sagte Banse. "Da gibt es viel, viel Streitereien." Zudem habe die Feuerwehr mit sehr vielen Schaulustigen zu kämpfen.
Nach Banses Angaben sind seit Heiligabend Tausende Feuerwehrleute in verschiedenen Teilen Deutschlands im Einsatz. "Wir haben eine Hochwasserlage, wie wir sie seit vielen Jahren nicht erlebt haben."
Vorübergehend weniger Regen
Heute soll es laut Prognose des Deutschen Wetterdienstes (DWD) weitgehend trocken bleiben. Dadurch könnte sich die Hochwasserlage an manchen Flüssen etwas entspannen.
Allerdings steigt die Gefahr kräftigerer Niederschläge laut DWD dann wieder. Am Freitag könne es vor allem im Umfeld von Harz, Bergischem Land, Sauerland und Siegerland immer wieder regnen. Eher nur vereinzelte Schauer sind laut DWD für Samstag vorhergesagt, am Sonntag könnte es jedoch wieder häufiger regnen.