Fragen und Antworten Krankenkassenbeiträge - was ist neu?
Der Bundestag hat die Reform der Kassenbeiträge verabschiedet. Ab 2015 wird der Arbeitnehmeranteil sinken. Aber die Kassen können Zusatzbeiträge erheben, die an die Höhe des Einkommens gekoppelt sind. Was sich zudem ändert, erklärt tagesschau.de.
Ändert sich der Beitragssatz generell?
Ja. Der gesetzlich vorgeschriebene Beitragssatz sinkt 2015 von 15,5 auf 14,6 Prozent.
Ändert sich der Beitragssatz für Arbeitnehmer?
Ja. Auch der von ihnen zu zahlende Anteil am Beitragssatz wird gesenkt – und zwar von 8,2 auf 7,3 Prozent des Bruttoeinkommens.
2005 wurde beschlossen, dass der Beitrag zur gesetzlichen Krankenkasse nicht mehr paritätisch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geteilt, sondern zu einem größeren Anteil von den Arbeitnehmern getragen werden sollte.
Die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD nimmt diese Regelung nun wieder zurück und führt mit der ab 2015 geltenden Regelung zumindest formal die paritätische Finanzierung wieder ein. Aber durch mögliche Zusatzbeiträge, die die Krankenkassen erheben können, tragen die Arbeitnehmer allein das Risiko von Kostensteigerungen.
Ändert sich der Beitragssatz für die Arbeitgeber?
Nein. Arbeitgeber zahlen nach wie vor anteilig 7,3 Prozent.
Kommen zusätzliche Beiträge auf die Versicherten zu?
Das ist noch unklar, aber möglich. Zwar werden die einkommensunabhängigen pauschalen Zusatzbeiträge abgeschafft, die die Krankenkassen erheben konnten. Zukünftig können sie aber von den Versicherten Zusatzbeiträge erheben, die abhängig vom Einkommen prozentual errechnet werden.
Da die pauschalen Zusatzbeiträge für Menschen mit wenig Einkommen zu einer unverhältnismäßig hohen Belastung führen können, gab es bisher einen Solidarausgleich des Staates, er wurde also aus Steuergeldern finanziert. Das soll sich mit der neuen Regelung ändern. Statt den Solidarausgleich aus Steuermitteln zu finanzieren, müssen ihn nun letztlich die Versicherten tragen - er werde "innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung organisiert", heißt es im Gesetzentwurf.
Wer profitiert?
Durch die Senkung des Arbeitnehmeranteils von 8,2 auf 7,3 Prozent des Bruttogehalts können die Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung ab 2015 theoretisch mit einer geringeren Belastung rechnen. In der Praxis wird sich erst nach und nach herausstellen, welche Kassen Zusatzbeiträge erheben.
Die Arbeitgeber profitieren, weil ihr Anteil am Kassenbeitrag bei 7,3 Prozent eingefroren bleibt - und sie sich nicht an eventuellen Zusatzbeiträgen beteiligen müssen.
Das Interesse der Bundesregierung an der neuen Regelung ist im Gesetzentwurf klar dargelegt: "Ein Sozialausgleich und damit verbundene Mehrbelastungen des Bundeshaushalts sind nicht mehr erforderlich", heißt es im Gesetzentwurf. Das neue Gesetz soll regeln, dass die Krankenkassen für einen angemessenen Beitrag sorgen, da die Höhe der Zusatzbeiträge prozentual an das beitragspflichtige Einkommen gekoppelt ist.
Wie wird die Senkung der Arbeitnehmeranteile aufgefangen?
Wenn der Arbeitnehmeranteil von 8,2 auf 7,3 Prozent reduziert wird, fehlen die 0,9 Prozentpunkte, der sogenannte Beitragssatzanteil, der allein von den Arbeitnehmern getragen wurde. Die dadurch eventuell entstehende Unterdeckung – es handelt sich um jährlich rund elf Milliarden Euro – soll durch Zusatzbeiträge der Kassen ausgeglichen werden.
Während die Bundesregierung davon ausgeht, dass die Krankenkassen dank prall gefüllter Kassen zunächst mit einem niedrigeren Beitrag auskommen, warnt die Opposition davor, dass die Versicherten mit einer höheren Belastung durch Zusatzbeiträge rechnen müssten.
Was bedeutet das für die Krankenkassen?
Mit der Neuregelung bekommen die Kassen ihre Beitragsautonomie zum Teil zurück. Wenn sie mit dem Geld nicht auskommen und die Rücklagen aufgezehrt sind, können sie prozentuale Zusatzbeiträge bei ihren Mitgliedern einfordern. Das verstärkt den Wettbewerb unter den Kassen, was durchaus von der Regierung gewollt ist.
Welche Krankenkassen werden Zusatzbeiträge erheben?
Das ist noch nicht bekannt.
Werden die Krankenkassen Zusatzbeiträge in unterschiedlicher Höhe erheben?
Das soll möglichst verhindert werden durch einen sogenannten Einkommensausgleich zwischen den Krankenkassen. Denn wegen der stark unterschiedlichen Höhe der durchschnittlichen Einkommen der versicherten Mitglieder müssten Krankenkassen mit überdurchschnittlich verdienenden Mitgliedern beim gleichen Finanzierungsbedarf einen geringeren einkommensabhängigen Zusatzbeitrag erheben als Krankenkassen mit unterdurchschnittlich verdienenden Mitgliedern. Das könnte zu Wettbewerbsverzerrungen führen.
Wird es weiterhin Bonuszahlungen von Krankenkassen geben?
Nein.
Ist mit dem Krankenkassenbeitrag auch der Anteil zur Pflegeversicherung abgedeckt?
Nein. Der Beitrag für die Pflegeversicherung kommt dazu. Der Pflegebeitragssatz von 2,05 Prozent (Kinderlose: 2,3 Prozent) soll 2015 um 0,3 und binnen weniger Jahre nochmals um 0,2 Punkte steigen. Insgesamt sollen so rund sechs Milliarden Euro pro Jahr mehr in die Pflegekassen fließen.
Wie erfahren die Versicherten von eventuellen Zusatzbeiträgen?
Die Krankenkassen, die Zusatzbeiträge erheben oder diese erhöhen, sollen ihre Mitglieder künftig in gesonderten Schreiben darüber informieren. Zugleich sollen sie die Versicherten in diesen Fällen über deren Sonderkündigungsrecht in Kenntnis setzen - und im Internet zudem darüber, wo die Krankenversicherung billiger ist.
Bislang mussten die Kassen ihre Mitglieder zwar auch schon informieren, wenn sie mehr Geld von ihnen wollten. Es reichte aber, wenn sie dies in ihrer Mitgliederzeitung mitteilten.
Gegen die Informationspflicht, welche Kasse billiger ist, regt sich Widerstand bei den Kassen. Der Sprecher des Kassen-Spitzenverbandes GKV, Florian Lanz, sagte, dass es in keiner anderen Branche eine gesetzliche Pflicht gebe, auf einen billigeren Konkurrenten hinzuweisen.
Wie viele Menschen betrifft das Gesetz?
Insgesamt sind in den gesetzlichen Krankenkassen knapp 70 Millionen Menschen – fast 90 Prozent der deutschen Bevölkerung – versichert. Rund 17 Millionen davon sind beitragsfrei Versicherte, dazu gehören Kinder und Ehepartner. Sie zahlen keine eigenen Kassenbeiträge.