Zwischen Helgoland und Langeoog Ein Toter nach Frachter-Kollision in der Nordsee
Nach der Kollision zweier Frachter in der Nordsee ist ein Seemann tot geborgen worden, zwei weitere wurden gerettet. Mehrere Menschen werden noch vermisst. Taucher untersuchen das gesunkene Schiff "Verity" - Rettungskräfte warnen vor Umweltgefahren.
Bei dem Zusammenstoß zweier Frachtschiffe in der Nordsee ist mindestens ein Mensch ums Leben gekommen. Wie die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) mitteilte, wurde ein Seemann tot geborgen. Zwei weitere seien gerettet, vier würden noch vermisst.
Bei Wellengang von bis zu drei Metern, schlechter Sicht und Windstärke sechs suchten die Besatzungen mehrerer Seenotrettungskreuzer und anderer Schiffe derzeit nach den Schiffbrüchigen. Auch mehrere Hubschrauber und ein Sonarflugzeug sind im Einsatz. Ein Kreuzfahrtschiff, das im Seegebiet unterwegs war, unterstützt ebenfalls die Suche.
"Bedingungen sind herausfordernd"
Die Rettungskräfte wollen die Suche nicht einstellen, solange es noch eine Chance gibt, Überlebende zu finden. "Für die Einheiten vor Ort ist es sicherlich komplex, weil die Bedingungen herausfordernd sind", sagte DGzRS-Sprecher Christian Stipeldey. Himmel und See hätten bei der herbstlichen Witterung nahezu die gleiche Farbe. Es sei dann schwierig, Vermisste auf See zu erkennen.
Taucher sollen nun das gesunkene Schiff in etwa 30 Meter Tiefe untersuchen. Robby Renner, der Leiter des Havariekommandos, will nicht ausschließen, dass die Vermissten sich noch im Schiff befinden. Es gebe die Chance "und ich betone, es ist nur eine Chance, dass sie im Schiffskörper eingeschlossen sind", so Renner. Die Bedingungen seien aber äußerst schwierig. An der Unglücksstelle beträgt die Wassertemperatur laut den Rettern etwa zwölf Grad.
Wir lassen nichts unversucht, um eventuell noch Leben zu retten".
Laut dem Havariekommando waren die Frachtschiffe "Polesie" und "Verity" am Morgen gegen 5 Uhr in der Deutschen Bucht zusammengestoßen, rund 22 Kilometer südwestlich der Insel Helgoland und 31 Kilometer nordöstlich der Insel Langeoog. Während die "Polesie" mit 22 Menschen an Bord weiterhin schwimmfähig sei, sank die deutlich kleinere "Verity" offenbar. Wie es zu der Kollision kam, ist noch unklar.
Folgen für die Umwelt?
Der Frachter "Verity" hatte Stahl geladen. Er habe sogenannte Stahl-Coils, also Rollen aus großen Blechen, an Bord gehabt, erklärte Renner in Cuxhaven. Rettungskräfte behalten auch mögliche Folgen für die Umwelt im Blick. Es sei möglich, dass von dem gesunkenen Schiff Umweltgefahren ausgingen. Es habe auch rund 130 Kubikmeter Dieselkraftstoff an Bord. Ein Mehrzweckschiff, das beispielsweise Treibstoffe vom Wasser aufnehmen könne, sei an der Unfallstelle, so Renner. Alle Arbeiten, die bei Dunkelheit geschehen könnten, sollten nach Anbruch der Dunkelheit fortgesetzt werden.
Schiffe starteten von Bremen und Hamburg
Die "Verity" ist ein englischer Frachter mit einer Länge von 91 und einer Breite von 14 Metern. Wie aus Angaben des Tracking-Dienstes VesselFinder hervorgeht, hatte sie am Montagabend Bremen verlassen und war auf dem Weg nach Immingham, einem Hafen an der englischen Nordseeküste. Das Schiff fährt unter der Flagge der Isle of Man und hat auf der britischen Insel auch seinen Heimathafen.
Der Frachter "Polesie" gehört zur polnischen Reederei Polsteam Group, die ihren Sitz im polnischen Stettin (Szczecin) hat. Dieses Schiff ist 190 Meter lang und 28,5 Meter breit - also deutlich größer als die "Verity". Es war seit Montagabend auf dem Weg von Hamburg nach La Coruña in Nordwest-Spanien.
Eines der meistbefahrenen Seegebiete
Wie eine Sprecherin des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) erklärte, ereignete sich der Zusammenstoß in einem der meistbefahrenen Seegebiete weltweit. In der Deutschen Bucht verlaufen demnach zwei international eingerichtete Schifffahrtsstraßen in Ost-West-Richtung. Dabei handelt es sich um das Verkehrstrennungsgebiet (VTG) Terschelling-German Bight (Deutsche Bucht) vor den Ostfriesischen Inseln sowie das weiter nördlich liegende Verkehrstrennungsgebiet German Bight Western Approach (Deutsche Bucht West-Ansteuerung).
Der Großteil aller Schiffe, die aus dem Englischen Kanal kommen oder dorthin fahren, folge diesen beiden Wasserstraßen, so die Sprecherin. Auf der südlicheren Route Terschelling-German Bight herrscht nach Angaben der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes die größte Verkehrsdichte. Die nördlichere Route werde von besonders großen Schiffen, Tankern und Frachtern mit gefährlicher Ladung genutzt.
Querend zu den beiden Verkehrstrennungsgebieten verläuft laut BSH der Schiffsverkehr zu den deutschen Flussrevieren Ems, Jade/Weser und Elbe sowie auch zu den Offshore-Windparks in der deutschen Nordsee. Das Seegebiet zwischen Helgoland und Langeoog weise aber keine natürlichen Besonderheiten auf, wie etwa Untiefen, spezielle Wetterphänomene oder Strömungen.
In einer früheren Version dieser Meldung haben wir von rund 1.300 Kubikmetern Dieselkraftstoff an Bord der "Verity" geschrieben, tatsächlich sind es rund 130 Kubikmeter. Wir haben die Angabe korrigiert.
Mehr zum Hintergrund dieser und anderer Korrekturen finden Sie hier: tagesschau.de/korrekturen