Fragen und Antworten Was ändert sich bei der Erbschaftssteuer?

Stand: 07.11.2008 18:56 Uhr

Eigentlich sollte die Erbschaftssteuerreform längst verabschiedet sein - doch die CSU stellte sich quer. Nun haben die Unionsparteien mit der SPD eine gemeinsame Linie gefunden. Doch wie sehen die Regierungspläne genau aus? Und worum geht es im Einzelnen?Thomas Dressel

Eigentlich sollte die Erbschaftssteuerreform längst verabschiedet sein - doch die CSU stellte sich quer. Nun haben die Unionsparteien mit der SPD nach zähem Ringen einen Kompromiss gefunden. Doch wie sehen die geplanten Änderungen zur Erbschaftssteuer nun genau aus? Und worum geht es im Einzelnen?

Wie hoch sollen die neuen Erbschaftssteuersätze sein?

Die Erbschaftssteuersätze waren zuletzt gestaffelt nach Verwandschaftsgrad des Erben und Wert des weitergegebenen Vermögens; sie lagen zwischen sieben und 50 Prozent. Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung und dem von CDU/CSU und SPD ausgehandelten Kompromiss sollen diese drei Steuerklassen generell bestehen bleiben. Die Vorlage nennt die Steuerklasse I für Ehegatten, Kinder und Enkel (Steuersätze von sieben bis maximal 30 Prozent, abzüglich der Freibeträge); die Steuerklasse II für Geschwister und entfernte Verwandte sowie die Steuerklasse III für alle übrigen Erben wie Freunde und Bekannte (in beiden Steuerklassen Steuersätze von 30 bis maximal 50 Prozent, jedoch steigen die Sätze in Steuerklasse III schneller an, abzüglich der Freibeträge).

Der Freibetrag wird so hoch liegen, dass nach Angaben des Finanzministeriums in 90 Prozent der Fälle keine Erbschaftssteuer erhoben werden wird. Die Freibeträge liegen bei Ehegatten oder Partnern aus eingetragenen Lebenspartnerschaften künftig bei 500.000 Euro (bisher 307.000) Euro, bei Kindern jeweils bei 400.000 Euro (bisher 205.000). Hinzu kommt ein Versorgungsfreibetrag von 256.000 Euro, wenn Altersbezüge aus Gesellschafterverträgen und nicht aus Pensionen stammen. Die Erbschaftssteuer trägt zu weniger als einem Prozent des deutschen Steueraufkommens bei.

Welche Neuerungen ergeben sich für die Erben von Wohnimmobilien?

Steuerfrei vererbbar ist nach dem neuesten Kompromiss künftig jegliches selbstgenutztes Wohneigentum - nur mit einer zeitlichen Einschränkung. Dabei ist jedoch egal, was die Immobilie wert ist und, ob es sich um eine Villa oder eine Etagenwohnung handelt. Also wird dann auch die in der Debatte häufig als Beispiel verwendete mehrere Millionen teure Villa am Starnberger See steuerfrei vererbbar sein - mit dieser Forderung hat sich die CSU durchsetzen können. Wohnflächen über 200 Quadratmeter müssen anteilig zum Verkehrswert versteuert werden, wenn die Kinder die Erben sind und dort einziehen. Für hinterbliebene Ehe- und Lebenspartner gilt die Flächenbegrenzung nicht. Die Steuerfreiheit gilt jedoch nur, wenn die Immobilie vom Lebenspartner mindestens zehn Jahre weiter bewohnt wird - oder wenn Kinder des Verstorbenen einziehen, die ebenfalls dort mindestens zehn Jahre ihren Lebensmittelpunkt haben. In beiden Fällen muss es der Erstwohnsitz sein. Eine Vermietung, Verpachtung oder ein Verkauf der Immobilie hebt die Steuerfreiheit auf.

Zuletzt wurde bei Mietshäusern, Eigentumswohnungen oder Eigenheimen nicht der tatsächliche Verkehrswert als Steuergrundlage herangezogen, sondern der reale Marktwert einer Immobilie oft nur zu 30 bis 40 Prozent für die Berechnung der Erbschaftssteuer berücksichtigt. An diesem Punkt will die Bundesregierung ansetzen: Nun soll bei Eigentumsimmobilien nach Plänen des Bundesfinanzministeriums künftig zu 100 Prozent deren tatsächlicher Verkehrswert zu Grunde gelegt werden, wenn die Erbschaftssteuer nach den oben beschriebenen Kriterien fällig würde.

Auf was müssen sich Erben von Barvermögen einstellen?

Bei dieser Form von Erbschaft fallen die vom Bundesfinanzministerium beabsichtigten Änderungen vergleichsweise gering aus. So soll der Wert eines Barvermögens weiterhin zu 100 Prozent bei der Berechnung des jeweiligen Erbschaftssteuersatzes berücksichtigt werden. Erfreulich für Erben: Die Bundesregierung plant, die Freibeträge für enge Verwandte generell heraufzusetzen. Der Freibetrag für Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner soll demnach von 307.000 auf 500.000 Euro steigen, der für Kinder von 205.000 auf 400.000 Euro.

