Fotorecht Mit dem Selfie vor den Kadi?
Ein Selfie vor dem Eiffelturm als Gruß an die Freunde daheim schnell auf Facebook hochladen - heutzutage Normalität. Aber im EU-Parlament wird derzeit über eine Änderung des Urheberrechts diskutiert, die weitreichende Folgen haben könnte: Fotos, auf denen Gebäude oder Kunstwerke zu sehen sind, sollen danach nur noch mit Genehmigung der Rechteinhaber kommerziell genutzt werden dürfen. Müssen wir nun also fürchten, dass uns Architekten und Künstler wegen eines scheinbar harmlosen Urlaubsschnappschusses zur Kasse bitten?
Wie ist die aktuelle Rechtslage in Deutschland?
Die Urheberrechte in Deutschland werden durch das Urheberrechtsgesetz (UrhG) geschützt. Der Gedanke dahinter: Wer ein künstlerisches Werk schafft, investiert Zeit und Mühe und soll darum nicht tatenlos zusehen müssen, wie andere mit diesem Werk Geld verdienen. Erfasst sind von diesem Schutz auch Bauwerke. Allerdings wird das Urheberrecht der Architekten durch die sogenannte "Panoramafreiheit" begrenzt. Danach ist es zulässig, "Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden" etwa durch Fotografien abzubilden und diese Aufnahmen auch öffentlich wiederzugeben.
Bei Bauwerken erstreckt sich diese Befugnis nur auf die äußere Ansicht und zwar von dem Punkt aus, an dem man noch auf öffentlichem Grund steht. Heißt also: Wer auf einer öffentlichen Straße stehend ein Bauwerk fotografiert, hat nichts zu befürchten. Das hat der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung zum Schloss Sanssouci bekräftigt. Man muss hier also weder fragen noch bezahlen, bevor man fotografiert.
Was plant die EU und wie konkret sind diese Pläne?
Zurzeit wird hitzig über einen Bericht diskutiert, der im EU-Parlament zirkuliert. Nach diesem Bericht soll künftig die kommerzielle Nutzung von Fotos, auf denen Bauwerke im öffentlichen Raum zu sehen sind, nur möglich sein, wenn der Inhaber der Rechte ihr o.k. geben. Das sind Architekten und Eigentümer. Die Panoramafreiheit wäre damit für gewerblich genutzte Fotos ausgehebelt.
Ausschließlich privat genutzte Aufnahmen sind nicht betroffen. Generell muss man sagen, dass dieser Bericht noch eine Vorstufe des Gesetzgebungsverfahrens darstellt. Erst wenn das Europäische Parlament gemeinsam mit dem Rat der EU wirklich eine Richtlinie mit dem gleichen Inhalt erlässt, wird das Thema "handfest". Die Bundesrepublik müsste diese Richtlinie dann auch noch in deutsches Recht "übersetzen", erst dann wären Bürger hierzulande direkt betroffen. Ein weiter Weg, auf dem sich auch noch einiges ändern kann. Kein Grund also zur Panik, was die Urlaubsschnappschüsse in diesem Sommer betrifft.
Welche Fotos wären von einer Änderung betroffen?
Es geht in dem Entwurf konkret um Fotos von allen Bauwerken, an denen "Urheber oder sonstige Bevollmächtigte" Rechte geltend machen können. Das müssen nicht nur bekannte Werke der Zeit- oder Kunstgeschichte wie der Eiffelturm sein. Es können vielmehr auch private Gebäude betroffen sein. Nach dem Tod des Urhebers geht das Urheberrecht auf den oder die Erben über. Es erlischt in Deutschland 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Mit Fotos von alten Bauwerken wie dem Kölner Dom dürfte man also auf der sicheren Seite sein. Das Nutzungsrecht kann vom Urheber auch auf andere Personen (etwa den Eigentümer) übertragen werden.
Weil im Entwurf von einer "vorherigen" Einwilligung die Rede ist, müsste also jeder Fotograf, der ein entsprechendes Bild gemacht hat und es kommerziell nutzen will, zunächst recherchieren, ob an dem Haus entsprechende Rechte bestehen und inwieweit der Inhaber dieser Rechte einer Nutzung zustimmt. Da im Entwurf von einer "gewerblichen" Nutzung die Rede ist, kann man folgern, dass die rein private Verwendung von Fotoaufnahmen weiterhin möglich ist, auch ohne Zustimmung des Rechteinhabers. Das betrifft zum Beispiel Urlaubsfotos, die nur privat zugänglich gemacht werden.
Darf ich meine privaten Urlaubsfotos dann nicht mehr auf Facebook hochladen?
Wer heutzutage Bilder mit seinen Freunden teilen will, lädt sie auf sozialen Netzwerken wie Facebook und Instagram hoch. Und das könnte problematisch werden: Grund dafür sind die Nutzungsbedingungen von Facebook und Co.
Darin behält sich Facebook nämlich das Recht vor, die dort hochgeladenen Bilder auch gewerblich, etwa für Werbung, zu nutzen. Sobald man also ein privates Foto hochlädt, stimmt man gleichzeitig auch der kommerziellen Nutzung der Bilder durch Facebook zu. Der Nutzer erklärt laut Nutzungsbedingungen, dass er selbst alle nötigen Rechte an dem Bild hat.
Falls sich die Rechtslage ändern sollte und tatsächlich die Panoramafreiheit aufgehoben wird, könnte das Hochladen von Urlaubsfotos, auf denen Gebäude oder Kunstwerke im Hintergrund erkennbar sind, also ein Risiko darstellen.
Darf ich Bilder auf meiner privaten Website veröffentlichen?
Die Nutzung der Fotos für private Zwecke beziehungsweise die Veröffentlichung auf der privaten Website stellt an sich noch keine kommerzielle Nutzung dar. Solange das ganze tatsächlich auch ausschließlich dem privaten Gebrauch dient. Vorsicht geboten ist aber dann, wenn auf der privaten Website Werbung geschaltet wird oder man einen Micropayment-Dienst wie z.B. FlattR benutzt. Denn dann kommt schon eine kommerzielle Nutzung in Betracht, selbst wenn die Einnahmen auch nur sehr gering sind.
Was bedeutet das für professionelle Fotografen und Journalisten?
Die Einschränkung der Panoramafreiheit würde auch professionellen Fotografen und Journalisten das Leben schwer machen, jedenfalls dann, wenn deren Tätigkeit als gewerblich einzustufen ist. Also dann, wenn deren Fotos auch für PR-Zwecke, Kalender etc. verwendet werden. Bisher konnten auch sie sich darauf verlassen, dass der öffentliche Raum allen gehört und nicht erst nach Abschluss eines Lizenzvertrages genutzt werden darf.
Eine Einschränkung der Panoramafreiheit würde also auch für diese Fotografen und Journalisten bedeuten, dass sie, bevor sie ein Foto mit einem berühmten Gebäude machen, erst mit dem Rechteinhaber oder der verantwortlichen Verwertungsgesellschaft einen Lizenzvertrag aushandeln müssten. Was das für reine Nachrichtenfotografie bedeutet, können aktuell selbst Urheberrechts-Experten schwer abschätzen.