Daten und Fakten zu Gabriel-Papier EEG 2.0 - Was sich künftig ändern soll
Um die Energiewende bezahlbar zu machen, will Gabriel die Ökostromförderung deutlich kürzen. "Erneuerbare-Energien-Gesetz 2.0" nennt er das - und mutet vielen in der Branche damit sehr viel zu. tagesschau.de hat die wichtigsten Fakten zusammengestellt.
In einem zwölfseitigen Eckpunktepapier skizziert Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel seine Pläne für eine EEG-Reform. Der Entwurf soll bei der Kabinettsklausur in Meseberg beschlossen werden. Um den Kostenanstieg bei der Ökostromförderung zu bremsen, macht er für jede Art der Stromerzeugung konkrete Vorgaben und kürzt die Privilegien für industrielle Großverbraucher. Die Gesetzesnovelle soll bereits am 1. August 2014 in Kraft treten.
Ausbauziele
Derzeit kommen knapp 25 Prozent der Energie aus Ökostrom. Bis 2025 soll dieser Anteil auf 40 bis 45 Prozent und bis zum Jahr 2035 auf 55 bis 60 Prozent steigen.
Kosten
Das Vergütungssystem für Ökostrom ist sehr kompliziert. Mehr als 4000 EEG-Vergütungskategorien gibt es derzeit. Rund 23,5 Milliarden Euro an Vergütungen werden 2014 gezahlt werden. Dieser Förderberg macht den Strompreis für den privaten Verbraucher so teuer: Die Förderung ist auf 20 Jahre garantiert - und wird per EEG-Umlage auf den Strompreis aufgeschlagen.
Für alle Anlagen, die ab dem 1. August 2014 in Betrieb gehen, sollen die Förderungen nun gekürzt werden. Derzeit wird eine Kilowattstunde Ökostrom durchschnittlich mit 17 Cent vergütet. Im Jahr 2015 soll die Vergütung auf 12 Cent sinken. Die alten Fördersätze gälten noch, "sofern sie vor dem 22. Januar 2014 immissionsschutzrechtlich genehmigt worden sind", heißt es in Gabriels Papier, das dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. Damit nimmt Gabriel Investoren den Wind aus den Segeln, die noch auf den letzten Drücker neue Anlagen bauen wollen.
Eigenstromverbrauch
Die Umlage steigt auch, weil immer mehr Unternehmen und Bürger mit Solaranlagen Strom selbst erzeugen und verbrauchen - damit sind sie befreit. Künftig sollen die Eigenstromerzeuger an der Ökostrom-Umlage beteiligt werden.
Windkraft
Bis 2020 sollen an Land jährlich nur noch Windkraftanlagen bis zu einer Leistung von insgesamt 2500 Megawatt (ca. 1000 Windräder) gebaut werden. Wenn es mehr wird, werden Vergütungen automatisch gekürzt. An windstarken Standorten soll deutlich gekürzt werden: "Im Ergebnis liegt die Vergütung im Jahr 2015 an ertragreichen Standorten um 10 bis 20 Prozent unter dem Niveau vom Jahr 2013", heißt es in dem Papier. Im Süden soll weiter ein wirtschaftlicher Betrieb möglich sein.
Der Ausbau von Windparks in Nord- und Ostsee wird zwar teuer, aber da diese beständigen Strom liefern können, will die Regierung der Technologie eine Chance geben. Der Ausbau soll bis 2020 bei einer Leistung von 6500 Megawatt und bis 2030 bei einer Leistung von 15.000 Megawatt gedeckelt werden. Um den Ausbau zu forcieren und um Jobs zu retten, wird es bis 2017 eine Vergütung über acht Jahre von 19 Cent pro Kilowattstunde geben. Für Windparks, die bis Ende 2019 ans Netz gehen, soll diese schrittweise auf 17 Cent gesenkt werden.
Solarenergie
Wie bei der Windkraft ist auch für Solarenergie nur noch eine jährliche Kapazität von 2500 Megawatt vorgesehen. Allerdings werden hier die Förderungen bereits jetzt gekürzt, wenn der vorgesehene Ausbau überschritten wird.
Biomasse
Weil die Bioenergie sehr teuer ist und wegen Problemen durch zu starken Maisanbau wird hier ein jährlicher Ausbau von höchstens 100 Megawatt angestrebt - durch Verwertung von Abfall- und Reststoffen.
Industrierabatte und Eigenverbrauch
Bislang gab es für zahlreiche Firmen der stromintensiven Industrie Rabatte bei der EEG-Umlage. Private Verbraucher zahlen derzeit 6,24 Cent Umlage pro Kilowattstunde Strom, beim Jahresverbrauch eines durchschnittlichen Vier-Personen-Haushalts von 3500 Kilowattstunden sind das knapp 220 Euro im Jahr. Stahlwerke hingegen zahlen nur 0,05 Cent und auch Braunkohletagebaue und Futterhersteller genießen Rabatte. Auf Drängen der EU-Kommission sollen diese Rabatte eingeschränkt werden. Gabriel will die Privilegien überprüfen und die Unternehmen mit einem "angemessenen Kostenbeitrag" am Ausbau erneuerbarer Energien beteiligen. Von einer Summe zwischen 700 Millionen und einer Milliarde Euro ist die Rede. Bis zum dritten Quartal 2014 sollen die Unternehmen Klarheit haben.
Mehr Markt
Wind- und Solarparkbetreiber sollen sich mehr dem Wettbewerb stellen und ihren Strom zu bestmöglichen Preisen verkaufen. Sie sind künftig zur "Direktvermarktung" verpflichtet, müssen also selbst nach einem Verkäufer für ihren Strom suchen. Zunächst gilt dies aber nur für Neuanlagen ab einer Leistung von 500 Kilowatt, ab 2016 ab einer Leistung von 250 Kilowatt und ab 2017 bereits für Anlagen ab 100 Kilowatt.
Kritik
Widerstand gegen seine Pläne schlug Gabriel von vielen Seiten entgegen - auch aus seiner eigenen Partei. "Insgesamt ist eine Deckelung der kostengünstigsten erneuerbaren Energie Wind an Land volkswirtschaftlich unsinnig", heißt es in einem Positionspapier von Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig von der SPD. So werde die Energiewende unnötig teuer und zudem würden erhebliche Unsicherheiten geschaffen. Auch die Umweltminister anderer Bundesländer äußerten sich kritisch. Und auch der Bundesverband Windenergie kündigte Widerstand an, denn so werde die Energiewende ausgebremst.
Ebenso machen die Grünen gegen Gabriels Pläne mobil. Die Eckpunkte enthielten zwar einige vernünftige Vorschläge, sagte die Grünen-Vorsitzende Simone Peter, "aber in der Grundsache gehen sie in die falsche Richtung." So würden erneuerbare Energien ausgebremst, die Kohle erhalte dagegen weiter Vorrang. Peter nannte es absurd, dass es dem "Billigmacher Windkraft an den Kragen geht". Dennoch seien die Grünen weiter zur Zusammenarbeit bereit.
Der Verbraucherschützer Holger Krawinkel kritisiert die vergleichsweise hohe Vergütung von 19 Cent pro Kilowattstunde für Windkraft im Meer. Er fordert eine Ausgliederung der Offshore-Kosten in einen Fonds, also die Finanzierung der Förderkosten über Steuergelder. Der Ausbau müsse auf 5000 Megawatt gedeckelt werden.