Wer eine Erbschaft aus dem weiteren Familienumfeld antritt, profitiert von den Neuregelungen indes nicht: Für entfernt verwandte Erben - zum Beispiel Neffen oder Vetter - sollen höhere Erbschaftssteuersätze gelten als für enge Verwandte.

Was soll sich bei Unternehmens-Erbschaften ändern?

Bei der Weitergabe von Firmenvermögen zeigt sich Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) betont großzügig. Hier soll der Staat zukünftig auf die Erbschaftssteuer verzichten. Die Regelung ist an folgende Bedingungen geknüpft: Die Summe aller betrieblichen Löhne muss zehn Jahre lang gehalten werden, wobei jährliche Schwankungen erlaubt sind. Zudem dürfen keine Arbeitsplätze in dieser Zeit abgebaut werden. Alternativ kann man auch eine Besteuerung von 15 Prozent wählen, was einer pauschalen Steuerbefreiung von 85 Prozent entspricht. Dann darf die Summe aller gezahlten Löhne innerhalb von zehn Jahren um ein Drittel sinken.

Werden diese Voraussetzungen seitens der Nachfolger nicht erfüllt, muss Erbschaftssteuer nachgezahlt werden. Dafür vorgesehen ist ein mehrstufiges Modell, das die Zeitspanne zwischen Erbschaftsantritt und Verkauf ebenso berücksichtigt wie Zeitpunkt und Höhe der insgesamt gezahlten Löhne. Das überarbeitete Erbschaftssteuergesetz sieht nach den Plänen der Großen Koalition jedoch auch Härtefall-Regelungen vor, etwa für Pleiten in Krisenzeiten.

Im Vergleich zum alten Erbschaftssteuerrecht ist insbesondere die mehrjährige Haltefrist für Firmen-Erben ein Novum. Bislang galt für Unternehmens-Nachfolgen die Regelung, dass der Realwert eines Betriebes nur zu 65 Prozent in der Steuerberechnung berücksichtigt wurde. Darüber hinaus konnten Erben einen Freibetrag von bis zu 225.000 Euro geltend machen.

Ein Verkauf von Teilen des Betriebes zur Schuldentilgung oder zur Erhöhung des Eigenkapitals ist nach dem jüngsten Kompromiss von CDU/CSU und SPD erbschaftssteuerfrei möglich, wenn am Ende die Lohnsumme eingehalten wird. Damit soll sichergestellt werden, dass Arbeitsplätze durch die Auswahl neuer Geschäftsfelder erhalten bleiben. Diese müssen jedoch nicht dem ursprünglichen Geschäftszweck entsprechen.

Wann tritt das reformierte Erbschaftssteuergesetz in Kraft?

Das reformierte Erbschaftssteuergesetz wird aller Voraussicht nach am 1. Januar 2009 in Kraft treten, nachdem sich die Koalitionsparteien nach langen Streitigkeiten am 6. November 2008 auf einen Kompromiss geeinigt haben. Nun müssen noch die Bundestagsfraktionen offiziell zustimmen. Da der Kompromiss bereits von den Fraktionschefs vorgestellt wurde, also kein reiner Regierungsbeschluss ist, wird derzeit im Regierungsviertel nicht mehr mit großen Änderungen gerechnet. Als gesichert gilt bereits jetzt, dass Bürger, die in der Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum Inkrafttreten des Gesetzes eine Erbschaft angetreten haben, zwischen alter und neuer Regelung wählen können.

Weshalb wird die Erbschaftsteuer überhaupt neu geregelt?

Das alte Erbschaftssteuergesetz muss überarbeitet werden, weil es gegen das Grundgesetz verstößt. Im November 2006 erklärte das Bundesverfassungsgericht die bisherige Regelung als gesetzeswidrig, da sie die Weitergabe verschiedener Vermögenswerte - Bargeld, Immobilien oder Aktien - unterschiedlich hoch besteuert. Gleichzeitig ordneten die Karlsruher Richter eine Neuregelung des Erbschaftssteuergesetzes bis Ende 2008 an.

Wie viel wird in Deutschland vererbt und was verdient der Staat daran?

Medienberichten zufolge werden in Deutschland jährlich Vermögenswerte in Höhe von etwa 200 Milliarden Euro durch Erbschaft weitergegeben. Bei einer Bevölkerungszahl von rund 82,3 Millionen bedeutet dies aus statistischer Sicht, dass jeder Einwohner Deutschlands durchschnittlich 2.430,13 Euro pro Jahr erbt.

Gemessen daran sind die staatlichen Einkünfte durch die Erbschaftssteuer eher gering. Im vergangenen Jahr nahm die öffentliche Hand 4,2 Milliarden Euro durch entsprechende Steuerzahlungen ein. Zum Vergleich: Die Gesamt-Steuereinnahmen des Bundes beliefen sich 2007 auf eine Summe von 538,2 Milliarden Euro.

Zusammengestellt von Thomas Dressel für tagesschau.de, von Corinna Emundts, tagesschau.de, und Georg Link, ARD-Hauptstadtstudio.