BGH zu Flugausfällen Geld zurück beim Streik am Flughafen?
Ob Piloten streiken, Fluglotsen oder Sicherheitskontrolleure - für Reisende heißt das oft: Flug gestrichen. Aber macht es für ihre Rechte einen Unterschied, wer streikt? Das prüft der BGH heute. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Worum geht es im konkreten Fall?
Am 9. Februar 2015 herrschte Chaos in der Abflughalle des Hamburger Flughafens. Immer mehr Menschen drängten sich auf engem Raum. Passagiere wurden nach Hause geschickt oder gebeten, gar nicht erst zu kommen. Irgendwann sperrte die Bundespolizei die Eingänge. Das Problem: Sicherheitskontrolleure hatten die Arbeit niedergelegt. Die Mitarbeiter, die noch da waren, kamen mit der Arbeit irgendwann nicht mehr nach.
Der Mann, der nun vor dem Bundesgerichtshof (BGH) klagt, hatte es gemeinsam mit seiner Ehefrau zwar noch durch die Sicherheitskontrolle geschafft. Ihr Flug aber wurde gestrichen - aus Sicherheitsbedenken.
Steht den Passagieren bei einem Flugausfall ein Ausgleich zu?
Streicht eine Airline einen Flug, dann haben Passagiere ein Recht auf eine Ausgleichszahlung. Das sieht Artikel 7 der EU-Fluggastrechte-Verordnung vor. Das gilt allerdings nicht bei "außergewöhnlichen Umständen", die die Fluggesellschaft nicht mit zumutbaren Maßnahmen vermeiden konnte.
Ist ein Streik so ein "außergewöhnlicher Umstand"?
Der Bundesgerichtshof hat 2012 entschieden: Wenn der Flugplan wegen eines Streiks nicht wie geplant durchgeführt werden kann, dann sei das ein "außergewöhnlicher Umstand". Ob eigene Mitarbeiter - etwa die Piloten - oder Mitarbeiter eines anderen Unternehmens - zum Beispiel Sicherheitskontrolleure - streiken, spiele dabei keine Rolle. Wenn eine Gewerkschaft zum Streik aufrufe, dann komme dieser Aufruf "von außen" und sei von der Airline nicht zu beherrschen.
In dem Fall damals ging es um einen Pilotenstreik. In einem späteren Urteil haben die Karlsruher Richter diese Linie bestätigt.
Wie hat die Vorinstanz das in dem Hamburger Fall gesehen?
Das Landgericht orientierte sich an dem Urteil des BGH von 2012 und entschied: Auch der Streik der Sicherheitskontrolleure ist ein "außergewöhnlicher Umstand". Die Folge: Für die Passagiere gibt es keine Ausgleichszahlung. Allerdings ließen die Hamburger Richter die Revision zu, so dass sich nun noch einmal der BGH mit dem Fall befassen muss. Da es um EU-Recht geht, könnte der die Sache auch dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorlegen.
Was hat der EuGH zu Flugausfällen wegen Streiks entschieden?
Eine Entscheidung der Luxemburger Richter von April deutet in eine etwas andere Richtung als die Urteile der Karlsruher Kollegen. Es ging in dem Fall um massenhafte Krankmeldungen von Tuifly-Mitarbeitern im Herbst 2016, nachdem der Konzern zuvor Umstrukturierungen angekündigt hatte. Mehr als 100 Flüge wurden gestrichen, Tausende Reisende saßen fest.
Der EuGH sah in den Krankmeldungen keinen "außergewöhnlichen Umstand", der Tuifly von einer Ausgleichspflicht entbinde. Konflikte mit den Mitarbeitern bei einer Umstrukturierung seien nicht ungewöhnlich. Außerdem sei die Arbeitsniederlegung beherrschbar gewesen - immerhin endete sie einige Tage später nach einer Einigung zwischen Konzern und Betriebsrat.
Der EuGH wies dabei auch darauf hin: Dass der Streik der Tuifly-Mitarbeiter im Sinne des deutschen Tarifrechts als wilder, nicht von einer Gewerkschaft initiierter Streik eingestuft werden dürfte, spiele für die Auslegung der EU-Fluggastrechte-Verordnung keine Rolle.