Alkoholmissbrauch in Deutschland Zahl der alkoholabhängigen Menschen gestiegen
Etwa 1,5 Millionen Personen mussten im Jahr 2022 ambulant oder stationär wegen ihrer Alkoholsucht behandelt werden. Das ergab eine Auswertung der Barmer Krankenkasse. Betroffen sind vor allem Menschen in der zweiten Lebenshälfte.
Die Zahl der alkoholkranken Menschen ist gestiegen. Rund eine Million Männer (1.058.000) und 467.000 alkoholabhängige Frauen wurden behandelt, das sind etwas mehr als 2017, wie aus einer Auswertung des Instituts für Gesundheitssystemforschung der Krankenkasse Barmer hervorgeht. Damals waren etwa 50.000 Menschen weniger in Behandlung.
Vor allem Menschen in der zweiten Lebenshälfte seien betroffen. Unter den 55- bis 64-Jährigen wird die Sucht verstärkt diagnostiziert, auch hier doppelt so viele Männer wie Frauen (circa 303.000 Männer, 116.000 Frauen). "Alkoholismus entwickelt sich in der Regel über viele Jahre", sagte Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Krankenkasse. Wichtig sei, das Betroffene eine passgenaue Hilfe bekämen.
Im Norden mehr alkoholkranke Menschen
Aus der Barmer-Auswertung ging auch hervor, dass es in Norddeutschland mehr Patienten gab, als im Süden Deutschlands. In Mecklenburg-Vorpommern und Bremen gebe es über ein Drittel mehr Suchtkranke als im Bundesdurchschnitt. Die wenigsten alkoholkranken Menschen gab es in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg.
Medizinisch seien die massiven regionalen Unterschiede nicht zu erklären, sagte Straub. "Hier dürften auch soziodemographische Faktoren eine Rolle spielen."
Weniger Alkoholexzesse bei Jugendlichen
Unterdessen nimmt die Zahl an Jugendlichen, die wegen akuten Alkoholkonsums in Krankenhäusern behandelt werden müssen, weiter ab. Dem Statistischen Bundesamt zufolge gab es 2022 so wenige Fälle wie seit etwa 20 Jahren nicht mehr.
Wie die Behörde mitteilte, wurden im vergangenen Jahr 11.537 Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 19 Jahren wegen Alkoholmissbrauchs in Kliniken stationär aufgenommen.
Rückgang geht vor allem auf Corona-Auflagen zurück
Das Statistische Bundesamt führt die rückläufigen Zahlen vor allem auf die mit der Corona-Pandemie verbundenen Einschränkungen wie die Schließung von Restaurants und Lokalen sowie Kontaktbeschränkungen zurück. Neben den Corona-Auflagen spielen im langfristigen Vergleich demnach auch demografische Faktoren eine Rolle.
Auch wenn die Fälle von übermäßigem Alkoholkonsum unter Jugendlichen der statistischen Erhebung zufolge in den vergangenen Jahren zurückgegangen sind, warnen Aufklärungs- und Präventionsstellen weiterhin vor den Risiken des Alkohols. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung weist darauf hin, dass im Gehirn noch bis zum Alter von 21 Jahren "wichtige Umbauprozesse" stattfinden. Daher könne Alkohol in dieser Zeit "schon in kleinen Mengen erheblichen Schaden anrichten" und sei in dieser Altersgruppe besonders ungesund.
Auch die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen warnt: "Alkohol schadet mit jedem Schluck. Es ist ein Zellgift." Die Geschäftsführerin Christina Rummel fordert daher mehr politische Maßnahmen, etwa eine Anhebung der Alkoholpreise und die Regulierung von Alkoholwerbung.