Gabriel kritisiert Flüchtlingspolitik der Union "'Wir schaffen das' reicht nicht"
SPD-Chef Gabriel hat sich für eine Obergrenze bei der Integration von Flüchtlingen stark gemacht. Er kritisierte zugleich die Union. Es reiche nicht, ständig zu sagen: Wir schaffen das. Im ZDF-Sommerinterview verteidigte Gabriel auch seine Stinkefinger-Geste.
SPD-Chef Sigmar Gabriel hat in der Debatte über die Flüchtlingspolitik in ungewohnt deutlicher Form Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel geübt. In Anspielung auf Merkels berühmt gewordenen Satz "Wir schaffen das" erklärte der Vizekanzler im ZDF-Sommerinterview: "Es reicht nicht, wenn sie ständig sagen 'Wir schaffen das', sondern sie müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass wir es auch hinkriegen, und das hat die CDU/CSU immer blockiert."
Gabriel machte zugleich deutlich, dass er eine Obergrenze bei der Integration von Menschen für notwendig halte. "Die Union hat die Herausforderungen unterschätzt", sagte er. "Wir haben immer gesagt, es ist undenkbar, dass wir in Deutschland jedes Jahr eine Million Menschen aufnehmen."
SPD-Chef verteidigt "Stinkefinger"-Geste
In dem Interview, das das ZDF heute ausstrahlt und aus dem der Sender gestern Abend erste Ausschnitte veröffentlichte, verteigte der SPD-Vorsitzende auch seine "Stinkefinger"-Geste gegenüber pöbelnden Neo-Nazis vor rund zwei Wochen. "Ich habe nur einen Fehler gemacht, ich habe nicht beide Hände benutzt", sagte Gabriel. Er war bei einem Wahlkampfauftritt im niedersächsischen Salzgitter von einer Gruppe rechtsextremer Demonstranten angegangen worden. Auf Videoaufnahmen im Internet ist zu sehen, wie sie Gabriel unter Anspielung auf die Nazi-Vergangenheit seines Vaters als Volksverräter beschimpften. Er reagierte mit einer eindeutigen Geste und zeigte der Gruppe den Mittelfinger.
Die SPD-Zentrale verteidigte Gabriels Geste anschließend als "emotionale Reaktion", die "angesichts der massiven Beleidigungen der Person und auch der Familie von Sigmar Gabriel" verständlich sei. Der SPD-Chef spricht seit einigen Jahren offen über das schwierige Verhältnis zu seinem Vater, der auch nach Ende des Zweiten Weltkrieges ein überzeugter Nationalsozialist gewesen sei. Wegen der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung ist auch Gabriel Anfeindungen ausgesetzt. Im Sommer 2015 zog er den Zorn Rechtsgesinnter auf sich, als er die Verantwortlichen für die Krawalle um eine Flüchtlingsunterkunft im sächsischen Heidenau als "Pack" bezeichnete.